PR TB 153 Notlandung Auf Virginis II
mit steigendem Mißtrauen, obwohl an der
Aufrichtigkeit ihrer Bemühungen nicht mehr der geringste Zweifel
herrschen konnte. Der Empfang wurde zwar verbessert, aber keine der
Antennen gab auch nur die geringste Leistung ab.
Das Ganze war ein Rätsel.
„Macht morgen weiter", riet Roger schließlich.
„Auf einen Tag mehr oder weniger kommt es nun nicht mehr an.
Übrigens gedeiht die Saat prächtig. In zwei Monaten können
wir ernten."
John warf ihm einen müden Blick zu und verließ mit
Gerad die Funkzentrale, um in die Siedlung zurückzukehren. Die
Siedler kamen gerade von der heute angesetzten Feldarbeit zurück.
„Na, ihr Drückeberger!" rief Melbert ihnen zu,
frisch und munter wie immer, seit er mit Annicque zusammenwohnte.
„Könnt wohl den Fehler auch nicht finden, was?"
„Ein bißchen Bewegung schadet dir nichts", gab
Gerad zurück und hielt sich nicht länger auf. Erst in ihrem
Bungalow fragte er: „Nun, John, hast du es gefunden?"
„Ich hoffe."
John packte seine Taschen aus und legte alles auf den Tisch, was
er aus dem Ersatzteillager hatte mitgehen lassen. Manche dieser Teile
waren so winzig, daß man sie mit bloßem Auge kaum sehen
oder gar erkennen konnte.
Gerad betrachtete das Sammelsurium mit Interesse und Skepsis.
„Junge, Junge, der reinste Flohmarkt. Fragt sich nur, ob das
Richtige dabei ist. Zusammensetzen kann ich dir schon einiges, aber
ob es dann auch funktionieren wird, ist eine andere Frage."
„Stammt alles aus dem Ersatzteillager für Funktechnik
in Mikrobauweise. Ich schätze, du kannst den Ring wegwerfen. Wir
bauen ein neues Gerät zusammen, wenn es auch etwas größer
wird."
„Und warum reparieren wir nicht gleich den Hyperfunk im
Schiff?"
„Weil das zu auffällig wäre und nicht die von mir
gewünschte Wirkung hätte."
„Wirkung? Welche Wirkung?" John seufzte.
„Bist du aber begriffsstutzig, Gerad! Die merken doch den
Schwindel, wenn wir es plötzlich schaffen. Aber wenn wir ein
völlig neues Gerät zusammenbauen, sind wir es doch, die
alles retten. Außerdem wirkt es überzeugender. Eine
Begründung wird uns schon einfallen, warum wir es vorgezogen
haben, eigenmächtig zu handeln. Der Erfolg rechtfertigt unser
Vorgehen."
Gerad setzte sich an den Tisch.
„Na schön, dann sage mir, was ich zu tun habe..."
Etwas später kam Hank Finley aus der Waschbaracke. Als er das
Durcheinander auf dem Tisch sah, griff er sich an den Kopf.
„Seid ihr schon wieder am Basteln, ihr Kindsköpfe?
Vielleicht baut ihr jetzt einen Materietransmitter zusammen, der uns
direkt auf die Erde zurückbefördert."
„Ignorant!" knurrte Gerad ihn verächtlich an.
Hank zog sich um und ging, ohne sie weiter zu beachten. Sie
hielten ihn nicht auf, denn sie wußten, daß er den
anderen gegenüber den Mund halten würde. Schon deshalb, um
sich nicht durch Unwissenheit zu blamieren.
Jäger Sherry hatte heute nicht nur ein erlegtes Einhorn
mitgebracht, sondern auch einen der Eingeborenen, den er einsam durch
die Steppe ziehend antraf. Mit dem Gleiter war er tiefer gegangen,
bis er ihn mit dem Narkosestrahler paralysieren konnte. Die Biologin
Bonnet, für die nächsten fünf Jahre Frau Melbert,
hatte sich um die Wiederbelebung gekümmert, nachdem man seine
Hände vorsorglich gefesselt hatte.
Nun hockte er mitten zwischen den Siedlern am Lagerfeuer und
versuchte, das Geschehen zu begreifen. Roger hatte den Translator
eingeschaltet und bemühte sich, dem Wilden verständliche
Laute zu entlocken.
Eine Stunde lang war das Ergebnis gleich Null, obwohl der
Kannibale die übersetzten Begriffe verstehen mußte. Er
schien seinen Schock noch nicht überwunden zu haben und schwieg
beharrlich. Allerdings unternahm er auch keinen Fluchtversuch, obwohl
man seine Füße nicht gefesselt hatte.
Als Roger schon aufgeben wollte, kam es aus dem Lautsprecher des
Translatorgeräts: „Warum seid ihr wiedergekommen?“
Der Bann war gebrochen.
Roger begann noch einmal von vorn, und zum ersten Mal entspann
sich eine regelrechte Unterhaltung zwischen ihm und dem Gefangenen.
Nach und nach kam heraus, was sich vor einiger Zeit auf Virginis II
abgespielt hatte, ohne daß allerdings bekannt wurde, um welchen
Explorer es sich damals handelte. Doch das würde sich anhand der
Datenspeicherung in Terrania feststellen lassen.
Roger erklärte dem Wilden mit viel Geduld, daß es
verschiedene Götter gäbe, böse und gute. Er und seine
Leute gehörten natürlich zu den guten, die in Frieden auf
dieser Welt mit ihren Lebewesen
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