PR TB 165 Nomaden Des Meeres
Häuser.
Fischer schleppten ihren Fang zum Markt, Netze wurden geflickt,
der Schmied hämmerte, seine Esse rauchte. Bauern waren aus der
Umgebung gekommen und tauschten Geflügel, Früchte und
Schweine gegen Tonwaren oder Fische ein. Zwischen dem Wasser und den
Häusern mit den weißen Sonnensegeln bewegte sich
geräuschvolles, quirlendes Leben.
Hundert Schritt vor der Mole aus wuchtigen Steinen schleppten drei
Soldaten den Ankerstein zum Bug der LOB DES PHARAO. Das Segel wurde
festgezurrt, die Ruderer drehten das Schiff. Der Ankerstein versank
aufklatschend im Hafenwasser. Mit dem Heck voraus kam das Schiff zur
Mole und legte an. Leinen flogen ans Ufer und wurden von den
herumstehenden Inselbewohnern festgemacht.
Dann gab es das bekannte Bild: Die Mannschaft machte das Schiff
klar, schoß Tauwerk auf, räumte die Unordnung auf,
verschwand unter Deck, kam wieder herauf, und überall war ein
riesiger, braunhäutiger Mann mit Lederhelm und weißem
Schurz, der Befehle gab. Etwa eine Stunde später wurde eine
Laufplanke zwischen Heck und Mole ausgebracht, und sieben Personen
kamen an Land. Ihr Auftritt rief allgemeines Staunen hervor.
Zuerst kamen zwei Soldaten. Sie trugen glänzende Brustpanzer,
lederne Stiefel, lederne, mit goldenen Streifen besetzte Helme und
leichte Streitäxte an den breiten Gürteln. Hinter ihnen
folgte der Kapitän des Schiffes, der keine einzige der Fragen
nach dem Woher, Wohin und welcher Ladung beantwortet hatte, die von
den Inselbewohnern ins Schiff hinunter geworfen worden waren. Cheper
trug zwei Dolche und quer über dem Rücken ein Bündel
halbmannslanger Wurfspeere im Köcher. Er wandte sich an einen
Mann in mittleren Jahren, der sich deutlich von den Bauern, Fischern
und Handwerkern abhob.
»Ich bin Cheper, der Kapitän. Gleich wird meine Herrin
an Land gehen. Sie ist eine Fürstin, und das Auge des Pharao
ruht mit Gefallen auf ihr. Wir suchen einen Mann, der Biades heißt.«
Jetzt kam ein junges Mädchen herunter, sehr scheu und sehr
schön. In ihren Armen trug sie einen länglichen Gegenstand,
der mit einem weißen Tuch verhüllt war. Sie stellte sich
zwischen die schweigenden Soldaten, die mit scharfen Augen alles
genau musterten, was sich bewegte.
»Biades ist der Hafenkapitän. Ihm obliegt die Aufsicht
über alle Schiffe.«
»Deswegen suchen wir ihn«, bestätigte Cheper. Ein
weiterer Soldat kam vom Schiff, hinter ihm balancierte Asyrta-Maraye
über das schwankende Brett. Die Herrin trug ein einfaches,
weißes Kleid mit goldenen Säumen, den halbmondförmigen
Brustschmuck der Ägypter
und goldene Sandalen. Ein weiterer Soldat hielt ihre Hand und trug
die Kartusche mit den wertvollen Pergamenten auf dem Rücken. Die
Menge umringte die Ankömmlinge. Die Menschen murmelten laut und
sagten, daß ein solch prachtvolles Schiff noch niemals in
Mallia, Knossos oder Gurnia angelegt habe.
»Dort, das schmale Haus mit dem weißen Segel über
dem Dach«, wurde den Fremden gesagt. »Biades steht auf
den Stufen.«
»Sei bedankt, Mann!« sagte Cheper. »Ihr werdet
alles erfahren, denn wir wollen einen Mond lang hier bleiben.«
Die Gruppe der Fremden ging quer durch das Gedränge. Die
sieben Personen, selbst das junge Mädchen, machten allesamt den
Eindruck, als wäre ihnen nichts fremd. Sie waren sicher,
kampfgewohnt und klug. Die Soldaten schirmten die Herrin so genau ab,
daß man nicht einmal ihren Schmuck genau sehen konnte. Durch
Eingeweide von Fischen, Sand, Schuppen und Tangfetzen gingen die
Ägypter bis zu den steinernen Stufen, auf denen sie ein Mann in
lederner Kleidung erwartete. Er hatte dunkle, stechende Augen und nur
drei Finger an der linken Hand.
»Du bist Biades, der Kapitän dieses Hafens?«
fragte Cheper halblaut. Er sah in das dunkelgebrannte, von Runen und
Kerben zerfurchte Gesicht eines Mannes, der lange zur See gefahren
sein mußte.
»Ja. Ihr kommt von dem Prunkschiff dort, das nicht für
das Meer gebaut ist?«
Cheper grinste breit; sie hatten sich verstanden.
»Der Kapitän ist wichtiger als die Planken, Biades. Wir
sind hier, weil wir jedem guten Kapitän der Insel einen
Vorschlag machen wollen. Dies hier ist die Herrin des Schiffes, das
LOB DES PHARAO heißt. Asyrta-Maraye wird dir alles erklären.
Du solltest uns alle als deine Gäste betrachten. Nebenbei, wir
zahlen mit Gold.«
Biades nickte langsam und sah unerschrocken und prüfend von
einem Gesicht zum anderen. Er war nicht leicht zu beeindrucken. Ein
Mann nach Chepers Herzen! Biades bemerkte die
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