PR TB 248 Geiseln Der Sterne
in einen Tempel der alten
Indianerhochkulturen im früheren Mexiko versetzt.
Tageslicht aus schießschartenähnlichen Öffnungen
und das Leuchten von Lumineszenzlampen, die in großen Abständen
angebracht waren, schufen ein diffuses Dämmerlicht. Großflächige
Wandmalereien und prächtige Mosaiken, die gräßliche
Fabelwesen darstellten, schmückten die Wände, bunte, zu
Mustern zusammengesetzte Steinplatten ließen selbst den Boden
Mystik ausstrahlen.
In Nischen und Grotten hockten und standen Statuen; manche glichen
fratzenhaften Dämonen, andere waren Mischwesen. In der
wechselhaften Beleuchtung waren sie auf unwirkliche Art lebendig,
schienen sich zu bewegen und uns angreifen zu wollen.
Der Kleine dirigierte mich durch Klopfen auf die linke oder rechte
Schulter in die jeweilige Richtung; schon längst hatte ich in
dem Gewirr aus Gängen und Abzweigungen die Orientierung
verloren, aber der Eingeborene mußte seiner Sache sicher sein,
denn wann immer ein neuer Flur auftauchte, zögerte er keine
Sekunde, mir eine neue Anweisung zu geben.
Auch die gewaltigen mit Reliefs, Ornamenten und fremdartigen
Zeichen bedeckten Steinplatten hatten ihren Schrecken verloren,
nachdem wir wußten, daß sie uns nicht den Fluchtweg
versperrten, sondern einfach zurückschwangen wie Pendeltüren,
wenn man dagegenstieß. Robotern waren wir bisher
glücklicherweise nicht begegnet.
Vor uns gabelte sich der Flur; der Kleine bedeutete mir, geradeaus
zu gehen. Ich folgte der Anweisung und stand unvermittelt in einer
winzigen Kammer, die keinen weiteren Ausgang besaß. Schon
wollte ich mich herumwerfen und zurücklaufen, weil ich
befürchtete, daß wir doch in einen Hinterhalt gelockt
worden waren, als mir der Zwerg leicht auf den Kopf klopfte.
»Nix Angst. Gehen weiter zur Wand. Ich jetzt selbst laufen.«
Mit gemischten Gefühlen setzte ich den Eingeborenen auf den
Boden; Gerslik folgte meinem Beispiel.
»Tier jetzt auch selbst laufen.«
Gucky verzog das Gesicht, verkniff sich jedoch eine heftige
Erwiderung und kletterte umständlich von Ernestins Schultern
herunter. Unser Führer nickte befriedigt und trippelte voraus.
Mit einem schnellen Blick musterte ich den Raum, der nicht größer
als zehn, zwölf Quadratmeter war. Öffnungen unter der Decke
ließen ein paar spärliche Sonnenstrahlen herein, die das
Geviert in ein mildes Dämmerlicht tauchten. Die Wände
bestanden aus den schon bekannten Blöcken, waren aber ohne
Zierrat; es gab auch keine Nischen mit Figuren, selbst der Steinboden
war ohne Schmuck.
Der kleine Dunkelhäutige stand mit seinem Artgenossen dicht
vor der Außenwand mit den schmalen Durchbrüchen im oberen
Mauerteil. Zweifelsohne warteten die beiden auf uns.
»Was habt ihr vor?«
Das katzenköpfige Wesen bedachte mich mit einem
undefinierbaren Blick aus seinen grünen Augen.
»Nix Angst. Freunde.«
Jetzt wäre es von Vorteil gewesen, wenn Gucky seine
telepathischen Fähigkeiten hätte einsetzen können,
doch nach den Worten des Unbekannten waren es ausgerechnet diese
Eingeborenen, die uns befreit hatte, die seine Para-Fähigkeiten
neutralisierten. Ich zögerte nicht mehr länger und machte
ein paar Schritte nach vorn. Wir hatten gar keine andere Wahl, als
das zu tun, was sie sagten und verlangten; ohne sie würden wir
uns in diesem Labyrinth hoffnungslos verlaufen und wohl auch wieder
festgesetzt werden. Nach dem muffigen Gewölbe aber sehnte sich
keiner zurück.
Gemeinsam stellten wir uns neben die beiden Zwerge. Was hatten sie
vor, warum taten sie so geheimnisvoll? Gab es hier vielleicht einen
verborgenen Gang, einen getarnten Durchlaß?
Unser Führer streckte sich, holte mit seiner primitiven Axt
aus und schlug sie gegen einen Quader. Im gleichen Moment verlor ich
den Boden unter den Füßen.
Als Noel Sikoleinen erwachte, galt sein erster Blick dem
Armbandchronometer. Knapp vier Stunden hatte er geschlummert, Zeit
genug also für Rhodan und die anderen, zu einer Entscheidung zu
gelangen. Er erhob sich von der einfachen Liege, auf der er geruht
hatte und trat an
den primitiven Tisch, auf dem der Monitor stand. Mit einer
lässigen Handbewegung schaltete er die Überwachungsanlage
ein und ließ sich auf den Hocker sinken. Ein überlegenes
Lächeln umspielte den dünnlippigen Mund.
Sein Lächeln gefror, als er entdeckte, daß das Verlies
leer war. Auf welche Weise die entflohenen Geiseln das Gewölbe
verlassen hatten, war unschwer zu erraten: Die schwere Steintür
stand offen.
Der Archäologe stieß
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