PR TB 248 Geiseln Der Sterne
das wirklich?
Ich konnte mich an Einsatze erinnern, wo sogar mir die Haare zu Berge
gestanden hatten. Und dann Gucky. Er konnte ein rechter Heißsporn
sein -und er war, wenn man es richtig anpackte, leicht zu
provozieren. Dann waren da noch Gerslik und Ernestin, die beiden
Leibwächter. Ich hatte mir ihre Personalakte überspielen
lassen. Sie hatten von ihren Ausbildern und Vorgesetzten
hervorragende Bewertungen erhalten, waren intelligent und
reaktionsschnell; sie waren fast lebende Kampfmaschinen, egal, ob mit
oder ohne Waffe. Und trotzdem waren sie überrumpelt worden. Wenn
sie es darauf anlegten, ihren Fehler wiedergutzumachen - die Folgen
waren nicht auszudenken.
Wenn meine Befürchtungen zutrafen, dann waren die vier in
dieser Konstellation wie Pulver und Zündfunke. Und wenn einer
die Kontrolle über sich verlor - ob Gangster oder Geisel -, war
nichts mehr zu retten. Man konnte schier verrückt werden, und
was taten die Angehörigen der Sicherheitsbehörden? Sie
ermittelten, recherchierten, verfolgten Spuren, die keine waren.
Natürlich war dieser Fall brisant, hatte auch höchste
Priorität, aber was kam dabei heraus? Der Alltag der
Ermittlungsbehörden war Routine, und wie ich meine Pappenheimer
kannte, war die Steigerung von Routine »hektische Routine«,
also noch uneffektiver als der übliche Trott.
Ich beschloß, diesen Typen, die statt ihres Gehirns nur ihr
Sitzfleisch benutzten, ordentlich den Marsch zu blasen und mal mit
der Faust auf den Tisch zu hauen. Diese Bürokraten sollten
Reginald Bull kennenlernen!
Es herrschte bedruckendes Schweigen. Gucky hockte trübselig
auf dem Boden, Gerslik starrte Locher in die Luft, Ernestin lehnte an
einer Wand und
macht artistische Kunststuckchen mit ein paar Obstkernen. Ich
selbst saß am Tisch auf einem Hocker und blickte
gedankenverloren auf die Holzmaserung, als konnte sie mir die
Erleuchtung bringen.
Vor etwas mehr als zwei Stunden hatten wir unsere Mahlzeit
beendet; niemand hatte sich die Mühe gemacht, das schmutzige
Geschirr auf das Tablett zurückzustellen.
Die Luft knisterte förmlich vor Spannung, alle waren nervös.
Jeden Augenblick konnte sich der Unbekannte wieder melden und fragen,
wie ich mich entschieden hatte. Was sollte ich dann antworten?
Ich hatte versucht, mit den anderen darüber zu reden, aber
eine Diskussion war nicht aufgekommen. Sowohl Gucky als auch die
beiden Männer waren der Ansicht, daß ich diese
Entscheidung einzig und allein treffen mußte.
»Aber es geht doch auch um euer Leben!«
Mein aufrüttelnder Appell war wirkungslos verhallt.
»Sir, wir sind Ihre Leibwächter«, hatte Oman
Gerslik gesagt. »Es ist unser Job, notfalls unser Leben für
Sie zu geben. Wie kamen wir dazu, Ihnen Vorschlage zu machen oder
Ihnen einen Rat erteilen zu wollen?«
»Ihr Sterben wird sinnlos sein, denn Sie können mich
dadurch nicht retten!«
»Mag sein, aber vielleicht können wir Ihnen zur Flucht
verhelfen. Nur Sie sind wichtig!«
Ich gab auf, weil ich einsah, daß man diesen Terranern den
Selbsterhaltungstrieb förmlich wegtrainiert hatte. Sie
verstanden sich als lebende Schilde, deren einzige Aufgabe es war,
mich zu schützen. Wo andere erschreckt den Kopf einzogen, würden
sie sich ohne Zögern in die Schußbahn werfen, sofern ich
in ihrer Nähe war. Allein die Vorstellung daran war schrecklich.
Welcher Mensch konnte sich anmaßen, zu beurteilen, welches
Leben wertvoller war?
Es war müßig, in einer Situation wie dieser derartige
Überlegungen anzustellen, schließlich galt es, den eigenen
Kopf zu retten - und drei andere dazu. Aber war es wirklich die
Rettung, wenn ich der Forderung der Entführer nachkam? Welche
Gewißheit hatte ich, daß er uns tatsächlich die
Freiheit zurückgab?
Plötzlich schreckte ich aus meinen Gedanken hoch. Von der Tür
her hatte ich ein schabendes Geräusch vernommen, das in der
Stille unnatürlich laut klang; auch die anderen waren aufmerksam
geworden und hatten ihren Blick auf die massive Steinplatte
gerichtet. Jemand machte sich daran zu schaffen, aber wer? Roboter -
oder gar der Unbekannte?
Unendlich langsam schwang die Tür auf. Gucky war
aufgesprungen, und auch mich hielt es nicht mehr auf meinem Schemel.
Ernestin hatte die Kerne achtlos zu Boden fallen lassen und hatte
sich zu meiner Rechten aufgebaut, Gerslik stand in gebückter
Haltung vor mir wie ein sprungbereites Raubtier. Vier Augenpaare
hingen wie gebannt an dem schmalen Spalt und versuchten zu erkennen,
wer draußen stand. Unsere Nerven
Weitere Kostenlose Bücher