PR TB 180 Das Goldland
verwirrt ist? Soll ich ihn
auspeitschen lassen und befragen?"
Ich war im Begriff gewesen, zu Chutaui zu gehen. Ich blieb
ruckartig stehen, drehte mich langsam herum und sagte wütend:
„Wir haben im Sturm Männer verloren. Ich habe gehört,
daß drei Männer an Schlangenbissen gestorben sind, hier,
am Waldrand. Wir sind nicht im Krieg. Du bist nicht Amenemhets
Henker. Wir haben keinen Grund, zu peitschen oder dazu, daß
sich Männer Macht nehmen, die sie nicht haben. Ich verbiete dir,
mein Freund, jemals wieder einen solchen Gedanken zu haben. Oder hat
dich Nebamum entehrt?"
Ich brauchte meine Stimme nicht zu verstellen, ich war wirklich
von kaltem Zorn erfüllt. Tödlicher Schrecken überfiel
Nitokras. Er hatte mich erst zweimal so erlebt. Er senkte den Kopf
und murmelte:
„Nein. Er hat meine Ehre nicht angegriffen."
Ich beruhigte mich wieder. Ich trat auf ihn zu, schlug ihm auf die
Schulter und sagte:
„Nebamum ist alt. Vielleicht ist er ein wenig wirr im Kopf.
Er hat schweigend gerudert, er hat das Schiff geputzt, und ihm wird
sein Lebenstraum erfüllt. Was liegt daran, ob er lügt oder
nicht? Glaubst du, daß wir mit seinen Ratschlägen Punt
nicht finden?"
„Nein, Herr", flüsterte Nitokras. „Ich habe
mich gehenlassen. Du hast recht."
„Du hast es eingesehen?"
Er sah mir in die Augen und nickte schweigend.
„Siehst du", schloß ich heiter, „so einfach
ist es, anständig zu bleiben und von seinen Männern
geachtet zu werden."
Ich ging an das übernächste Feuer und ließ einige
nachdenklich gewordene Männer zurück. Chutaui, mein
gewürzreicher Freund, war in seinem Element. Er kommandierte
seine Helfer. Zwei Gazellen drehten sich am Spieß; sie waren
gespickt und wurden immer wieder mit einer Soße aus Salz,
gehackten Kräutern und eben diesen unbekannten Gewürzen
übergössen. Über einem Haufen von rotglühendem
Holz lagen ausgenommene, entgrätete Fische, die sich bräunten.
Eine dicke Suppe kochte im Kessel. Überall waren die Tische aus
den Ruderbänken aufgeschlagen. Die Männer jubelten, als ich
in den Lichtkreis trat. Chutaui hob grüßend sein riesiges
Messer.
„Ich habe es schon gehört. Hier siehst du die Zutaten.
Ihr werdet gebührend bedient werden, Kapitän Horus!"
Ich schüttelte bewundernd den Kopf. Immer wieder verblüffte
mich, mit welcher Meisterschaft Leute wie Chutaui aus wenigen Zutaten
etwas hervorzaubern konnten. Überall standen Körbe voller
Früchte und Schalen voller Beeren. Gewaschene Blätter
wurden als Tücher und Servietten verwendet. Maat, die Göttin
der Harmonie, schien über den Strand zu wachen.
„Ich danke dir, Chutaui. Wehe dir, wenn ich höre, daß
einer unserer tapferen Nichtschwimmer nicht satt geworden ist."
Er grinste nur; ein mittelgroßer Mann mit bräunlicher
Haut, viel zu mager für einen guten Koch, unrasiert, aber mit
leuchtenden Augen und zauberhaft flinken Fingern. Ein Meister seines
Faches.
Wahkare schlug sich klatschend auf den Bauch, dann rülpste
er, und schließlich stieß er satt hervor:
„Fast so gut wie in Menefru-Mire', meiner Heimat. Nur das
Bier, die Musiker und die Tänzerinnen fehlten!"
Chutauis Helfer trugen die Schalen, Krüge und Roste weg. Wir
warfen die Überbleibsel des Essens ins Feuer. Wir hatten jeden
Aspekt der kommenden Tage von allen Seiten beleuchtet. Die
Anordnungen waren geschrieben worden, nichts konnte vergessen werden.
Zakanza-Upuaut hob die Hand und sagte zu uns allen:
„Wenn alles das geschehen soll", er deutete auf einen
Schreiber, „dann sind wir nicht weniger als zehn Tage hier."
„Was sind zehn Tage, wenn die Reise zwanzig Monde dauert?"
meinte ich. „Aber wenn dies alles erledigt ist, segeln wir mit
einem guten Gewissen."
Jede einzelne Reparatur, die wichtigen Vorräte und ihre
Ergänzung, einige kurze Entdeckungsgänge und die völlige
Wiederherstellung aller Schiffsteile waren genau abgesprochen worden.
Selbst die einzelnen Männer waren eingeteilt.
„Das ist wichtig. Wir müssen uns auf die Schiffe
verlassen können. Wie lange, Atlan-Horus, wird die Reise noch
dauern?"
Nach meiner Karte schien es möglich zu sein, jeden Abend oder
alle zwei, drei Nächte an Land zu gehen. Zudem vergrößerte
sich die Mondsichel, die Lichtverhältnisse würden besser
sein.
„Ich rechne mit mehr als einem Mond", sagte ich. „Und
auch nur dann, wenn wir guten Wind haben."
„Damals ruderten wir fast drei Monde lang, bis unsere Rücken
krumm waren wie das Holz einer Harfe!" rief Nebamum.
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