PR TB 199 Die Parasiten
Wasser zog sie mit magischer Gewalt an. Hinter dem
braunhäutigen Mann knirschten und rumpelten die massiven
Scheibenräder des zweiten Wagens. Er war hoch beladen und trug
die gesamte Habe.
Als die Hufe der Pferde das Gras berührten, zog der
Häuptlingssohn an den Zügeln. Er wandte den Kopf hin und
her. Es war viel zu still. Temosaran
glaubte, den kalten Rauch eines erloschenen Feuers zu riechen. War
er auf die Reste der “Fürstenmauer" gestoßen,
die von den Ägyptern einst gebaut worden war und noch in Form
von Forts und Stützpunkten bestand? Nichts deutete darauf hin.
Mit dem Geräusch ächzender Drehlager hielt Amtaras Wagen
neben ihm. Die Pferde senkten die Köpfe und zupften gierig an
den fetten, dunkelgrünen Halmen.
“Du wirkst unruhig", sagte diejunge Frau. “Witterst
du Gefahren?"
“Wir haben zu lange Zeit niemanden gesehen. Wir sind in
einem fremden Land", antwortete er in gesteigerter Unruhe. “Ich
denke, wir sind hier nicht allein."
Er riß am Zügel und schlug mit der pfeifenden Rute zu.
Die Pferde warfen die Köpfe hoch und zogen den Wagen nach links.
Beide Tiere wieherten grell auf. Sie galoppierten an, und als die
rechte Felge über einen Stein rollte, federte der Wagen hoch und
schwang sich schwer zurück in die Lager. Rund um die beiden
Gespanne tauchten lautlos zwischen den Stämmen viele Männer
auf. Sie schwiegen und starrten die Fremden aus dunklen Augen an.
Eine Vorahnung von Tod und Gefahr ergriff den jungen Mann wie eine
eiserne Faust. Die Männer waren bewaffnet.
“Nein ... nicht das!" murmelte Temosaran und dachte
daran, daß er kein Krieger und viel zu schlecht bewaffnet war.
Die Gesichter der Männer trugen einen hungrigen und harten
Ausdruck. Ihre Augen waren ohne jedes Mitleid. Zu seinem Schrecken
erkannte Temosaran die blitzenden Blätter der Wurfspeere. Ein
eisiger Stich der Furcht senkte sich in sein Herz. Die Männer
trugen Bronzebeile und fellbeschlagene Schilde, auf denen die
Tautropfen wie wertvolle Steine funkelten und glitzerten. Dies waren
Soldaten des Pharaos. Er lächelte unsicher und hob die rechte
Hand. Die leere Handfläche wies auf die Männer.
“Wir sind aus dem Osten!" rief der Fremde mit
unsicherer Stimme.
Er hielt den Wagen an, wickelte die Zügel um das Sitzbrett
und blickte nach hinten. Amtara lief auf ihn zu und trug den Ausdruck
der Furcht in ihrem schmalen, herzförmigen Gesicht.
“Wir suchen Land", rief der junge Mann, “das wir
bebauen dürfen. Wir haben uns offen und im Frieden genähert."
Einer der Soldaten, der an den Oberarmen golden blitzende Reifen
trug, sagte mit böser Stimme einige kurze Sätze, die wie
Befehle klangen. Der Fremde verstand kein Wort, aber der Sinn entging
ihm nicht. Der Tonfall sagte ihm alles. Im Sichtschutz des Wagenkorbs
griff er langsam nach der kleinen Wurfaxt. Amtara blickte ängstlich
und verwirrt zwischen ihm und den Soldaten hin und her. “Nein!
Nicht... Bitte!" schrie sie plötzlich auf s .
Temosaran langte hinter sich und zog sie zu sich hinauf in den
Wagenkorb. Die Soldaten, etwa vierzig Männer mit sonnengegerbten
Gesichtern, bildeten schnell einen enger werdenden Kreis um die zwei
Wagen.
Der Anführer deutete zuerst auf die Pferde, dann auf Amtara
und schließlich auf den jungen Fremden. Einige Sätze in
der fremden Sprache hallten durch die läh
mende Stille des frühen Morgens. Temosaran sprang aus dem
Wagen ins Gras, legte seinen linken Arm um die Schultern des Mädchens
und hob die Axt.
Er hatte begriffen. Sie waren unerwünscht. Die Grenze blieb
undurchdringlich. Die Soldaten zwischen dem Delta und der Wüste
handelten, wie es Ihnen gefiel. Es konnte keine Rücksichtnahme
erwartet werden. Jeder Fremde war ein Feind; Feinde wurden
erbarmungslos getötet.
Temosaran zwang sich dazu, trotz seiner Furcht langsam zu
sprechen. Er rief: “Keinen Kampf! Wir sind arm! Wir sind keine
Feinde, wir..."
Hinter ihm glitt ein hochgewachsener Mann hinter dem Stamm einer
Ölpalme hervor. Der Soldat suchte mit seinen Augen den Blick des
Anführers. Als der Mann mit den goldenen Armreifen den Blick
senkte, zog der Bogenschütze die Sehne bis hinters Ohr.
Temosaran hörte ein gellendes Sausen und spürte einen
harten Schlag und einen glühenden Schmerz, der alle Gedanken
auslöschte.
Der Pfeil drang oberhalb seines Herzens wieder aus der Brust. Der
Fremde brach mit ausgebreiteten Armen auf dem Gras zusammen. Seine
Beine zuckten, seine Gedanken verwirrten sich. Die Axt rutschte aus
den kraftlosen Fingern
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