PR TB 110 Formel Des Todes
und splitternde Pranken bekommen!
Ihr Räuber! Diebsgesindel! Flieht, bevor euer Untergang
beschlossen wird!“
Der gegnerische Kapitän schien etwas wie ein Sprachrohr zu
benutzen. Maras legte sich flach auf das Deck und musterte
genau das fremde Schiff. Er sah undeutliche Bewegungen hinter dem
Schanzkleid. Irgendwo züngelten verdeckte Flammen hoch. Also
konnten sie auch heute Brandpfeile schießen. Entfernung? Noch
zu groß für einen Bogenschuss.
„Ich warne kein zweites Mal! Haltet an!“ rief die
Geisterstimme.
„Flieht, bevor die Planken bersten und die Segel brennen!“
heulte Rackhel auf.
Er sagte zu Maras:
„Und nun, Wanderer, verfluche sie! Bringe sie um! Ramme sie
in den Grund! Bei der Vollkommenheit der Kugel - wir entern sie und
plündern sie aus bis auf das letzte Hemd!“
„Gewalt ist das schlechteste Mittel gegen Gewalt!“
sagte Maras und zielte sehr sorgfältig. Er hatte den Kolben
aufgestützt, und der Lauf machte jede Bewegung des Küstenseglers
mit. „Das sollte dir, einem Mann der See, nicht neu sein.“
Der Kapitän geriet außer sich und brüllte:
„Gewalt! Gewalt geschrien! Nieder mit dem Diebespack!“
Maras grinste still in sich hinein und feuerte. Vor dem Bug des
Gegners erschien eine grelle Detonation, dann fauchte eine Dampfwolke
nach allen Seiten. Ein zweiter Blitz zerfetzte das Bugspriet.
Drüben erhob sich ein wütendes Geschrei. Die ersten
Pfeile flogen durch das Dunkel und fielen mit scharfem kurzen
Klatschen unweit der Bordwand ins Wasser. Der Kapitän jubelte
und war außer sich. Maras stellte die Waffe um, verwandelte den
Energiestoß in einen schärfstgebündelten Strahl und
feuerte abermals. Er zerschnitt methodisch fast alles stehende Gut,
und die Masten schwankten und brachen um. Dann setzte er mit vier
gezielten Schüssen die Segel in Brand und feuerte noch zweimal.
Knapp unterhalb der Wasserlinie zerfetzten zwei Detonationen die
Bordwand des Gegners auf der Steuerbordseite, und damit war der
nächtliche Kampf entschieden. Nur ein einziger Brandpfeil wurde
vom Achterdeck des Räubers abgeschossen, beschrieb einen
lodernden Halbkreis und fiel eine Handbreit hinter dem Ruder ins
Kielwasser des Küstenseglers. „Palmwein!“ schrie
Rackhel. „Palmwein für alle!“ Dumpf antwortete der
Steuermann: „Wir haben keinen Palmwein an Bord, Kapitän!“
Wütend schmetterte Rackhel sein Kampfbeil auf die Planken und
schrie:
„Warum nicht, bei Dherra?“
„Weil“, sagte der Steuermann entsagungsvoll, „du
befohlen hast, keinen Palmwein an Bord zu nehmen.“
Maras brach in ein gewaltiges Gelächter aus, sah dem
brennenden Räuberschiff nach und schlief ein. Als er erwachte,
war es bereits wieder Tag. Er sah die Umgebung der Stadt Traspe und
schließlich, auf einem fingerartigen Vorsprung erbaut, die
Stadt selbst.
„Und wieder nichts anderes. Nur Erosion!“ sagte Maras
und fröstelte in der kühlen Luft eines wunderbar klaren
Morgens. Auf Deck schliefen, zusammengerollt auf Tauen und unter
dickem Segeltuch, einige Matrosen. Ihr Schnarchen schien die Bordwand
sprengen zu wollen.
Auf den vorgelagerten Hügeln zwischen Meer und Stadt brannte
es. Ein gewaltiger Flächenbrand, der sich seit Stunden
ausgebreitet haben mußte. Schon bevor sie um die Landspitze
herumgesegelt waren, hatte man in der Luft einen leichten Brandgeruch
wahrnehmen können. Jetzt sah man die beiden Wälle aus
Flammen und schwarzem Rauch, die sich in die Richtung auf das offene
Meer heranschoben.
Die Rauchmasse erhob sich in den Morgenhimmel. Dort, wo der
leichte Wind sie schon weggedrückt hatte, sah Lombardi nichts
als schwarze Pflanzenreste und den bloßgelegten, geschwärzten
Fels. Ein Summen und Prasseln lag in der Luft und wurde durch die
Entfernung zu einem harmlosen Begleitgeräusch des Brandes.
Der Kapitän kam verwundert näher und stellte sich gegen
die brüchige Reling des Vorderschiffes.
„Sie brennen ihre Hügel ab, um die Ducrot ins Meer zu
treiben, wo sie ertrinken!“ sagte er. Maras fuhr erschrocken
zurück.
„Was sagst du da?“ rief er und packte den Kapitän
bei den Aufschlägen des Lederwamses.
„So ist es. Traspe ist eine der reichsten Städte hier.
Sie kaufen alles und zahlen bar. Du kannst dort alles kaufen.
Menschen und langes Leben, Vernunft und Dummheit, Mörder und
Ideen.“ Maras fragte mit zornbebender Stimme: „Das ist
also kein zufälliges Feuer, sondern ein Versuch, zu den Fellen
von ertrunkenen Ducrot zu kommen?“
„Ja!“ sagte Rackhel
Weitere Kostenlose Bücher