PR TB 092 Der Ritter Von Arkon
Mähne griff, seitlich auf den
Boden. Wir reagierten beide fast gleichzeitig, liefen neben dem
galoppierenden Tier her und lösten uns dann von Sattel und
Zügel. Ich sah, wie das Tier des anderen davonraste. Er warf
sich herum, zog das Schwert, und ich riß die Kugelkette hervor.
Dann flankte ich über die Barriere und ging schnell auf ihn zu.
Wir musterten uns über den Rand der Schilder hinweg und finteten
nach rechts und links.
Er war entschlossen, den Kampf schnell zu beenden, und meine
Ermüdung war so groß, daß ich ihn verstehen konnte.
Er schwang sein Schwert und griff mit einer Serie wilder und harter
Schläge an. Ich wehrte nacheinander zehn davon mit dem Schild
ab; der dröhnende Krach, mit dem Metall auf Metall schlug,
hallte über die Ebene. Mit der Rechten wirbelte ich die Kugel
herum, führte einige Scheinschläge, die mit großem
Können abgewehrt wurden. Auch sein Schild dröhnte auf,
splitterte an den Rändern, und Wappen wie Devise im Mittelpunkt
des Schildes wurden undeutlich, splitterten ab. Unser Keuchen war
fast so laut wie das der Pferde. Dann duckte ich mich unter einem
Schlag hinweg, zielte und wirbelte die Kette um den Fuß des
Mannes, oberhalb des Knöchels. Ein harter Ruck, ich sprang nach
links weg, der Normanne stolperte und fiel.
Ich sprang vor, die Kugel pfiff durch die Luft und traf das
Schwert dicht unterhalb der Parierstange. Es gab einen hellen Klang,
dann schwirrten die Trümmer davon. Arkonstahl hatte seine
Vorteile. Ich sprang zurück, wich einem Fußhebel aus und
blieb dann über dem Mann stehen, die Kugel in der Hand wirbelnd.
Der nächste Schlag konnte seinen Helm treffen.
»Gebt Ihr auf, Ritter?« fragte ich.
»Nein!«
Er deckte sich mit seinem Schild ab, und wieder krachte die Kugel
gegen die dreieckige Holzplatte, die mit Stoff und Metall bespannt
war. Der Schild stellte sich hochkant, ich schlug ein zweitesmal, und
der Ritter hatte nur noch die Griffe in der Hand und am Unterarm.
Wieder hörte er das Heulen, mit dem sich die Stachelkugel durch
die Luft bewegte - in tödlichen Kreisen, mit beachtlicher
Geschwindigkeit.
»Gebt auf!« sagte ich.
Er breitete die Arme aus und sagte leise:
»Ich gebe auf.«
Ich ließ Schild und Waffe fallen, bückte mich und hob
ihn auf. Dann schüttelte ich ihm die Hand; eine Geste, die
schwierig auszuführen war, weil wir beide die eisenbeschlagenen
Handschuhe trugen.
»Ihr seid der beste, der je gegen mich gekämpft hat!«
sagte ich. »Darf ich Euren Namen erfahren?«
»Tayac ter Aibhlynne, Edler Atlan.«
Er ist von Burg Diarmuid Faighe, kommentierte mein Extrasinn
verblüfft.
»Euch gebührt der Preis!« sagte er und nahm
seinen Helm ab. Langsam gingen wir nebeneinander auf das Podium zu,
um das sich die Richter versammelten. Jetzt war ich nicht nur
erschöpft, sondern auch mehr als verwundert: Einer der Männer
aus der Burg, die ich besuchen mußte, war in der Maske eines
normannischen Ritters hier bei diesem Turnier.
Hatte er von mir gehört? War er deshalb hier?
Unmöglich! sagte mein Extrasinn.
Wir blieben stehen, während weit hinter uns die Waffen
eingesammelt wurden. Gromell brachte mein Pferd, und ich ließ
die Kampfrichter sprechen, hörte den Redestrom Geffreys an und
sah schließlich, wie ein Herold dem Mädchen einen
silbernen Pokal übergab. Alexandra trat neben den Grafen von
Abergavenny und sah mich an.
»Ich übergebe Euch, Ritter Atlan von Arcon, diesen
Pokal. Er ist der Preis Eurer Tapferkeit in diesen beiden Tagen.«
Ich blieb vor den Männern und dem Mädchen stehen und zog
den
Handschuh aus. Der Pokal war voller rotem Wein, und ich nahm ihn
vorsichtig entgegen. Ich hob ihn hoch, zeigte ihn allen und hörte
das zustimmende Geschrei wie durch einen dichten Vorhang. Meine Augen
sahen das Mädchen an. Dann nahm ich die schmale Hand Alexandras
und sagte laut:
»Ich trinke auf die Schönheit und die Liebenswürdigkeit
von Lady Alexandra.«
So leise, daß es niemand außer ihr hören konnte,
flüsterte ich:
»Du weißt, daß wir uns wiedersehen und lieben
werden. Früher oder später werde ich dir erklären,
warum ich dich als Königin der Schönheit ausgesucht habe.«
Ich starrte in ihre grünen Augen und sah, daß sie tief
nachdenklich geworden war. Als ich trank, ließen meine Augen
das Mädchen nicht los; mit jeder Sekunde wurde sie verwirrter.
Ich war mit dem Ausgang dieses Tages sehr zufrieden und bot den
Rest des Weines meinem letzten Gegner an, worauf sich der Beifall
noch steigerte. Gromell
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