PR TB 109 Das Unsichtbare Netz
gehorchen.
Rhodan und Nakuru nahmen ihre Pulsationsgewehre und drangen in den
Busch ein. Der Massai ging voraus, und wieder hatte Perry das Gefühl,
Obo Nakuru besäße einen sechsten Sinn für Gefahren
und für lautloses Gehen.
»Jetzt könnten wir einen Automatischen Okrill
gebrauchen«, flüsterte Rhodan.
Nakuru antwortete nicht. Beide Männer wußten, daß
der transportable Infrarot-Spürer in der HER BRITANNIC MAJESTY
II lag - und daß er damit unerreichbar war.
Plötzlich blieb der Massai stehen und hob die Hand. Dann
kniete er behutsam nieder, blickte auf den Boden, drehte den Kopf und
nickte Perry
Rhodan zu.
Sekunden später konnte der Großadministrator den
Abdruck selbst anschauen. Es handelte sich um den Sohlenabdruck eines
Stiefels oder schweren Wanderschuhes.
»Schätzungsweise Größe achtunddreißig«,
meinte Perry. »Also eine Frau.«
Nakuru sagte nichts, sondern lächelte nur flüchtig. Es
war klar, daß er nichts von voreiligen Schlüssen hielt,
und Rhodan ärgerte sich über sein Verhalten. Schließlich
zog er normalerweise auch keine voreiligen Schlüsse.
Obo ging lautlos weiter. Nach ungefähr zehn Minuten hob er
abermals die Hand. Dann drehte er sich um, blickte Rhodan erst ins
Gesicht und bedeutete ihm durch eine Handbewegung, hier auf ihn zu
warten.
Perry nickte, denn er sah ein, daß der Massai sich
wahrscheinlich unbemerkt an einen Menschen anschleichen konnte,
dessen Sinne vom Leben in der Wildnis geschärft worden waren, er
aber nicht.
Kurz darauf war Nakuru verschwunden.
Perry Rhodan wartete allein im Dschungel, dessen Pflanzen entfernt
an die der Erde erinnerten - und in dem sich die Nachkommen
terranischer Bengaltiger herumtreiben sollten.
Trotz des Klimaanzuges lief ihm der Schweiß in Strömen
den Rücken hinab. Perry lauschte. Es waren nur wenige
Tierstimmen zu hören, meist die von Vögeln.
Und dann erstarrte Rhodan!
Hinter ihm war ein Geräusch wie von fernem Donnergrollen
gewesen.
Er fuhr herum, wobei sein Körper sich spiralförmig nach
unten bewegte, so daß er im nächsten Moment mit
schußbereitem Gewehr kniete und in die gelblich leuchtenden
Pupillen eines gewaltigen Tigers sah.
Das Tier stand ungefähr zwanzig Meter von ihm entfernt. Sein
Schweif zuckte unruhig, das Maul war halb geöffnet.
Genauso sehen die Bengaltiger aus, die sich im Galaktischen Zoo
von Terrania befinden! fuhr es Perry Rhodan durch den Kopf. Dieser
hier weist keinerlei Abweichungen auf!
Der Tiger vollführte mit dem Kopf seltsam schaukelnde
Bewegungen, dann kam er vorsichtig einige Schritte näher,
blickte dem Menschen in die Augen, riß den Rachen auf und
brüllte.
Rhodan verhielt sich abwartend - und wachsam, denn er wußte,
daß Tiger blitzschnell angreifen können. Wenn das Tier vor
ihm angriff, mußte er praktisch im gleichen Augenblick
schießen, sonst war er verloren.
Aber nach etwa einer Minute hörten die Schaukelbewegungen des
Schädels auf; der Bengaltiger warf seinen Körper lautlos
nach rechts und ging langsam und würdevoll davon.
Perry atmete auf.
»Bei Ngai!« sagte Nakurus Stimme hinter ihm. »Sie
leben also tatsächlich noch. Ich hörte den Tiger brüllen
und bin sofort umgekehrt.«
Der Großadministrator holte tief Luft und lächelte
strahlend. Er fühlte sich wunderbar, fast wie leicht berauscht,
denn weder hatte er ein so prächtiges
Tier wie den Bengaltiger töten müssen, noch war er
selbst getötet worden.
»Er wollte mir nur guten Tag sagen«, erwiderte er
leichthin. »Ich hatte den Eindruck, als wartete er darauf, daß
ich ihn kraulte, aber ich habe es dann doch lieber sein lassen.«
»Wie schön für die Menschheit, Sir!« sagte
der Massai und grinste zum erstenmal übers ganze Gesicht, was
ihn noch sympathischer erscheinen ließ.
»Wer weiß!« erwiderte Perry. »Schade, daß
Sie Ihre Suche abbrechen mußten. Meinen Sie, es hat Sinn, die
Spur wieder aufzunehmen?«
Obo Nakuru wurde ernst.
»Nein, denn ich habe bereits gefunden, was wir suchten.
Bitte, folgen Sie mir, Sir.«
Er drehte sich um und eilte davon. Perry Rhodan folgte ihm.
Wenige Minuten später traten die beiden Terraner auf eine
Lichtung im Dschungel. Mitten darauf sahen sie eine Anhäufung
von verschiedenfarbigen Steinen, von Büschen und palmenähnlichen
Bäumen umrahmt.
Ein Haus!
Das Gebäude war lang und niedrig, mit Blättern von
palmenähnlichen Pflanzen gedeckt, mit einer Veranda, deren Holz
faulig vermoderte. Sattgrüne Schlingpflanzen klammerten sich an
die Wände, als
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