PR TB 108 Der Arkonide Und Der Sonnenkönig
stärker. Die Wellen türmten sich. Ich sah mich
um und versuchte einen Punkt zu entdecken, an dem wir landen konnten.
Bis zu unserem Haus oder dem kleinen Hafen von Villa Franca war es zu
weit, denn das Boot war nicht mehr in der Lage, uns dorthin zu
bringen. Wir hatten nicht einmal etwas, um das Wasser auszuschöpfen.
Ich hielt mit einem Arm Tairi fest, mit der anderen Hand steuerte
ich.
»Wir gehen unter!«
Das Boot war schneller geworden. Es durchschnitt die hohen Wellen,
von deren Köpfen der weiße Schaum weggerissen wurde. Immer
wieder schlug Wasser ins Boot. Ich stemmte mich mit aller Kraft gegen
die Pinne des Ruders. Langsam und unwillig gehorchte das tief im
Wasser liegende Boot. Ich blickte nach backbord; dort schlug die
Welle einer gewaltigen Brandung gegen die Felsen. Sie lief an den
rostroten Steinen entlang und opferte ihre Energie in einer Serie
schwerer Schläge. Wasser wurde zu Schaum und zu Nebel, den der
Sturm wegriß. Der Himmel war schwarz geworden, und irgendwo
donnerte es. Dorthin konnten wir nicht, weil das Boot und wir an den
Felsen zerschmettert werden würden. Ich spähte durch den
Nebel und die Gischt nach vorn und sah jenseits der Felsen, etwa
siebenhundertfünfzig Meter entfernt, eine sandige Bucht, auch
sie von der hereindrängenden Brandung überflutet. Aber dort
konnten wir aufsetzen und durch das Wasser aufs Festland flüchten.
»Dorthin! Die Strecke müssen wir schaffen!«
schrie ich gegen den Sturm. Ich kannte andere Stürme und höhere
Wellen, aber ich hatte sie mit besseren Schiffen abgeritten. Das
Segel spannte sich prall, aber die Fasern begannen sich voneinander
zu lösen. Tauwerk und Holz knirschte, der Mast bog sich immer
wieder, aber das Boot schoß durch das Wasser, in einer
Zickzacklinie auf die bezeichnete Stelle zu. Wir befanden uns in der
Nähe des Landes.
»Ich fürchte mich!« riefTairi und klammerte sich
an meinen Arm.
Ich sah zum Himmel, betrachtete unruhig das aufgewühlte Meer
und die Bäume ringsum, sie sich unter der Wucht des Sturmes
bogen. Der große runde Hafen ließ den Wind im Kreis
herumgehen; hier dicht unter Land blies er aus verschiedenen
Richtungen. Ich mußte immer wieder das Ruder herumlegen und
versuchen, den Kurs einigermaßen zu halten.
Noch fünfhundert Meter ...
Wieder hob sich das Boot. Die mächtige Welle ließ es
halb umschlagen, ehe es sich schwerfällig wieder aufrichtete.
Ich hatte keine Angst, die vierhundert Meter bis zu der relativ
geschützten Bucht zu schwimmen - aber das Mädchen ... ich
mußte einfach dorthin.
Bewahre Ruhe! Es sind nur noch dreihundertfünfzig Meter!
schrie der Extrasinn.
Das Boot hob und senkte sich gefährlich. Jetzt erschien am
Rand des Segels ein kleiner Riß. Er
ging von einem Auge aus, durch das ein Tau lief. Der Riß
wurde breiter und breiter, ich konnte die einzelnen Fäden
erkennen. Riß das Segel auseinander, waren wir verloren. Die
Welle, die unser Boot auf ihren Kamm gehoben und dort einige bange
Sekunden lang balanciert hatte,
erreichte jetzt die Felsen und lief daran entlang nach Norden. Ein
Nebel aus Wassertröpfchen hüllte uns ein und blendete uns,
als er in die Augen schlug. Tairi war starr vor Schreck. Noch
zweihundert Meter. Die kleine Bucht kam näher. Ich registrierte
automatisch, daß zwei kleine Felsbuckel zwischen ihr und dem
Boot immer wieder aus dem Wasser stießen.
»Was hast du vor?« riefTairi mit seltsam heller
Stimme.
»Bis zur Bucht. Die letzten Meter schwimmen oder an Land
waten!« schrie ich zurück. Der Wind riß uns die
Worte von den Lippen.
Es gelang mir, mit einigen wütenden Ruderbewegungen das Boot
um den ersten Felsen zu steuern. Als wir einen Meter daneben
vorbeiglitten, sank das Boot tief nach unten, und die brechende
Welle, die am Stein zerstäubte und in Gischtfahnen wegwehte,
schlug voll ins Boot. Einer der geangelten Fische schwamm langsam und
mit toten Augen zwischen den Brettern und drehte uns seinen weißen
Bauch zu. Das Boot trieb mit zum Bersten gespanntem Segel und
knisterndem Mast auf den zweiten Felsen zu. Auf einen Felsen? Wo war
er? Ich machte mich bereit, mit einem gewaltigen Hechtsprung
unterzutauchen und Tairi notfalls zu betäuben. Wo war der Felsen
?
»Hier ist er ...«, murmelte ich, als ein furchtbarer
Schlag das Boot erschütterte. Planken brachen krachend
auseinander, als die Welle das Boot mitten auf die Nadel aus Stein
fallen ließ. Der Felsen tauchte zwischen Mast und Heck auf, das
Boot brach auseinander wie Zunder. In derselben
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