PR TB 159 Insel Der Ungeheuer
fragte ich Derione, die
lautlos näher gekommen war und unbewegt, aber ebenso voller Haß
auf den toten Organismus herunterblickte, wie uns Loe H'arpeji
angestarrt hatte bei seinen beiden Sturzflügen.
»Ja. Ich glaube euch. Ich werde mit euch kämpfen. Aber
glaubt nicht, daß es leicht sein wird.«
Niemand glaubte es. Bisher hatten sich die sechs jungen Männer
im Bann der Hypnose von ES befunden, in deren Zwang sie auch das
große Boot gebaut und mit Teilen unserer Ausrüstung
verbessert hatten. Sie sprachen nicht, gehorchten aber jedem Befehl
von uns. Sie erschraken nicht, wunderten sich nicht und machten sich
jetzt bereit, eine Grube zwischen Sandstrand und Felsen auszuheben.
Dort warfen wir den exotischen Körper hinein. Ranthys murmelte:
»Wir sind eine fabelhafte Mannschaft. Sechs Halbstumme, zwei
Desorientierte und eine Jägerin, zwei Maschinen und ein Boot. Wo
fangen wir an, mächtiger Atlantos?«
Ich sah zu, wie sie H'arpeji verscharrten. Ich zog die Schultern
hoch und knurrte:
»Ich weiß es nicht. Das beste wird sein, wir
beobachten zuerst, ehe wir etwas tun - vorausgesetzt, wir werden
nicht angegriffen. Schaltest du die Sonden von Boreas ein, bitte?«
»Ja, natürlich.«
Die Mannschaft war klein, aber wir verfügten über große
Mittel und Erfahrungen. Aber Derione hatte recht. Es würde nicht
leicht sein. Wir brauchten zuerst einmal ein Versteck für uns
alle, von dem aus wir operieren konnten. Und dann erst konnten wir
einen Plan machen. Und da war noch ein anderes Problem. Mein Problem,
denn es betraf Derione, die schöne Jägerin.
Die Insel hieß bei ihren Bewohnern Kefti. Der Berg, an
dessen Flanke wir uns verborgen hatten, trug den Namen Alias. Die
Siedlung des Androiden und seiner Helfer hatte den Namen Knossos
erhalten, sie wuchs von Tag zu Tag. Wenn die Vorstellungen und
Gedanken der Flüchtlinge ebenso chaotisch waren wie der
erkennbare Bauplan dieses als Palast, Tempel und Wohnquartier
gedachten monströsen Bauwerks, dann operierten die Eindringlinge
nicht nur mit Terror und Macht, sondern auch mit Chaos. Das Chaos war
in ihnen.
Merkwürdigerweise hatte ich seit langer Zeit keinen noch so
geringen Gedanken daran verschwendet, ob Ranthys ein Androide oder
ein Mensch war. Eines stand fest: er war mein Freund. Listig, voll
treffender Bemerkungen, ausdauernd und niemals unbesonnen. Dem Wein
und den Mädchen wie kaum ein anderer zugeneigt, betrieb er beide
Leidenschaften außerordentlich diskret. Jetzt saß er auf
dem
Rand des Lagers, blickte in den Kessel voller Fleischsuppe und
stützte sein unrasiertes Kinn in die linke Hand.
»Es wird schwer sein, Atlantos, anzugreifen und zu siegen.
Im Augenblick befindet sich Aison mit seinen Getreuen, den sehr gut
geführten und geleiteten Barbaren, rund um Knossos in einer ganz
bestimmten Lage. Er fördert Kultur und Zivilisation.«
»Zweifellos. Und während er dies unternimmt,
terrorisieren seine Helfer von vier unbekannten Planeten die Insel
und die Strände. Ich habe den Eindruck, daß er über
sie keinerlei Macht mehr hat!«
Ich drehte mich zu Derione um und sah sie fragend an. In einer
großen Höhle mit einigen Querstollen befand sich unser
gemütliches und geräumiges Quartier. Ununterbrochen hatte
uns der schwarze Falke Boreas Bilder und Daten geliefert. Sherengi
bewachte die Höhle.
»Er hat die Macht über seine Freunde schon längst
verloren«, setzte Derione hinzu. »Sie alle handeln
selbständig. Aber unsere alten Jägerinnen wissen, daß
hin und wieder Strafaktionen gestartet werden. Dann arbeiten sie alle
zusammen und kämpfen alles nieder.«
»Ich verstehe. Sie würden also zusammenkommen, wenn
wir, beispielsweise, den Palast angreifen?« erkundigte sich
Ranthys. In den sechs Tagen, nachdem wir das Boot versteckt und quer
durch die halbe Insel marschiert waren, hatten wir sämtliche
wichtigen Eindrücke in uns aufgenommen. Aber rätselhafterweise
griff keiner der Exoten uns an. Die H'arpeji schienen Einzeljäger
zu sein.
»Das würden sie ohne Zweifel tun.«
Derione nickte zustimmend und schwenkte den Kessel vom Feuer. Die
Höhle war in einzelne Bezirke eingeteilt. Wir brauchten nicht zu
befürchten, daß wir mit überlegenen Waffen
angegriffen werden würden. Nur die Menge der möglichen
Angreifer war kritisch, sobald man uns entdeckt hatte. Seit Tagen
diskutierten wir einen möglichen Plan, der den Inselbewohnern
und uns helfen konnte. Hundert verschiedene Ideen waren inzwischen
verworfen worden.
Ranthys stand auf und
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