PR TB 144 Die Seelenlosen
zuckten
Kerrileinens Hände zurück.
Ich benehme mich, als wollte ich etwas Verbotenes tun! überlegte
er, wütend auf sich selbst.
Kant führte Prudence zu den Kontrollen, und die Art, wie er
sie an der Hüfte umfaßt hielt, erweckte Kerrileinens
aufgestauten Ärger.
Kant würde es hier tun — hier vor meinen Augen! dachte
er zornig.
„Da siehst du es, Prue", erklärte Kant
leidenschaftslos.
„Nessie rührt sich nicht. Sie teilt uns nicht mit, was
geschehen ist."
„Sominth hat gerade gemeldet, daß unten alles in
Ordnung ist", berichtete der Kommandant. „Er meint, daß
es an den Schaltverbindungen liegen könnte."
Prue fragte vorsichtig: „Hast du Hinweise, Commander?"
„Nein", sagte Kerrileinen schroff.
„Aber vielleicht gibt es jetzt Arbeit für unsere
Psychologin."
Sie lächelte nicht.
„Aber Commander, das ist doch kein Katastrophenfall!"
„Ich weiß nicht", meinte Kerrileinen unsicher.
„Wir haben die Space-Jet und zwei Ein-Mann-Rettungsboote in
den Hangars", erinnerte die Psy
chologin. „Nötigenfalls verschwinden wir hier und
fliegen den nächsten Relaispunkt an."
Daran hatte auch Kerrileinen schon gedacht. Er zögerte
jedoch, die Jet zu testen. Solange nicht feststand, daß sie
ebenfalls ausgefallen war, bot sie Anlaß zur Hoffnung.
Und die Rettungsboote? fragte er sich.
Sie konnten nur zwei Besatzungsmitgliedern Platz bieten.
Prue und Kant! dachte er impulsiv.
Sominth kam in die Zentrale, er hatte den Schutzanzug noch nicht
abgelegt.
„Da wären wir alle beisammen - warum halten wir keinen
Kriegsrat?"
„Wir warten Nessies Bericht ab", ordnete Kerrileinen
an.
Er spürte, daß Kant und Prue einen vertraulichen Blick
tauschten. Von Anfang an hatten sie ihn, den Kommandanten, von allen
möglichen Dingen ausgeschlossen.
Eine Psychologin! dachte Kerrileinen gekränkt.
Aus den Augenwinkeln sah er, daß sich auf dem Schirm über
Nessie eine Schriftzeile aufbaute. Er drehte sich im Sessel herum,
unsägliche Erleichterung breitete sich in ihm aus, daß er
nun endlich erfahren würde, was die Ursachen für den
totalen Ausfall von Hyperfunk und Überlichtantrieb waren.
Er las:
URSACHEN NICHT ERKENNBAR ... ERBITTE ANWEISUNGEN...
Von dem Tag an, da man in den Schiffen der Solaren Flotte die
Gesamtfunktion den Bordpositroniken überantwortet hatte, war es
immer wieder zu Zwischenfällen und Schwierigkeiten gekommen.
Kerrileinen konnte sich jedoch an keinen Fall erinnern, bei dem
ein derart erschreckendes Fehlverhalten einer Positronik vorgekommen
war.
„So ein verrücktes Ding", hörte er Kant
sagen. Der Ingenieur erschien eher verblüfft als entsetzt.
„Es kann nur ein Kommunikationsfehler sein", vermutete
Sominth. „Ich habe Nessie viermal aufgefordert", gab
Kerrileinen zu bedenken. „Dabei ist ein Übertragungsfehler
ausgeschlossen."
„Machen Sie jetzt die Rückkontrolle!" forderte der
Xenologe.
Kerrileinen hatte bereits damit begonnen. Seine Hände
wanderten unruhig über die Kontrolltasten. Eine Lichterkette
huschte über Nessies Anzeigefelder. Sieben davon blieben dunkel.
Kerrileinen erreichte sie nicht.
„Es ist Nessie!" stellte er fest. „Zumindest ein
Teil von ihr."
Kant seufzte.
„Trauen Sie sich zu, das zu beheben?"
Kerrileinen lachte ironisch. Er sah sich vor dem geöffneten
Kern der Bordpositronik stehen, während Kant mit seinen
Stummelfingern darin herumwühlte.
„Triebwerke und Hyperfunk sind in Ordnung", stellte
Sominth fest. „Sie werden lediglich nicht mehr in den
Funktionskreis der Station einbezogen. Nessie hat sie vergessen.”
„Stimmt das, was er sagt?" fragte Kant mißtrauisch.
„Ja!" Kerrileinen war wie betäubt. Ein solcher
Vorfall war nicht einmal theoretisch denkbar gewesen — und doch
hatte er sich ereignet.
Wenn Nessie die Ursache für ihr Versagen nicht selbst fand -
und daran bestanden nach Lage der Dinge erhebliche Zweifel -, mußte
die Besatzung die Station aufgeben.
„Überprüfen Sie die Space-Jet, Hosper",
wandte Kerrileinen sich an den Ingenieur.
*
„Sobald feststeht, daß wir hier nichts mehr tun
können, verlassen wir KYLE-Station mit dem Beiboot."
Kant stand auf und verließ die Zentrale. Sominth folgte ihm.
Immer, wenn Kerrileinen mit Prudence Seigner allein war, fühlte
er sich befangen, auch jetzt.
„Denkst du, daß Grund für die Einleitung einer
Rettungsmaßnahme besteht?" erkundigte sich die
Psychologin.
Kerrileinen faßte ihre Worte als sanfte Kritik auf.
„Ohne Nessie kommen wir nicht weiter",
Weitere Kostenlose Bücher