PR TB 191 Geisterschiff Crest IV
bereit war, zuzugestehen, daß Nadim eine
atemberaubende Schönheit und obendrein eine hervorragende
Fachkraft war, so hielt er es dennoch von Duryeahs Seite für
eine beleidigende Zurücksetzung, daß er ihr für die
nächsten Stunden zu gehorchen hatte. Seine Abneigung richtete
sich nicht gegen Nadim Abouzir im besonderen. Remo Shah war ganz
allgemein der Ansicht, daß Frauen auf Kommandoposten nichts
verloren hatten.
Unbeschadet des Seelenkummers, unter dem Leutnant Shah litt, brach
Kevan Duryeah mit großem Gefolge zum Tal der Elstern auf. Er
hielt es für angemessen, diesem Besuch den Anschein des
Feierlichen und Wichtigen zu geben. Er hatte daher Lennox Hatt mit
einem Kontingent von fünf Fahrzeugen vorausgesandt, um die
Elstern offiziell über seine bevorstehende Visite in Kenntnis zu
setzen. Als er von Hatt die Nachricht erhielt, daß sein Besuch
König Mirrmiit genehm sei, brach er selbst mit insgesamt
achtzehn Fahrzeugen auf. Zu seinem Gefolge gehörten vier
Fünftel der Gesamtbesatzung der HAMPTON T. Drei der Fahrzeuge
wurden allein für den Transport der Geschenke gebraucht.
Auf dem Boden des Talkessels wurden große Strahler
aufgebaut, die ein rötlichgelbes Licht erzeugten, wie es den
Augen der Elstern genehm war. Kevan Duryeah wünschte, daß
der finstere Kessel, der täglich nur vier Stunden lang direktes
Sonnenlicht erhielt, hell erleuchtet sei, wenn er seine Geschenke
ausbreitete. Es wurden Gestelle errichtet, auf denen die Geschenke
zur Schau gestellt werden sollten. Inmitten der Gestelle aber erhob
sich ein Podium, von dem aus Mirrmiit und sein Gefolge die Gaben der
Terraner begutachten konnten.
Kevan Duryeah bediente sich des ältesten psychologischen
Tricks der Welt, um seinem Ziel näher zu kommen. Er „baute
den König auf". Er gab Mirrmiit das Gefühl, die
wichtigste Persönlichkeit der Stunde zu sein, und hoffte, ihn
dadurch seinen Wünschen gefügig zu machen.
Und all das tat er, ohne eigentlich zu wissen, ob der
Mineralklumpen im Schädel der Elstern sie eigentlich befähigte,
so ganz und gar menschliche Emotionen wie Eitelkeit und Stolz zu
empfinden. Es war möglich, daß seine psychologische
Offensive wie ein Kartenhaus in sich zusammenfiel und die Elstern
weder beeindruckt waren, noch gefügig gemacht werden konnten. In
der Abwesenheit einschlägiger Kenntnisse der Elstern-Seele
verließ sich Kevan Duryeah darauf, daß den Geflügelten
gegenüber wirkte, was noch bei keiner anderen primitiven
Intelligenz versagt hatte.
Sein Spiel zahlte sich aus. Als der Talkessel hell erleuchtet und
die Geschenke aufgebaut waren, ließ sich der König
Mirrmiit mit einem Gefolge, das diesmal nur wenige hundert zählte,
aus der Höhe herab und landete außerhalb des Geländes,
auf dem die Gestelle aufgebaut waren. Kevan Duryeah ging ihm entgegen
und begrüßte ihn mit feierlichen Worten. Die Translatoren
waren so programmiert, daß sie den Namen des Obersten mit
Kii-Vann übersetzten. Zweisilbige Namen aber waren unter den
Elstern das Vorrecht der Mächtigen. Allein an dem Namen des
Terraners also erkannte Mirrmiit bereits, daß er es mit einer
hochgestellten Persönlichkeit, dem Oberbefehlshaber zu tun
hatte.
Der König und sein Gefolge wurden zu dem Podium geführt,
von dem aus sie die Geschenke begutachten sollten. Die Darbietung war
unter Ausnützung aller denkbaren optischen Effekte aufgebaut
worden. Die Elstern wußten vor Staunen nicht, wohin sie zuerst
schauen sollten. Mirrmiit und seine Begleiter waren sichtbar
beeindruckt. Der König wanderte ziellos von einer Seite des
Podiums zur anderen und erging sich in freudigen Ausrufen, die die
Translatoren getreulich übersetzten.
Schließlich - es war inzwischen wenigstens eine halbe Stunde
vergangen -erinnerte er sich der Regel des Anstands und schritt auf
Duryeah zu, um sich zu bedanken.
„Du bist der beste Freund, den unser Volk je gehabt hat!"
erklärte er überschwenglich. „Du und deine Begleiter,
ihr sollt unsere Gäste sein, solange ihr wollt, und jeder Wunsch
soll euch erfüllt werden. Jetzt aber laß uns, um diese
Freundschaft zu besiegeln, den großen Gesang anstimmen."
„Ich bin bereit", erklärte Kevan Duryeah
feierlich.
4.
Für die Elstern war das „Singen" eine religiöse
Zeremonie von höchster Bedeutung, die umfangreiche
Vorbereitungen erforderte. An dem Gesang nahmen nur die
vornehmsten Mitglieder des Volkes teil. Alle anderen hielten sich
in achtungsvoller Entfernung.
Mirrmiit erteilte die entsprechenden
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