PR TB 244 Streiflichter Der Ewigkeit
über seine
Lippen gekommen.
Er wagte es nicht, seinen Ritter mit seinem unwichtigen Problem zu
belästigen.
3616 zeigte die Borduhr des Aufhellers, das Jahr 2& der
Kosmischen Hanse. Ein halbes Jahr waren sie bereits unterwegs, hatten
die Milchstraße hinter sich gelassen und durcheilten den
Hyperraum auf der Suche nach angenehmen Zwischenstationen. Immer
wieder kehrten sie in die Leere des Normalraums zurück, und dann
ließen die Orbiter ihre Augen nicht von den Bildschirmen, und
mancher von ihnen wurde von dumpfen Ahnungen beschlichen. Sie
starrten in die Schwärze und suchten in ihr den Zielpunkt, den
sie irgendwann erreichen würden.
»Sie wollen den Tod orten, wenn er ihnen begegnet«,
sagte Quiryleinen wiederholt, und er meinte es bitter ernst.
3. Opfer
Die Orbiter fühlten sich unglücklich. Jen Salik stellte
es ohne Unterlaß fest. Wenn er sie auf ihren Schiffen besuchte,
konnten sie es ihm nicht verheimlichen. Sie sprachen nicht darüber,
aber ihre Augen und die Gebärden teilten es ihm mit. Ihre Zahl
ging rasch zurück, und ein paar waren aus den Schiffen
verschwunden, ohne daß man es gemerkt hatte. Ihre Körper
trieben irgendwo im All.
Kommandant Quiryleinen vermittelte zwischen ihnen und ihrem
Ritter, wenn sie wieder einmal an einem Tiefpunkt angekommen waren
und keinen Sinn mehr in ihrem Leben sahen. Jetzt, dreißig Jahre
nach dem Aufbruch aus der Milchstraße, waren es nur noch
fünfzig Schiffe, die den Aufheller begleiteten. Der Rest war in
fremden Galaxien auf freundlichen Welten zurückgeblieben oder
bei Ereignissen unterwegs zugrunde gegangen. Vielfältig überzog
das Leben den Kosmos, und hier und dort gab es Berührungs- und
Schnittpunkte, kam es zu Kontakten mit Völkern und
Erscheinungsformen, die nicht jedesmal friedlich abliefen.
Einen Teil seiner Orbiter hatte Jen Salik in solchen
Auseinandersetzungen verloren.
Quiryleinen betrat die Bugzentrale des Aufhellers. Er hielt die
Fernsteuerung für einen Reparaturroboter in der Hand und näherte
sich trotz seines Raumanzugs mit leisen, vorsichtigen Schritten. In
einigem Abstand zu den Sitzen blieb er stehen und senkte den Blick.
»Mein Ritter, es ist soweit«, teilte er mit. »Wollt
Ihr mir folgen?«
Salik hatte bereits auf ihn gewartet. Er erhob sich rasch,
vergewisserte sich, daß seine Raumausrüstung in Ordnung
war, und folgte dem Kommandanten hinaus. Sie schritten den in gelben
und hellbraunen Farben gehaltenen Mittelkorridor entlang bis zur
Querverbindung mit den Seitenschleusen. Der Kommandant wandte sich
nach rechts, und der Ritter der Tiefe folgte ihm auf dem Fuß.
Sie betraten die Schleuse und verließen das Keilschiff, das
vierhundert Meter lang und vorn sechzig, hinten aber
hundertfünfundzwanzig Meter dick war. Mit Hilfe der Haftschuhe
ihrer Anzüge tasteten sie sich umständlich nach hinten, den
Triebwerkssektoren zu. Bereits fünfzig Meter hinter dem Bug
begann die fürchterliche Spur, und sie zog sich fast bis zum
Heck, endete an den Aufbauen, in denen früher die Geschütztürme
für die Anti-M-Strahler untergebracht gewesen waren. Heute
dienten sie als Lagerräume.
Einer der Aufbauten besaß nur noch die Seitenwände. In
der Mitte führte die Spur der Verwüstung hindurch. Der
ganze Sektor des Schiffes war abgeriegelt.
Die Orbiter hatten umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen getroffen.
Dicht gedrängt verharrten sie links und rechts der Schneise, und
aus den Tiefen der Zerstörung, wo kein Licht aus den vielen
Helmlampen hinfiel, drang das zurückhaltende Geflüster
einer Suchkolonne.
Jen Salik schickte sich an, zu der Metalleiter zu treten, die im
Sichtfeld seines Scheinwerfers hinab in die Tiefe führte. Sofort
aber war Quiryleinen dazwischen, und andere Orbiter der
verschiedensten Typen legten sich ihm in den Weg.
»Tut es nicht!« flehte der Kommandant über den
Helmfunk. Seine Stimme klang fast weinerlich. Voller Besorgnis
spreizte er seine Hände ab und hielt sie dem Ritter der Tiefe
entgegen. »Bleibt an Euren Platz, sie haben das Ding noch nicht
gefunden!«
Jen Salik versteifte sich unwillkürlich. Die Fürsorge
der Orbiter war gut gemeint, und er wußte, daß er sie
nicht schlimmer hätte kränken können, als sie
abzulehnen. Andererseits fühlte er sich in seinem Handeln und
seinen Entscheidungen eingeschränkt. Würde er es ihnen
erlauben, trügen sie ihn auf den Händen herum und fütterten
ihn wie ein kleines Kind, nur damit ihm nichts geschah.
»Es ist gut«, sagte er knapp und wartete. Er
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