PR TB 113 Die Söhne Sols
für die USO, wenn ihn auch seine
Arbeit zu einem Leben abseits der menschlichen Gesellschaft zwang.
Nicht einmal seine Familie wußte, welche Personen er in der von
ihm geleiteten Station behandelte. Seine Frau und seine beiden Söhne
lebten ebenfalls auf Tahun.
„Guten Morgen!" begrüßte Nurherere seinen
Mitarbeiter. „Haben Sie rohes Fleisch gegessen oder
Klapperschlangenmilch getrunken? Oder gibt es eine andere Erklärung
für Ihre Arbeitswut um diese Uhrzeit?"
Fetin-Rascha lächelte. Seine pergamentene Gesichtshaut verzog
sich dabei zu unzähligen Fältchen. Das Alter des Aras war
sehr schwer zu schätzen, Nurherere wußte jedoch, daß
der Mann Sechsundsechzig Jahre alt war.
„Die gibt es!" Fetin-Rascha reichte ihm den Klartext
einer Funkbotschaft.
„Damit hat man mich aus dem Bett geholt."
Der Ara schlief in der Station, während Nurherere an den
meisten Tagen die Klinik abends verließ, um sich in die Wohnung
seiner Familie zu begeben.
Der Chefarzt las den Text und runzelte die Stirn.
„Können Sie mir sagen, was das bedeutet?"
„Nein", gab Fetin-Rascha unumwunden zu. „Ich
halte das alles für einen Irrtum."
„Der Text wurde in Quinto-Center aufgegeben", stellte
Nurherere fest.
„Einer von Atlans engsten Mitarbeitern hat ihn
unterzeichnet."
Er hob das Blatt vor das Gesicht und las laut: „Patient
Purpose DeStaglaav. Etwa siebeneinhalb Jahre alt. Keine Diagnose.
Ankunft gegen acht Uhr Standardzeit. Abholung am Raumhafen erbeten."
„Ein Kind!" sagte Dr. Fetin-Rascha.
Nurherere warf einen Blick auf die Uhr über der Tür. Sie
zeigte gleichzeitig Tahun- und Standardzeit an.
„In drei Stunden", sagte er. „Auf dem Raumhafen
weiß man sicher mehr."
Fetin-Rascha stand auf.
„Was haben Sie vor?" erkundigte sich der Chefarzt.
„Einer muß sich ja um diese Sache kümmern."
Nurherere zerknüllte die Funkbotschaft und schob sie in die
Seitentasche seiner Jacke.
„Diesmal bin ich an der Reihe!" Er nickte dem Ara zu.
„Sie leiten die erste Visite. Sagen Sie den anderen Ärzten,
daß ich später kommen werde."
„Soll ich irgend etwas vorbereiten?"
„Was?" Nurherere zuckte mit den Schultern. „Anscheinend
bringt man uns einen Patienten, von dem nur sein ungefähres
Alter und sein Name bekannt sind."
Irgendein Kind! dachte er, als er die Klinik verließ.
Sein nächster Gedanke war: Hoffentlich keine komplizierte
Gehirnoperation.
Er forderte einen Spezialgleiter für Krankentransporte an und
ließ sich zum Raumhafen fliegen. Im Verwaltungsgebäude
erfuhr er, daß gegen acht Uhr Standardzeit ein Schneller
Kreuzer der USO landen würde. Der Arzt erkundigte sich nach dem
Landefeld und ließ den Krankentransporter dort abstellen. Er
selbst blieb im Kontrollraum, um über Funk mit dem Kommandanten
des Schiffes zu sprechen. Hoffentlich würde er dann ein bißchen
mehr erfahren.
Fünfzehn Minuten vor der angekündigten Landung kam eine
Funkverbindung mit dem Schnellen Kreuzer NINE CROWS zustande. Nachdem
die Formalitäten erledigt waren und die Landeerlaubnis
ausgesprochen war, konnte Nurherere mit dem Kommandanten des Schiffes
sprechen.
„Wir haben das Kind auf Arsuk gefunden", erklärte
der Raumfahrer. „Das sagt Ihnen sicher wenig. Arsuk sollte
kolonisiert werden, aber das Schiff, das die Aussiedler dorthin
brachte, stürzte ab und explodierte. Es gibt nur einen
Überlebenden. Das ist der Junge. Wir vermuten, daß er nach
dem Absturz geboren wurde."
Nurherere blickte ungläubig auf den Bildschirm.
„Was wissen Sie noch? Ist das Kind verletzt?"
„Nein!"
„Warum wird es dann nach Tahun gebracht? Hier liegt doch
offensichtlich ein Fall für die Kolonisationsbehörde vor."
Der Kommandant, ein Major der USO, ließ sich nicht
beeindrucken.
„Ich habe den Befehl, ihn nach Tahun zu bringen. Man sagte
mir, daß die zuständigen Ärzte ihn abholen würden."
„Da liegt offensichtlich eine Verwechslung vor", meinte
Nurherere.
Auf dem Bildschirm erschien jetzt ein zweiter Mann, ein Arkonide.
Er trug eine Phantasieuniform.
„Das ist USO-Spezialist Gebal Kiorpelidis", stellte der
Major vor.
„Er war dabei, als das Kind gefunden wurde. Vielleicht kann
er Ihnen mehr erzählen."
„Fangen Sie an!" bat Nurherere. „Jede Einzelheit
kann wichtig sein."
„Ich habe bereits eine Tonspule besprochen, die Ihnen
übergeben wird", erwiderte der Arkonide. „Viel weiß
ich auch nicht. Wir fanden den Jungen allein in einer Stahllitkuppel.
Er redete mit einer Positronik, die er als Mutter
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