PR TB 086 Feldzug Der Morder
Sklavinnen, Vieh und Ackergerät.
Und eine Horde von zweihundert Reitern mit ihrem Vorrat, die ich
einige Zeitlang ausbilden sollte. Wenn diese Truppe reisefertig war,
sollte ich zu Attila gebracht werden.
Fünf Tage später befand ich mich an meinem nächsten
Ziel.
Nur noch einen halben Tag von Attila entfernt!
Ich stand in den Steigbügeln, hatte den Bogen in der Hand und
einen Pfeil in der Sehne. Zweihundert Meter von mir entfernt stand
die Puppe, die römische Kleidung trug und einen zerbeulten
römischen Helm auf dem unförmigen Kopf hatte. Ich hob die
Hand und rief:
»Das ist der Vorteil des Sattels. Ihr könnt die Stöße
des Pferdes abfangen, wenn ihr Steigbügel habt. Euer Körper
federt dann, und der Schuß sitzt besser.«
Ich galoppierte an.
Der Rappe schnaubte, galoppierte los, und ich federte die Stöße
des Tierkörpers in den Knien ab. Die Hunnen, die in einem
Halbkreis auf dem Gras saßen, sahen mir schweigend zu. Ich
hatte mir, indem ich einen auspeitschen ließ, den anderen
einige kleine Golddrachmen gegeben und eine Nacht lang mit ihnen
getrunken hatte, Respekt verschafft, und als ich ihnen sagte, daß
allein unsere Fähigkeiten über den Feldzug nach Rom
entschieden, bekam ich so etwas wie widerwillige Disziplin in diese
Truppe. Ich preschte auf die Puppe zu, zielte über den
Pferdehals und feuerte den Pfeil ab. Er schlug in die Brust der Puppe
ein. Ich galoppierte scharf an der Puppe vorbei, riß mein
Schwert heraus und trennte ihr, den Bogen im Flug in die andere Hand
wechselnd, den Kopf ab. Dann, immer im Galopp und in den Steigbügeln
stehend, zog ich wieder einen Pfeil aus dem Schulterköcher,
legte ihn ein und drehte mich im Sattel. Zehn Galoppsprünge von
der Puppe entfernt schoß ich, wie ein Panther, aus der Drehung
heraus nach hinten. Wieder traf der Pfeil in die Gegend des
Schulterblattes. Dann sprengte ich, nachdem ich meine vergleichsweise
kostbaren Pfeile aus der Puppe gezogen hatte, zu meinen Schützlingen
zurück.
»Ihr habt es gesehen?« fragte ich.
Sie nickten.
Ich ließ mir eines ihrer Pferde bringen. Die Handwerker, die
sich unter den Sklaven gefunden hatten, waren am Werk gewesen und
hatten leichte Sättel konstruiert; es waren mehr Matten und
Felle, zusammengenäht und durch einen breiten Gurt gehalten.
Aber diese Sättel besaßen Steigbügel aus Eisen und
Leder. Die typische Reithaltung der kleinen, meist krummbeinigen
Hunnen war dadurch gesichert.
»Jeder von euch reitet jetzt zehnmal gegen die Puppe an und
schießt nach vorn, von der Seite und nach hinten. Und - stehend
und federnd in den Bügeln! Los!«
Sie standen auf und eilten zu den Pferden.
Ich gab mein Tier einem der Sklaven und ging langsam zurück
ins Haus. Es war ein altes, massiv gebautes Bauernhaus. Der letzte
Heerführer, der hier gewohnt hatte, war gestorben. Seine Kinder
und die Witwe waren zu seinem Bruder gegangen, und Attila erwartete
von mir, daß ich die Aufgaben dieses Mannes übernahm. Mit
Hilfe der Sklaven hatten wir einige Räume gesäubert und von
dem üblen Geruch befreit, hatten die Wände neu mit Kalk
geschlämmt und fühlten uns soweit recht wohl. Aber ich
hatte pausenlos Arbeit, aus dem verwilderten Haufen der Hunnen eine
geschlossene Abteilung zu machen. Der Wolf paßte auf und ich
beobachtete, sobald ich Zeit hatte, mit den Augen des Sukhr, meines
Jagdfalken, das Lager, in dem Attila lebte und die Gesandtschaften
empfing.
Ich sprang die Stufen zu einer Art Terrasse hinauf. Patricia lag
hier, eine Sklavin saß daneben und beide unterhielten sich
leise und ließen sich von der Sonne bräunen.
»Fertig für heute?« fragte Patricia und richtete
sich halb auf.
Meine erste Arbeit war gewesen, die Sklaven unter Androhung von
Prügel dazu zu bringen, sich zu waschen. Ich hatte ihnen neue
Kleidung beschafft, ihre Wunden behandelt und in der Küche
angeordnet, ihnen ebenso gut zu essen zu geben wie uns und den
hunnischen Kriegern, die ihr Lager unweit des Hauses hatten.
Inzwischen waren Zustände eingekehrt, die meinen Vorstellungen
von Zivilisation mehr entsprachen. Die Sklavin, ein junges römisches
Mädchen, das die Hunnen geraubt hatten, reichte mir eine Schale
voller Früchte. Ich biß in einen Apfel und erwiderte:
»Ich habe noch die schwerste Arbeit vor mir. Achtzehn
Zehnerführer müssen ausgesucht werden.«
Ich nickte den Mädchen zu und ging in mein Zimmer. Dort
setzte ich mich vor den großen Tisch und betrachtete die
Gebietskarten, die so ausgelegt waren, daß ihre
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