PR TB 219 Bote Des Unsterblichen
Lage schien aussichtslos.
„Nicht doch die Tasche“, murmelte er verstört. „Ihr
braucht sie nicht, nur den Inhalt.“ Mit gleitenden,
zielsicheren Handbewegungen löste er den Verschluß. Ein
Deckel aus flexiblem Material klappte in die Höhe. Tanathu zog
einen
kleinen Beutel in Plastikfolie hervor und schleuderte ihn den
Zaphooren entgegen. Sie griffen begierig danach und versuchten, die
Umhüllung aufzureißen.
„Hört auf, ihr Narren!“ schrie Ragnasuth zornig.
„Er will euch nur ablenken.“
Inzwischen hatte Tanathu ein zweites Mal in die Tasche gegriffen.
„Hier habt ihr mehr“, rief er und verstreute eine
Handvoll winziger, weißer Kugeln.
Sie zerplatzten mit mattem Knall, als sie auf den Boden prallten.
Dichter, hellgrauer Qualm stieg auf. Die Zaphooren begannen zu
husten. Inzwischen war es einigen gelungen, den Plastikbeutel zu
öffnen. Als dessen Inhalt mit der Luft in Berührung kam,
entfaltete er dieselbe Wirkung wie die kleinen Kugeln. Stickender
Qualm hüllte die Szene ein. Die Zaphooren torkelten ziellos
einher und würgten sich die Lunge aus dem Hals. Ragnasuth hatte
längst aufgehört zu schreien. Er bekam kaum noch Luft.
Tanathu war nicht mehr zu sehen. Er war mit seiner Umgebung
verschmolzen und aus dem Bannkreis der gefährlichen Gase
gehuscht. Von weither hörte man seine dröhnende Stimme.
„Ihr Narren! Zum zweiten Mal habt ihr mich hereinlegen
wollen. Ich habe es gut mit euch gemeint; aber ihr versteht Güte
nicht, selbst wenn sie euch ins Gesicht starrt. Rennt meinetwegen ins
Verderben - auf meine Hilfe braucht ihr nicht mehr zu rechnen.“
Tanathu vermied das Gebiet der Schächte und gelangte statt
dessen über eine Reihe von Rampen an den Rand des Bereichs, in
dem Ferlimor, der Anführer der Genossenschaft der Unnahbaren,
Hof hielt. Ferlimors Hauptquartier befand sich in einer riesigen,
kreisförmigen Felsenhalle, die nicht zur ursprünglichen
Ausstattung der Murcon'schen Burg gehörte, sondern mit Hilfe
großer Thermostrahler von den Freibeutern geschaffen worden
war. An den Wänden entlang lagen die Wohnhöhlen der
Unnahbaren, von der Sohle her zu erreichen über schmale,
gefährliche Fußsteige, die in Wirklichkeit Felsbänder
waren und sich zu Dutzenden spiralförmig an den Wänden
emporschraubten. Ferlimors Quartier befand sich in einem zeltartigen
Gebäude im Zentrum des Felsenkessels. Soeben war der neue
Burgtag angebrochen. Hoch unter der Decke begannen zwei Sonnenlampen
zu strahlen, die die Freibeuter - der Himmel mochte wissen, mit
welchen Mitteln - hierhergeschleppt und installiert hatten.
Tanathu erreichte den Rand des Kessels an einem Ort, der hoch über
der Talsohle unmittelbar unter der Decke lag. Der geheime Zugang, den
er vor etlichen Wochen entdeckt hatte, mündete in eine halb
verschüttete Höhle, die die Unnahbaren offenbar nicht für
bewohnbar hielten. Einer der zahlreichen Felssteige führte drei
Meter unter der Höhlenmündung vorbei. Im Notfall konnte
sich der Bote des Unsterblichen dort hinab retten. Aber er rechnete
nicht mit dem Eintreten eines solchen Falles.
Drunten, rings um das Zelt, herrschte bereits reger Betrieb.
Tanathu rechnete damit, daß Ferlimor Späher ausgeschickt
hatte, die ihn über das Herannahen der Wahren Zaphooren auf dem
laufenden hielten. Ragnasuth und seine Schar würden eine
Zeitlang mit den Nachwirkungen des Stickgases zu tun haben; ihr
Anmarsch mußte sich dadurch um mindestens einen halben Tag
verzögern. Tanathu entschied, daß ihm Zeit genug für
eine kleine Schlafpause blieb. Er war seit dreißig Stunden
ununterbrochen auf den Beinen und hatte ein wenig Ruhe verdient.
Er benützte die Umhängetasche als Kopfkissen und
bereitete sich ein Lager, so bequem es unter den vorherrschenden
Umständen ging. Dann streckte er sich aus. Vor dem Einschlafen
ließ er sich noch einmal die Ereignisse der vergangenen Wochen
durch den Kopf gehen.
Seit fast zwei Monaten Standardzeit befand er sich wieder in
Murcons Burg. Ja, er
gebrauchte den Ausdruck „wieder“, denn er war sich
seiner früheren Existenz als HorsTanathor deutlich bewußt
und erachtete sich als identisch mit jenem ersten Boten des
Unsterblichen. Das hing damit zusammen, daß der Unsterbliche
ihm Hors-Tanathors Bewußtseinsinhalt mitgegeben hatte.
Seine erste Aktivität war die Suche nach dem Robothund
Sikkim, der unter günstigen Umständen noch am Leben hätte
sein können. An den Punkten, ar> denen Sikkim Informationen
in Form winziger, kugelförmiger
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