PR TB 136 Die Sklaven Des Computer
zusammenfassen
ließ, die erstens genausoviel leisteten wie die Gigantrechner
und zweitens billiger und wartungsfreundlicher waren.
An dieser Fehleinschätzung der Lage ging Shamrock schließlich
zu Grunde. Vor sechzig Jahren wurde die Konkursmasse praktisch
verschleudert: einundzwanzig Computerriesen vom Typ SHAM-203. Wissen
Sie, wer achtzehn dieser Giganten kaufte?«
Laudon Singram gestand sein Unwissen.
»Der Carsualsche Bund«, ließ Mark Richter sich
hören. »Carsual war im Laufe der Jahrhunderte in seiner
technischen Entwicklung immer weiter hinter uns zurückgeblieben
- übrigens ein Effekt, der jedesmal dann eintritt, wenn eine
Gesellschaft sich völlig von ihrer Umwelt abkapselt und damit
auf die gegenseitige geistige Befruchtung
verzichtet. Für Carsual waren die SHAM-Zwonulldreier noch
immer der Höhepunkt der Rechnerentwicklung, und hier bot sich
die Möglichkeit, gleich anderthalb Dutzend dieser Riesen zu
einem Spottpreis zu erwerben.«
»Ich nehme an«, fiel Laudon Singram an dieser Stelle
ein, »daß es sich bei PSIKOR um einen dieser
Zwonulldreier handelt, wie?«
»Ganz richtig. Infolge des großen Interesses, das
Carsual für die SHAM-Rechner zeigte, erwarb übrigens die
Solare Abwehr die neunzehnte Maschine und untersuchte sie gründlich.
Dabei kamen verschiedene Dinge zutage, die bisher selbst die
Shamrock-Leute nicht gewußt hatten. Zum Beispiel, daß es
eine Handvoll winziger Fehler und Ungereimtheiten im Betriebssystem
gab. Daß die Übersetzer für verschiedene komplexe
Programmiersprachen ab und zu kleine Schnitzer in die Übersetzung
einfließen ließen. Und daß das verdrahtete
Unterbrechersystem, die sogenannten HardwareInterrupts, nicht
reproduzierbar arbeiteten. All das waren Dinge, die dem Benutzer nur
unter gewissen Bedingungen auffallen konnten. Sie machten sich höchst
selten bemerkbar, und es kann passieren, daß einer einen
SHAM-zwo-null-drei achtzig Jahre lang fährt, ohne auch nur den
geringsten Fehler zu bemerken.
Das Mikrogerät, das nicht nur Ningmak, sondern auch jeder
andere Bürger von Negmantok am Körper trägt, ist ein
Kodegeber und -empfänger, über den er mit PSIKOR in
Verbindung steht. Mit Hilfe dieser Geräte kontrolliert PSIKOR
die Bevölkerung von Negmantok. Ningmaks Kodegeber funktioniert
in diesem Augenblick noch. Die Schaltung, die wir vorgenommen haben,
wird ihn dazu veranlassen, in etwa fünf bis sechs Wochen seine
Funktion einzustellen. Damit verliert PSIKOR die Verbindung mit dem
Bürger namens Ningmak. Ningmak wird, wenn wir es einmal in der
Sprache unserer dekadenten Zivilisation ausdrücken, zum freien
Mann. Er kann nicht umhin, sich dieser Freiheit, von der niemand
etwas weiß, eines Tages bewußt zu werden. Was dann
geschieht, das wissen wir nicht. Aber daß etwas geschehen muß,
daran kann es keinen Zweifel geben. Denn ein absolutes System wie das
auf Negmantok und den anderen Welten des Carsualschen Bundes kann mit
einem freien Mann nichts anfangen. Es darf ihn nicht dulden, und wenn
es ihn - da es unfähig ist, ihn zu fassen - trotz allem dulden
muß, dann wird es bis in die Grundfesten seiner Existenz hinab
erschüttert werden, wenn nicht gar völlig zusammenbrechen.«
Was für Ningmak ein Tag des Triumphes hätte sein sollen,
nämlich der Tag der Unterzeichnung des Vertrages und des
Antritts der Heimreise, fiel aus Gründen, die er sich selbst
zuzuschreiben hatte, ein wenig mühselig und gar nicht so
besonders triumphal aus. Er hatte am Abend zuvor zuviel getrunken und
erwachte am Morgen mit einem
handfesten Kater. Er nahm eine eiskalte Hochdruckdusche, aber
diese, anstatt ihm zu helfen, machte sein Übelbefinden womöglich
noch intensiver. Er versuchte, auf dem Kopf zu stehen und sich dabei
zu entspannen, wie es die Regeln der Meditation vorschrieben.
Normalerweise hielt er es wenigstens eine Stunde lang aus; aber
diesmal mußte er den Versuch schon nach ein paar Minuten
abbrechen, sonst hätte er sich übergeben.
Es gab Medikamente gegen solche Zustände; aber nur die
Dekadenten bedienten sich ihrer. Der wahre Mann trug seinen Kater,
für den er niemand verantwortlich machen konnte als nur sich
selbst, und bewahrte dennoch die Würde. Würdevoll also
schleppte Ningmak seine Kopfschmerzen und das unangenehme Gefühl
dumpfer Benommenheit mit zum Gebäude des Ministeriums für
Technische und Landwirtschaftliche Entwicklungshilfe, wo er und
Suylon - das Gefolge war auch diesmal zurückgeblieben - eine
Zeremonie über sich ergehen ließen,
Weitere Kostenlose Bücher