PR TB 159 Insel Der Ungeheuer
fremd
und auch so verständlich wie Khent'our und H'arpeji.«
Sie erstarrte. Ihre Finger suchten den Dolchgriff. Mit einem
gewaltigen Satz, ein heiseres Grollen ausstoßend, sprang
Sherengi aus dem Kielraum des Bootes. Sie landete im nassen Sand,
federte wieder hoch und legte sich dicht neben Ranthys' Knie nieder.
Langsam und suchend bewegte die robotische Löwin den Kopf. Ihre
feuerroten Augen glühten. Die Bucht und der Hang lagen noch
immer im Schatten, aber weit draußen auf dem Meer leuchtete die
Sonne die winzigen Schaumkämme an. Dann öffnete Ranthys
einen Kasten, seine Finger verschwanden darin, dann sahen wir das
Schlagen der Flügel. Schließlich hob er die zweite
Maschine heraus und warf sie in die Luft. In zunächst engen,
dann immer weiter werdenden Spiralen schraubte sich Boreas in die
Luft. Der Vogelroboter hatte die Gestalt eines sehr großen
schwarzen Falken.
Ranthys und ich besaßen für beide Tiere Steuer- und
Rufgeräte.
»Glaubst du jetzt mehr?« fragte ich Derione. Sie
blickte, nunmehr unsicher und verwirrt, von den Ruderern zum Schiff,
vom Gepäck zur Löwin und dann wieder zurück zu mir.
»Ihr seid mächtig, aber ihr seid wenige. Die anderen
und die Söldner Aisons sind so viele.«
Ich gab ruhig zurück:
»Wir sind gewohnt, zu siegen. Kennst du eine Grotte, in der
wir das Schiff verstecken.«
Ein kreischender Schrei aus der Luft, ein donnerndes Fauchen der
Löwin und ein Ruf von Ranthys lenkten mich ab. Mein Kopf ruckte
hoch. Ich sah, daß wir angegriffen wurden. Während ich
Derione an den Schultern nach rückwärts stieß,
blickte das Mädchen hoch und schrie:
»H'arpeji!«
Ich sprang zur Seite und riß den Dolch heraus. Derione
überschlug sich auf dem Moos und verschwand zwischen den
Büschen. Fast parallel und dicht über den Bäumen und
Felsen des Hanges raste mit ausgebreiteten Schwingen, durch deren
Federn die Luft heulte, eine der drei H'arpeji auf uns zu. Die
Krallen waren gierig gespreizt. Ich erkannte flüchtig den
Ausdruck arroganten Hasses in dem fast menschlichen Gesicht. Dies war
nicht Laa H'arpeji, sondern eines der Männchen. Ich hechtete in
die Richtung des Schiffes und zielte, während ich mich abrollte.
Aus der Spitze des Dolches fauchte röhrend ein dünner
Feuerstrahl und schnitt knapp vor dem Fabelwesen durch die Luft. Ein
zweiter Schuß traf die Schwungfedern. Loe oder Lie H'arpeji
schrie auf und schüttelte sich, raste aber weiter in einem
Winkel von fünfzig Grad auf uns zu. Der Wind heulte schneidend
und viel lauter im Gefieder. Mit einem schnarrenden metallischen
Geräusch wurde eine Schwungfeder wie ein Pfeil
davongeschleudert.
Ich schoß noch dreimal. Derione hatte sich aufgerafft und
hielt bereits einen Pfeil auf der Sehne. Ranthys stand breitbeinig da
und erwartete den Angriff. Er hielt das Doppelbeil schlagbereit
waagrecht in beiden Händen. Die H'arpeji war nur noch sechs
Mannslängen weit entfernt. Ich sprang auf die Beine und zielte
genauer.
Zuerst hörte ich durch das Schreien des Fremden hindurch das
Geräusch, mit dem die Sehne gegen den Armschutz schlug. Der
Pfeil heulte durch die Luft und bohrte sich in die Schulter des
Fremden. Gleichzeitig traf mein Schuß den anderen Flügel.
Aus dem gezielten Sturzflug wurde ein hilfloser Sturz. Ich schoß
ein zweites Mal gezielt. Sirrend lösten sich pfeilartige
Stacheln vom Nacken dieses erstaunlichen Wesens und prasselten gegen
Felsen und Baumstämme. Der Fremde, größer als der
größte Adler, krampfte sich im Niederfallen zusammen und
fiel genau in meinen letzten Schuß hinein. Dann schlug er in
den aufstäubenden Sand hinein und rollte vor Ranthys' Füße.
Sherengi machte einen weiten Satz, stürzte sich auf den
zuckenden Körper und schlug mit zwei Prankenhieben die Schwingen
zur Seite. Dann blieb das künstliche Tier über H'arpeji
stehen; der Fremde war auf dem Sand ausgebreitet und zuckte. Ranthys
hob das Beil und trat näher.
»Woher kommst du?« fragte er in gefährlicher
Schärfe. H'arpeji zuckte schwach, aber aus dem fremdartigen
Gesicht schlug uns unversöhnlicher Haß entgegen.
»Das wirst du niemals erfahren, du verlauster, auf der Erde
kriechender Barbar!« zischte H'arpeji. »Lie und Laa
werden mich grausam rächen.«
Die dünnen Lippen schlossen sich. Die Augen starrten uns
unbeweglich an wie Sehorgane eines Raubvogels. Da spaltete Ranthys
mit einem einzigen Hieb den schmalen Schädel des Fremden. Wir
hatten nur noch neunundzwanzig Gegner dieser Art.
»Glaubst du uns jetzt?«
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