PR TB 219 Bote Des Unsterblichen
vom unvermeidlichen
Prozeß des Alterns verschont bleiben solle.
Warrak war längst gestorben, und ein anderer hatte das Amt
des Königs übernommen, und nach ihm ein dritter. Die
Techno-Spürer sichteten unter der Leitung des Humpelnden Tantha
das Datenmaterial, das Murcon hinterlassen hatte. Dabei achtete
Tantha sorgfältig darauf, daß den Zaphooren nichts in die
Hände fiel, was sie womöglich zu eigenen Spekulationen und
Entwicklungen veranlaßt hätte.
Mächtige Räume und Hallen entlang der Peripherie der
Plattform, deren Zugänge geschickt getarnt waren, wurden
entdeckt. Sie enthielten allerlei Maschinen, die zum Bau von
Raumschiffen gebraucht wurden, und unter anderem auch eine Reihe
kleiner Gleitfahrzeuge, deren Gebrauch die Techno-Spürer rasch
erlernten und die sie von da an für Fahrten über die
Plattform verwendeten. So bedeutend und vor allen Dingen so sichtbar
waren die Erfolge, die die Bruderschaft unter Tanthas Führung
erzielte, daß keiner der Könige, die auf Warrak folgten,
das Verlangen verspürte, die Tätigkeit der Techno-Spürer
einzuschränken. Im Gegenteil, durch ihre Leistungen erwarben
sie, die noch immer zumindest nominell unter der Oberhoheit des
Königs standen, der Bruderschaft der Wahren Zaphooren
zusätzliches Ansehen.
Tantha sah die Entwicklung voraus. Die Spürer waren vor allem
daran interessiert, bemannte Raumschiffe zu entwickeln. Er hatte
ihnen nicht einreden können, daß es besser sei, zunächst
Robotfahrzeuge zu bauen. Nun, mochten sie. Noch drängte die Zeit
nicht. In hundert Jahren, schätzte er, war das erste Raumschiff
startbereit. Sie würden ihr blaues Wunder erleben, wenn sie in
den Mikrokosmos hinaus vorstießen und vermeintlich auf geradem
Kurs, jedoch stets der Raumkrümmung folgten, binnen weniger Tage
wieder an den Ausgangsort der Reise zurückkehrten. Sobald sie
ein Dutzend solcher Fehlschläge erlitten hatten, würden sie
sich an den Rat des Humpelnden Tantha erinnern, daß man
klugerweise zuerst Robotraumschiffe bauen müsse. Und falls ihnen
das nicht von selbst einfiel, dann würde Tantha zurückkehren
und sie mit einer Reihe wohlgesetzter Worte darauf aufmerksam machen.
Fürs erste jedoch mußte er in der Versenkung
verschwinden. Eine Legende begann sich um seinen Namen zu ranken:
Tantha, der Unsterbliche. Er berief eine Versammlung der
Techno-Spürer ein, deren Zahl inzwischen auf fünfundvierzig
angeschwollen war, beklagte sich über fortwährende
Müdigkeit und einen schlechten Gesundheitszustand und schlug
vor, man solle einen Nachfolger für ihn bestimmen. Der Vorschlag
wurde angenommen, der Nachfolger gewählt. Der Humpelnde Tantha
packte seine kümmerlichen Habseligkeiten zusammen und war am
nächsten Morgen verschwunden.
Jahrzehntelang durchstreifte Tantha Murcons Burg. Er war bei den
Unabhängigen Frauen ebensogern gesehen wie bei den Einäugigen,
den Freidenkern, den Wahren Zaphooren und - nicht zuletzt - bei den
Blinden, die die finsteren Kellergelasse der Burg bewohnten. Überall
hielt er sich auf, solange es ihm paßte, und stets achtete er
darauf, dieselbe Bruder- oder Genossenschaft nicht mehr als einmal in
einem Menschenalter zu besuchen. Auf diese Weise vermied er, daß
unnötige Spekulationen über seine verblüffende
Langlebigkeit angestellt wurden.
Er drang über das Reich der Blinden hinaus in die tiefsten
Tiefen der Burg vor. Er hörte das Grollen mit dem der Geist
Parlukhians, des Geschützmeisters, den Felsenkern des Asteroiden
erschütterte, und begegnete dem Gespenst Arqualovs, das
unterwegs war, um sich am seelischen Kummer irgendeiner
bedauernswerten Kreatur zu laben. Er
gelangte bis in den Vorhof der Hölle, jenen geheimnisvollen
Raum, vor dessen Toren sich die Leichen unglücklicher
Vorwitziger stapelten. Aber er unternahm nie den Versuch, eines der
Tore zu öffnen. Er ahnte, was sich dahinter verbarg. Murcon
hatte hier unten, im innersten Kern des kosmischen Felsbrockens, sein
letztes Versteck gefunden. Er lebte noch in irgendeiner Form, und der
Bote des Unsterblichen mußte danach trachten, ihm nicht zu
begegnen. Murcon durfte nicht ahnen, daß ein anderer die
Anwaltschaft für seine Burg übernommen hatte.
Wo immer der Humpelnde Tantha Zuhörer fand, da wiederholte er
seine Geschichte von dem Großen Gasthaus, in das die Nachkommen
der Freibeuter eingesperrt waren, und von dem Gastwirt, der eines
Tages erscheinen würde, um sie zu befreien und ihnen den Weg ins
Weltall hinaus zu weisen. So beharrlich sprach er
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