PR TB 193 Das Ende Der Duplos
Detail
getreu - aber mit einem wichtigen Unterschied. Sie standen auf einer
anderen Seite, waren Werkzeuge in der Hand des Gegners.
Templin schloß die Augen, damit er das bösartige
Grinsen im Gesicht seines Doppelgängers nicht länger zu
ertragen brauchte.
Er hatte das Gefühl, daß der Boden unter ihm weggezogen
worden war und er in eine endlose Tiefe stürzte.
Werkzeuge, Kopien - Doppelgänger. Diese Kette ließ sich
um einen entsetzlichen Begriff verlängern. Wer Duplos
produzierte, der dachte nicht an Individuen, an Menschen. Er stellte
eine Ware her.
W egwerfmenschen.
Templin sah sich einem Gegner gegenüber, der Menschen zur
Ware machte, die man benutzte, nach Belieben vervielfältigte und
ansonsten einfach vergaß.
„Ich muß dir gratulieren", sagte Templins Stimme.
„Ich weiß, daß du selbst nicht an einen Erfolg
geglaubt hast. Um so besser, daß du es doch geschafft hast. Ich
hätte dagegen gewettet."
Templin sah wieder auf. Gaelyns Schreien war abrupt abgebrochen.
Die Frau war bewußtlos geworden. Es mußte eine Wohltat
sein.
Er sah einen Mann den Raum betreten. Es war der freundliche
Leutnant aus der CALCUTTA-Besatzung.
„Ich nehme an, daß Siejetzt alles verstehen, nicht
wahr?"
Templin deutete auf den Bürgermeister.
„Ist er ... auch ...?"
„Natürlich", sagte Bender lächelnd. „Wir
sind schon seit mehr als zwölf Tagen damit beschäftigt, die
wichtigen Leute einzufangen und zu Duplos zu machen. Sie werden Sie
ja bald sehen, ihre Leidensgenossen."
„Sie sind auch ein Duplo?"
Bender preßte die Lippen aufeinander. Sehr glücklich
schien er als Doppelgänger nicht zu sein.
„Allerdings", sagte er kalt, dann lachte er bösartig.
„Mein Original sitzt irgendwo im Andromedanebel in einem
Gefangenenlager und ahnt gar nicht, daß ich existiere."
„Was haben Sie vor?" fragte Templin. Er schaffte es nur
mit größter Mühe, seine Stimme einigermaßen
normal klingen zu lassen. Jeder Blick auf sein Ebenbild bereitete ihm
neue Schauder.
„Eigentlich hatten wir ganz andere Pläne", sagte
Leutnant Bender. „Aber durch Sie erfuhren wir von dem Jubiläum,
und das kam uns gerade recht. Wenn es stimmt, daß tatsächlich
ein Unsterblicher kommt, wird unsere Aufgabe erheblich leichter."
„Und was ist Ihre Aufgabe? Die Menschheit zu unterjochen, zu
versklaven?"
„Wir dienen den Meistern der Inseln", sagte Bender
kalt. „Und diese Macht ist größer, als Sie sich
überhaupt vorstellen können."
Templin hatte Mühe, seine Finger ruhig zu halten. Joan I und
Joan II hatten sich inzwischen angefreundet und spielten mit einem
Ball. Es war ein Anblick des Grauens.
„Mit Kindern ist es natürlich ein wenig schwierig",
sagte Bender. Er schien die Situation zu genießen. „Kinder
kennen keine Treue, keine politischen Verhältnisse. Man kann sie
also auch nicht richtig duplizieren, sie haben dann kein Verlangen,
den Meistern zu dienen."
„Sie sind ein Teufel", zischte Templin. Sein
Doppelgänger grinste bösartig.
„Schafft sie in den Keller!" befahl der Leutnant.
„Genug geredet. Wir haben noch zu tun."
Er lächelte zynisch.
„Wir müssen schließlich den hohen Besuch würdig
empfangen, nicht wahr?"
Die Duplos richteten ihre Waffen auf Templin.
„Komm mit", sagte Cardon II kalt. „Der
Bürgermeister wird das Kind tragen, und du wirst deine Freundin
schleppen."
Templin II und Gaelyn II brachen in Gelächter aus, als
Templin die Fäuste ballte. Der Jäger erkannte, daß er
keine Chance hatte, sich gegen diese Übermacht zur Wehr zu
setzen. Er ergab sich.
9.
„Wie lange stecken wir schon in diesem Loch", fragte
Gaelyn schwach. Sie hatte sich nur mühsam beruhigt, und immer
wieder drückte sie ihre Tochter an sich. " „Stunden",
murmelte Templin. „In zwei oder drei Stunden wird der Vertreter
des Solaren Imperiums hier landen, und dann haben diese Halunken ihr
teuflisches Spiel gewonnen."
Es war dunkel in dem Keller. Nur durch ein schmales Fenster fiel
etwas Licht in den Raum. Templin war darin eingesperrt, Gaelyn und
Joan, der echte Bürgermeister und auch Frank Carruthers, der
ebenfalls große Schwierigkeiten gehabt hatte, seine Fassung
wieder zu finden. Die Konfrontation mit den perfekten Doppelgängern
hatte bei den Gefangenen Spuren hinterlassen. In Templins Fall war
das ein Gefühl von Ekel und Wut. Er ärgerte sich, daß
er sich bis an den Rand des Todes geschunden und dennoch das Spiel
verloren hatte.
An dem Fenster wurde ein Geräusch hörbar, ein scharfes
Kratzen.
Weitere Kostenlose Bücher