PR TB 150 Der Letzte Kurier
schwebte. Es war ebenfalls kugelförmig und mochte
einen Durchmesser von zwanzig bis dreißig Metern haben ... aber
im Vergleich mit den Dimensionen des gewaltigen Hohlraums wirkte es
winzig.
Plötzlich flackerte eine Lichtbahn auf, noch greller als das
kalte Blaulicht, das aus den Wänden des Hohlraums drang und den
riesigen Raum mit unerträglicher Helle erfüllte - eine
Bahn, die unmittelbar vor der Mündung des Stollens begann und zu
dem Metallgebilde im Mittelpunkt der Kugel hinüberführte.
In der metallenen Wand hatte sich gleichzeitig eine Öffnung
gebildet.
Der Sendbote der Göttin begann zu sprechen.
„Du wirst erwartet, Fremdling!" sagte er aufLe-murisch.
„Die Energiestraße führt dich zur Göttin!"
Es kostete Mark einige Überwindung, sich dem leuchtenden Band
anzuvertrauen. Er spürte den raschen Wechsel des
Schwerkraftvektors, als er für den Bruchteil einer Sekunde in
den Bann des künstlichen Gravitationsfelds geriet, das das
Innere der Halle erfüllte und dafür sorgte, daß die
Maschinen nicht von den Felswänden herabstürzten.
Dann packte ihn der Sog der Energiestraße. Mit
atemberaubender Geschwindigkeit wurde er in Richtung des metallenen
Gebildes im Zentrum des Hohlraums gewirbelt...
Er befand sich in einem kreisrunden Raum, dessen Wände von
Bildflächen beherrscht wurden. Der Eingang hatte sich hinter ihm
geschlossen. Ein wenig beklommen blickte Mark sich um. Der Raum
wirkte kalt, obwohl die Temperatur nicht unangenehm war, und
unmenschlich. Ein Raum, den eine Maschine ersonnen hatte!
Zur Seite gab es eine Konsole mit einem kleinen Bildgerät und
einer sonderbar anmutenden Tastatur. Der Boden des Raumes war mit
einem schaumstoffähnlichen Material bedeckt. Mark empfand diese
aufMenschen ausgerichtete Bequemlichkeit inmitten des rein von
Zweckmäßigkeit bestimmten Raumes als grotesk.
„Ich bin hier, Göttin!" sagte er aufLemurisch. „Du
wolltest mich anhören!"
Die Reaktion erfolgte sofort. Aus mehreren verborgenen
Lautsprechern ergoß sich ein Strom lemu-rischer Worte über
ihn. Er verstand nicht einmal die Hälfte davon. Unwirkliche
Heiterkeit ergriff von ihm Besitz. Er mußte lachen.
„Falls das eine Prüfung sein soll", sagte er
aufTer-ranisch, „so kannst du sie dir sparen! Ich bin nicht
Amraad Den Weard, wie du richtig vermutetest. Ich komme nicht von
Lemur, sondern von Terra ... aber dir ist vermutlich nicht bekannt,
daß beides nurNamen für denselben Planeten sind. Ich
komme, um dir zu sagen, daß dein Plan sein Ziel verfehlen wird!
Die Reife der Zeit wird niemals kommen!" „Die Reife der
Zeit steht unmittelbar bevor!" antwortete die Göttin mit
Bestimmtheit, ebenfalls auf Terranisch.
„Unsinn!" widersprach Mark Richter. „Die
Ausführung deines Planes steht unmittelbar bevor, aber die Reife
der Zeit ist längst vergangen. Sohun Den Parr ist tot, nicht
einmal seine Gebeine existieren mehr.
Die Temanien sind vergangen, das lemurische Reich lebt nur noch in
der Überlieferung. Was ist es, das du die Reife der Zeit
nennst?"
„Die Reife der Zeit ist der Augenblick, in dem Sohun Den
Parrs Botschaft an den Obersten Kriegsherrn ausgerichtet wird. Der
Krieg steht auf des Messers Schneide. Sohun Den Parrs Plan bringt den
Sieg!"
Die Antwort lag Mark Richter auf der Zunge. Die Antwort, daß
der Krieg längst verloren sei, daß mehr als fünfzigtausend
Jahre verstrichen waren, seit Sohun Den Parrs Botschaft akut geworden
war ... und noch vieles mehr. Aber er behielt sie für sich. Das
Wesen, mit dem er sich unterhielt, würde sich einfach weigern,
seinen Worten zu glauben. Er mußte behutsam vorgehen.
„Wer bist du?" fragte er.
„Du hast mich gesehen, bevor du diesen Raum betratest",
lautete die Antwort.
Mark Richter dachte an den riesigen kugelförmigen Hohlraum.
„Du bist eine Maschine!"
„Ich bin das akkumulierte Wissen von Hunderten von
Generationen, Dutzenden von Sternenvöl-kern." „Aber
dein innerstes Ich ... dein Bewußtsein ... das ist der
Bordrechner der KARINTHA, die vor unzähligen Jahren auf diesem
Planeten notgelandet ist!"
Die Göttin antwortete nicht.
„Was wurde aus Nangla Tan Riva?" fragte Mark. „Und
aus seinen Leuten?"
„Sie gingen den Weg alles Vergänglichen. Das war, bevor
ich die Macht besaß, das Leben zu suspendieren."
„Woher erwarbst du diese Macht?"
„Ein Teil des Wissens war in mir. Es gab die Zeit, in der
ich mich meiner Aufgabe besann und darüber nachdachte, wie ich
mich ihrer entledigen könnte. Ich kam zu dem
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