PR TB 098 Wettfahrt Der Entdecker
diese Jahreszeit.
Ein eisiger Wind pfiff durch die Straßen. Ich wußte, daß
ich ohne den Einsatz der Robotspione kaum hätte etwas ausrichten
können. Mein nächstes Ziel war der wichtigste Berater des
jungen, schwärmerischen Königs. Besondere List war nicht
nötig, aber besondere Vorsicht mußte gewahrt bleiben.
Tagelang ritt und spazierte ich umher, bis ich eine günstige
Gelegenheit hatte. Der Umstand, daß so gut wie jeder Mensch
käuflich war, wenn auch die Summe recht unterschiedlich ausfiel,
war mir bekannt — ich wandte diese Technik mehrmals an. Dann
stand ich im kalten Garten, in dem der greise Kardinal Fonseca, der
Bischof von Burgos, um diese Zeit sein Brevier zu beten pflegte. Ich
wartete geduldig, aber von innerer Unruhe erfüllt.
*
Ein großer, schlanker Mann kam leicht vorgebeugt aus einer
Tür, die sich leise hinter ihm schloß. Er sah mich nicht.
Er ging langsam durch den Kreuzgang, und die Lippen bewegten sich.
Ich hörte kein Wort und lehnte mich gegen die eiskalte Wand mit
den kostbaren Steinmetzarbeiten. Es dauerte eine Ewigkeit, bis der
Kardinal in meiner Nähe war. Ich löste mich von der Mauer
und senkte den Kopf.
»Nun?« fragte er nach einiger Zeit. Er war bekannt als
wortkarger Mann, der als Berater des Königs eine geradezu
besessene Sparsamkeit an den Tag legte.
»Verzeiht, Eminenz«, sagte ich leise, »wenn ich
Euch in der Andacht störe. Aber ich habe ein Anliegen besonderer
Art. Es hilft Euch sparen, bringt Euch und dem Reich Ruhm und Ehre,
und es läßt einen Strahl geläuterten Goldes auf die
Kirche fallen.«
Er musterte mich eindringlich. Seine Augen waren wie kleine
Dolche, die durch und durch gingen.
»Wer seid Ihr? Wie kamt Ihr hier herein?«
Ich lächelte und sagte leise:
»Auch die Priester Eurer Umgebung sind einer großzügigen
Spende niemals abgeneigt, Kardinal. Ich habe einige fromme Männer
mit Erfolg in Versuchung geführt; ich bitte, mich nicht weiter
zu fragen.«
Der Bischof von Burgos ging weiter, und ich schritt langsam neben
ihm her. Wir waren und blieben ungestört. Zweimal sah er mich
scharf von der Seite an, dann murmelte er verblüfft:
»Noch niemals sah ich solche Augen wie Eure. Ihr wollt mir
also Euren Namen nicht sagen — schön.« Er hüstelte
mit Diskretion.
»Wenn Ihr mir die Beichte abnehmt, nenne ich meinen Namen,
Vater«, meinte ich. »Indes geht es nichtummich! Es
geht um einen kleinen, ehrgeizigen Mann, der vielleicht Großes
vollbringen wird. Er wird erstens beweisen, daß die Erde rund
ist und zweitens Spanien viel Ehre bringen. Ich rede von dem
Portugiesen Magalhaes. Er bekommt eine Audienz bei Carlos?«
»Ich denkeja. Aber, was habt Ihr mit Magalhaes zu schaffen?«
fragte er erstaunt.
Der Wind trieb die alten Blätter vom letzten Jahr über
die Steinfliesen. Die braunen Blätter bewegten sich raschelnd,
kreiselten hinter Säulen und fingen sich in Winkeln, aus denen
sie der nächste Windstoß wieder hervorriß. Die
Finger des alten Mannes waren rot vor Kälte.
»Ich weiß, daß es die >Molukken< gibt, die
sagenhaften Gewürzinseln. Ich weiß auch, daß es
viele Länder gibt, die noch von Spanien oder Portugal nicht
entdeckt worden sind. Magalhaes hat einen großen Schritt für
die Menschheit vor — es liegt an Euch, den König so zu
beraten, daß dieser Schritt vollzogen wird. Ich habe Karten von
den Gebieten, an denen die Fahrtlinie des Magalhaes entlangführen
soll. Ihr wollt sie sehen?«
»Woher habt Ihr diese bewundernswerten Karten?«
erkundigte er sich mit einem Tonfall, als weise er einen Novizen
zurecht.
Ich sagte:
»Ich bin sehr weit gereist.«
»Warum wollt Ihr diese ruhmbringende Fahrt nicht
unternehmen?«
Ich lachte und erwiderte:
»Würde Euch ein Müller bitten, seine Kornsäcke
zu tragen, dann würdet Ihr sagen, daß Ihr zwar Brot gern
eßt oder Gerstensuppe, aber daß Ihr nicht des Müllers
Esel seid. Ich bin ein Fremder in vielen Ländern, und deren
Sache ist nicht meine. Bedenkt die Not in Carlos’ Kassen,
bedenkt den Ruhm, den Euch Magalhaes bringen kann. Und nehmt an, daß
ich ein Mann bin, dem gutes Leben mehr behagt als eine Fahrt wie die
des Colon, den sie auch Kolumbus nennen. Ich bin nicht der Arbeiter
in Carlos Weingarten.«
Der alte Mann dachte genau drei Wanderungen lang nach. Wir
bewegten uns langsam dreimal um den ganzen Kreuzgang herum, dann
fragte der Kardinal trocken:
»Was wollt Ihr für diesen Rat? Ich kann Euch verstehen,
aber ich weiß, daßjeder Mann ein Motiv hat.«
»Mein
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