PR Tefroder 03 - Die Stadt der tausend Welten
Mitfahrgelegenheit, die nie kommen würde. Rhodan glaubte, den Fremden zu ihnen hinüberschauen zu sehen. Sein durchaus menschenähnlicher Oberkörper erhob sich aus einem schalenförmigen Rumpf, aus dem vier spinnendürre Beine wuchsen. Der Fremde trug ein Tier auf seinen Schultern, eine Mischung aus Molch und Waran, blauweiße Zeichnung im sandfarbenen Schuppenkleid. Der Kopf des Tieres hing dem Fremden auf die Brust hinab. Es schien zu schlafen. Der Vierbeiner streichelte es gedankenverloren.
Beobachtete der Fremde sie?
Rhodan schüttelte unwillig den Kopf. Begann er, an Verfolgungswahn zu leiden? Er schloss die Augen. »Was für eine Waffe«, sagte er.
»Welche Waffe?«
»Die Mentale Katharsis. Stell dir das vor: Du hättest einen Feind. Du unterziehst ihn der Katharsis. Dein Feind wacht auf und freut sich, dich zu sehen: Du bist doch die, die er seit Jugendzeit geliebt hat. Oder seine verschollene Schwester. Seine Tochter, für die er immer schon alles tun wollte. Dein ärgster Feind wird dein Bruder. Dein Geliebter. Dein Vasall.«
»Und hegt keinen Zweifel.«
»Wir zweifeln sonst an allem. Aber an unseren Erinnerungen? Was sind wir, wenn nicht die Summe unserer Geschichten, das, was wir uns immerzu selbst über uns erzählen? Uns, nicht den anderen, sondern uns. In jedem Gedanken. Immer.«
»Ja«, sagte Caadil. »Ich mache mir Sorgen.«
Unwillkürlich musste Rhodan lachen. »So?«
»Die Mentale Katharsis scheint ein unvorstellbar komplexer Vorgang zu sein. Sie betrifft nicht nur die aktuell angelieferte Tributware, sondern Unzählige, die hier leben. Vielleicht alle. Ganz Airmid. Was ist, wenn die nächste Lieferung eintritt? Werden wir - wird unsere Erinnerung dann ebenfalls angepasst?«
Rhodan dachte nach. »Ich glaube nicht. Es wäre längst geschehen. Tributware muss doch stündlich, oder doch täglich eintreffen. Die Gui Col und das Konsortium erwerben ihre Ware doch in der ganzen SilberdollarGalaxis.«
»Und wenn es schon passiert wäre?«, fragte Caadil. »Wenn unsere Erinnerung schon angepasst worden wäre - würden wir es merken?«
»Ich weiß es nicht.«
»Wer bist du?«, fragte sie.
»Ich bin Perry Rhodan. Der Resident der ... «
»Kannst du das beweisen?«, unterbrach sie ihn und grinste.
Er spürte, wie sich ihm ein Hauch von Zweifel ins Bewusstsein einfädelte, eine Art Virus. Sie hatte ja recht. Könnte er so leben, immerzu mit dem Zweifel, nicht er selbst zu sein? Konnte man überhaupt ein anderer werden? Konnte man etwas tun, was ganz und gar mit der eigenen Geschichte brach? Was müsste er beispielsweise tun, um mit seiner Geschichte zu brechen? Um sich von seiner Vergangenheit frei zu fühlen?
Was hatte er noch nie getan? Was wäre neu? Würde er töten?
Er hatte getötet. Aber er hatte jede einzelne dieser Taten als gerechtfertigt in Erinnerung. Müsste er also, um sich seine Freiheit zu beweisen, ungerechtfertigt töten? Morden?
Was für sonderbare Gedankengänge der Virus in Gang setzte. Er schaute Caadil. »Lass das.«
Der fremdartige Vierbeiner auf der gegenüberliegenden Straßenseite hatte sich nicht gerührt. Den Riesenmolch hatte er abgesetzt: Das Tier öffnete immer wieder das Maul in ihre Richtung, es flehmte offenbar, witterte nach ihnen.
Jetzt hatte auch Caadil den Fremden bemerkt. Sie wies mit einem Kopfnicken auf ihn.
»Ich weiß«, sagte Rhodan.
Der Riesenmolch setzte sich mit stakenden Schritten in Bewegungen. Er kam über die Straße auf sie zu. Der Vierbeiner folgte ihm.
»Und jetzt?«, fragte Caadil.
»Jetzt warten wir ab.«
Der Riesenmolch hatte sie erreicht und schaute zu ihnen hoch. Er flehmte wieder. Gleich darauf war auch sein vierbeiniger Begleiter da. Er nahm den Molch auf und legte ihn sich über die Schulter.
Der Vierbeiner war klein, reichte Rhodan nicht bis an die Schulter. Ein Gesicht war flach, ein lippenloser Mund. Zwei gelbe Augen, deren Pupillen balkenförmig waren und quergestellt, schauten erst Caadil, dann Rhodan an.
»Mein Meister«, sagte der Fremde mit einer tiefen, wohltönenden Stimme, »Gonddo Munussaje, gepriesen sei er, ist Concierge im Hotel Zum gescheiterten Bergsteiger, von dem ihr gehört haben werdet. Nicht? Nun. Er ist immer auf der Suche nach aufschlussreichen Gästen.«
Das waranähnliche Tier flehmte erneut, wandte sich an seinen Herrn und knarrte: »Abartig. Nie gehabt. Ganz neu sind beide. Frisch und lecker.«
»Ihr gefallt Yrin«, sagte der Fremde. »Ich heiße Gaio Pancib. Ich würde mich glücklich
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