PR TB 154 Der Zukunftsseher
den
Gassen und auf den Plätzen Gaslaternen, die ein wenig Licht
spendeten. Simo San sah, daß auf den Dächern der Stadt
Hunderttausende von Vögeln verschiedenster Art hockten und
schliefen.
Lautlos sanken Frank und Blue auf den Innenhof herab, in dem
Tifflor mit dem Gleiter gelandet war. Sie blieben stehen und
lauschten. Simo San stand jetzt auf der Schulter des Maruners. Auch
seine Nerven waren bis zum äußersten angespannt. Er hörte
das Kratzen von scharfen Krallen auf den Dächern. Erschauernd
dachte er daran, was passieren könnte, wenn die Vögel
plötzlich aufgeschreckt würden. Ihr Geschrei würde die
ganze Stadt wecken.
Blue hantierte an der Tür. Es knackte leise, und das Schloß
sprang auf. Simo San schlüpfte durch den kleinen Spalt, der
entstand, und flog in das Haus hinein. Er verharrte einige Minuten an
der Stelle, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt
hatten. Dann drang er weiter vor. Kurz darauf klang seine Stimme
beruhigend aus den winzigen Lautsprechern der Armfunkgeräte von
Pamo und Blue.
„Alles in Ordnung", teilte er mit. „Ihr könnt
kommen."
Als die beiden Freunde eintraten, blitzte wenige Meter von ihnen
entfernt der Helmscheinwerfer des Siganesen auf und wies ihnen den
Weg.
„Nebenan ist der Raum, in dem einige Bücher ausliegen",
sagte er leise.
„Ich konnte durch eine Lüftungsklappe hinein."
Pamo schaltete die Lampe an, die er an seinem Unterarm befestigt
hatte. Der Lichtstrahl glitt über die Akten und Papiere und
richtete sich schließlich auf eine schwere Holztür, über
der sich ein Fenster befand. Er ging zu der Tür hinüber und
drückte den Griff herunter.
„Abgeschlossen", sagte er.
„Kein Problem", entgegnete Blue. „Die Schlösser
sind denkbar primitiv."
Er schob einen Stahlstift unter das Schloß und drückte
es mühelos auf. Das Licht seiner Lampe erhellte einige Bücher,
die geöffnet auf mit Leder bezogenen Tischen lagen.
„Welches ist das richtige Buch?" fragte er ratlos.
Frank zählte sieben Bücher. Sie waren alle in Leder
eingeschlagen. Das Papier war dick und weich. Alle Bücher waren
mit der Hand geschrieben.
„Wir müssen uns entscheiden", rief Simo San.
„Wir können schließlich nicht alle Bücher
abfilmen."
Pamo ging von Buch zu Buch. Aufmerksam betrachtete er die Schrift,
die kompliziert und umständlich aussah.
„Was sagst du, Frank? Welches Buch sollen wir wählen?"
fragte Blue.
„Dieses hier", entschied der HS und legte seine Hand
auf die offenen Seiten eines Buches, das im Format kleiner als die
anderen war, aber über mehr Seiten verfügte.
„Warum ausgerechnet das?" fragte Blue verblüfft.
„Weil die Schrift zu dem Gehörnten
paßt", erwiderte der Maruner so selbstsicher, als seien
für ihn alle Zweifel beseitigt.
„Die Schrift paßt zu ihm?" forschte Simo San. Er
schwebte herab und landete auf dem Buch. „Das kann ich nicht
finden."
„Laßt uns nicht lange diskutieren", bat Pamo.
„Ich nehme die Verantwortung auf mich."
„Okay, fangen wir an."
Frank Pamo merkte sich die Seite, die aufgeschlagen war. Dann
schlug er das Buch zu und begann mit der ersten Seite. Blue Eigk
richtete eine elektronische Kamera darauf, während
Frank noch einen weiteren Scheinwerfer einschaltete. Nun blätterte
er langsam das Buch durch. Blue erfaßte Seite für Seite
mit der Kamera.
Die Stunden strichen dahin. Simo San wurde es langweilig. Er
streifte ein wenig in den Räumen herum, um schnell genug auf
mögliche Alarmzeichen aufmerksam zu werden.
„Wir müssen aufbrechen", rief er schließlich.
„Also gut", stimmte der Maruner zu.
„Wir haben etwa ein Drittel erfaßt. Das muß fürs
erste genügen."
Er beseitigte alle Spuren und legte das Buch wieder so hin, wie
sie es vorgefunden hatten. Dann schloß Blue die Tür ab,
und sie verließen das Haus. Es dämmerte bereits.
Als die drei Männer über die Dächer der Stadt
hinaus schwebten, kreischten plötzlich einige Vögel in
ihrer Nähe auf. Dieser Alarmruf wirkte wie ein Donnerschlag.
Innerhalb weniger Sekunden erwachten sämtliche Vögel der
Stadt. Sie erhoben sich von den Dächern. Ein ungeheurer Lärm
entstand.
„Schnell", rief Pamo, packte Simo San und steckte ihn
in die Brusttasche seiner Kombination. „Steil nach oben, Blue!"
Von allen Seiten rasten wütende Vögel auf sie zu. Einige
Tiere erreichten Blue und Pamo und hieben ihnen die spitzen Schnabel
in die Beine. Dann aber reagierte der Biologe endlich. Er regulierte
sein Antigravgerät neu ein und
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