PR TB 085 Satans Universum
lag in seinem Innern. Dort befanden sich allerdings kaum
mehr menschliche Organe. Trotzdem war Joey, wie der Barkeeper genannt
wurde, ein Musterbeispiel an überschäumender Lebensfreude.
Sie tauschten eine Weile gemeinsame Erinnerungen aus, dann
erkundigte sich Chapman nach dem Cyborg, der ihn im „Torpedo“
hergebracht hatte.
Joey runzelte die Stirn und stellte das Glas weg, das er eben mit
dem Tuch poliert hatte.
„Sie meinen sicher Gorgon Gruun, Mr. Chapman“, sagte
er. „Ein bedauernswertes Geschöpf, wenn Sie mich fragen.
Ich sage das nicht deswegen, weil er einem Menschen nicht einmal mehr
ähnlich sieht. Nein, nein, ich meine im Gegenteil, daß es
sich umjeden Preis lohnt, ein Menschenleben zu erhalten. Er tut mir
aber leid, weil er im Grunde seiner Seele gar nicht mehr leben
möchte. Er würde viel lieber sterben, das habe ich
herausbekommen, als er einmal bei mir saß und Whisky in sich
hineinschüttete. Aber irgend etwas zwingt ihn dazu, die Pein des
Weiterlebens auf sich zu nehmen. Fragen Sie mich nicht, was es ist.“
„Ich habe mich ihm gegenüber schlecht benommen“,
sagte Chapman, „und ich möchte das wiedergutmachen. Wo
kann ich ihn finden?“
„Bei Lady Charlotte“, antwortete Joey. „Er ist
ständig in ihrer Nähe, wenn er sich nicht gerade aufTour
befindet. Er ist einer von der Neuen Garde.“
„Neue Garde?“
„Sie wissenja, Mr. Chapman, daß es immer wieder Gäste
gibt, die sich nicht an Lady Charlottes Anordnungen halten. Gorgon
Gruun ist einer von denen, die solchen Rowdies nachträglich
Benehmen beibringen. Neue Garde ist nur eine vornehmere Bezeichnung
für die früheren Killer. Sie sehen, alles istjetzt
salonfähiger bei uns geworden, Mr. Chapman.“ Chapman sah,
wie ein Blue aus den Billardsälen kam. Er war allein, aber an
einigen Kleinigkeiten, die sich Chapman von seiner Kleidung gemerkt
hatte, erkannte er Zerczan. Er wartete gespannt darauf, was Zerczan
tun würde und atmete auf, als der Blue die Bar betrat. Er kam
zur Theke und setzte sich zwei Plätze von Chapman entfernt auf
einen Hocker. Chapman dankte im stillen dem Schicksal für diese
glückliche Fügung. Der Blue machte bei Joey seine
Bestellung, dann blickte er kurz um sich, ohne den Kopf zu wenden und
schloß dann die Augen.
„Worauf warten Sie!“ drängte Raul Samson und tat,
als reibe er seine Schnauze an Chapmans Ohr. „Eine bessere
Gelegenheit findet sich nicht wieder, ihn über Arthur Sillo
auszuhorchen. Oder soll ich es für Sie tun?“
Chapman grinste. „Zerczan würde sich vor Schreck einen
Knoten in den Hals machen.“
Der Blue öffnete ein Auge und starrte Chapman von der Seite
her an.
„Sie sprechen mich?“ erkundigte er sich in gebrochenem
Interkosmo.
„Allerdings, Zerczan“, sagte Chapman und entschloß
sich im gleichen Augenblick, ohne Umschweife auf sein Ziel
loszugehen. „Ich habe Ihnen eine wichtige Mitteilung in
Zusammenhang mit Sillo zu machen.“
„Woher mein Name?“ wollte der Blue wissen.
„Wer kennt wohl Zerczan nicht, den dreistesten Piraten
außerhalb der Eastside!“
Der Blue fühlte sich sichtlich geschmeichelt. Aber er blieb
distanziert.
„Welche Mitteilung?“
Allein diese Frage zeigte Chapman, daß Zerczan und Sillo
wohl kaum so dick miteinander befreundet waren, wie er ursprünglich
befürchtet hatte. Viel eher schien es sich um eine lose
Verbindung zu handeln, die durch irgendwelche Umstände zustande
gekommen war. Vorerst brauchte Chapman gar nicht zu wissen, worin die
Zusammenarbeit der beiden bestand. Es genügte, daß er
wenigstens genug wußte, um zu tun als ob.
„Ich glaube“, sagte Chapman gedehnt, „Sie fahren
nicht gut mit Arthur Sillo. Er treibt kein ehrliches Spiel.“
„Mehr“, verlangte der Blue.
Chapman schüttelte den Kopf.
„Mehr kann ich noch nicht preisgeben“, flüsterte
er. „Warten wir die Besprechung ab, dann werden auch Sie mehr
wissen. Nur soviel, Zerczan, passen Sie gut aufjedes Wort auf, das
gesprochen wird.“
Der Blue schwieg.
„He!“ rief Chapman. „Sind Sie am Ende gar von
der Besprechung ausgenommen?“
Der Blue schwieg noch immer.
Chapman faßte es als Zugeständnis auf und fuhr fort:
„Dann wird mir alles klar! Wenn Sie nicht dabei sind, kann
Ihnen Sillo nachher irgendwelche Lügen auftischen, und Sie
müssen sie ganz einfach glauben. Dem könnte abgeholfen
werden, Zerczan.“
„Sie?“
„Ja, ich könnte Ihnen helfen.“
„Warum mir?“
Chapman grinste. „Eine berechtigte Frage. Um ehrlich
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