PR TB 086 Feldzug Der Morder
Einganges auf die
Felle legte. Er war die beste Wache, die ich hätte aufstellen
können.
Ich beantwortete die Frage des Mädchens und versuchte, in
Kürze Wesentliches zu sagen.
»In unserer Kultur, zum Beispiel, ist das Tier dem Menschen
untergeordnet. Nicht so bei den Hunnen. Das Tier wurde zum Vorbild,
zum Schicksal. Das Tier, besonders das Pferd, ist die Grundlage des
hunnischen Lebens. Aus den Innereien und den verbrannten Knochen, aus
dem Vogelflug - daraus lesen die hunnischen Schamanen, die Priester,
die Schicksale ab. Ein Hirte folgte einer Kuh, und dieses Tier ließ
den Hirten ein altes Schwert finden. Er brachte es zu Attila, und
seit diesem Tage verkündet der Hunne, er habe das Schwert des
Kriegsgottes Ares in seinem Besitz. Dieser Besitz verpflichtet Attila
- er wird versuchen, sein Reich auszudehnen, bis ihn der Tod daran
hindert.«
»Du wirst verhindern, daß er noch mehr Land
verwüstet?« fragte sie.
»Ich werde es wenigstens versuchen«, versprach ich
grimmig.
Kurz darauf näherte ich mich dem Aul des Kommandanten dieses
vorgeschobenen Lagers der Hunnen. Wenn Attila die »Geißel
Gottes« war, so erkannte ich in Tigas und seinen Ranggleichen
das Ende der Peitschenschnur.
***
Auch hier: Gestank.
Ein Römer hatte mir einst gesagt, daß die Hunnen auf
dem Pferderücken gezeugt und geboren wurden, dort ihr Leben
verbrachten und auch starben. Sie sollten ihre Kleidung so lange
tragen, bis sie buchstäblich in Fetzen von den Schultern fiel.
Das traf auf die Hunnen zu, die unten im Lager gelebt hatten, aber
nicht ganz auf Tigas und seine Unterführer. Etwa ein Dutzend
Leute hatte sich hier in der Jurte getroffen und saßen an
U-förmig ausgelegten, breiten Brettern, die man auf Böcke
gelegt und so einen Tisch gebildet hatte. An der schmalsten Seite saß
Tigas. Er stand auf, als ich hereinkam. Ein hunnisches Mädchen
reichte mir eine Schale voll Kamon. Tigas hob die Schale und sagte:
»Ich grüße den großen Krieger Atlan, den
Prinzen aus dem Westland.«
Wir tranken uns zu und Tigas deutete auf einen Sessel, auf dem,
merkwürdig genug, ein Leopardenfell lag. Ich setzte mich, und
dann wurden die verschiedenen Teile des Essens gereicht. Wir aßen
von silbernen Beutetellern, die eindeutig römische Arbeit waren,
desgleichen die Becher und Pokale aus Silber, aus denen wir
erbeuteten roten Wein tranken. Ich dachte an die Verwüstungen,
die vor und nach den Plündereien geschehen waren, und der Wein
bekam einen bitteren Nachgeschmack. Zwei Männer kamen herein und
sangen Lieder, die vom Kampf, von den Pferden und vom Umtrunk nach
den gewonnenen Schlachten sprachen. Die Unterhaltung begann, und noch
mehr gebratenes und gewürztes Fleisch wurde gebracht.
Tigas deutete auf mich und sagte laut:
»Ich werde dir sagen, was Attila mit dir vorhat.«
Ich nickte und erwiderte:
»Weißt du es so genau? Ich bin nicht sicher, ob ich
Attila überhaupt sehen werde. Was wird er tun?«
Die Männer lachten. Tigas hob die Hand und führte aus:
»Attila ist klug, denn er ist ein Gott wie der römische
Kaiser, der ihm Tribut gibt. Attila hat viele seiner Krieger hier
versammelt, damit sie sich ausruhen können, damit die Pferde
wieder fett und stark werden. Waffen werden geschmiedet. Das Land im
Westen ist unterworfen und eines Tages werden wir die Männer
nach Theoderich vernichtend schlagen. Woher bist du, Atlan?«
Ich deutete nach Westen und sagte bitter:
»Aus einem sehr schönen Land, schöner als
Pannonien, das zwischen den niedrigen Bergen und dem Meer liegt. Dort
haben mich Theoderichs Männer überfallen, mein Land
weggenommen und meine Herrschaft zerstört. Ich diente vormals
dem Theoderich, aber auch nur, weil ich keine andere Wahl hatte.«
Tigas nickte lange und schweigend und trank einen großen
Schluck.
»Das beantwortet viele Fragen«, sagte er sinnend. »Wir
haben viele Männer hier, die freiwillig dem großen Attila
dienen wollen. Attila wird dir ein kleines Lehen und Sklaven geben.
Dafür wirst du vielleicht ein Mann seiner Leibwache. Auf alle
Fälle wird Attila mit dir über die Karten, die Blicke aus
der Luft, sprechen wollen. Deswegen.«
Ich hob den Pokal.
»Deswegen hast du den Schiedsrichter unseres Kampfes zu
Attila geschickt und ihm die Karte mitgegeben.«
Er nickte nur.
»Wann wird Attila mich holen?« fragte ich.
»In nicht mehr als zehn Tagen bist du bei ihm!«
versprach Tigas. »Wir werden uns sicher treffen, wenn Attila
nach Westen und nach Süden zieht. Er plant einen
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