PR Tefroder 03 - Die Stadt der tausend Welten
der ihn verhörte, gab mit dem Kopf jemandem außerhalb Cha Panggus Gesichtsfeld ein Zeichen. Die Metallplatte auf seinem Plasmafundus strahlte plötzlich eine Eiseskälte aus, die kaum zu ertragen war. Panggu schrie erbost auf.
»Lügen werden nicht geduldet«, sagte der Gui Col und schlürfte wieder.
»Ich lüge nicht.«
Wieder ein Zeichen. Die Metallplatte wurde glühend heiß. Panggu schrie.
Er dachte nach. Sie hatten die Funktion des Kom-Emblems nicht erkannt, das knapp oberhalb der Gebildegrube zwischen Hals und Brust steckte. Wahrscheinlich hatten sie es für das Rangabzeichen einer fremden Macht gehalten, für Schmuck. Oder für einen Talisman. Panggu aktivierte es mit seinem Kinn.
»Ja«, meldete sich das Denggo-Hirn des Manntorpedos. Da er sich nicht akustisch gemeldet hatte, hatte das Denggo-Hirn seine Schlüsse gezogen und ließ das Kom-Emblem die Worte direkt in Cha Panggus Innenohr projizieren. Die anderen Gui Col im Raum hörten nichts.
»Hol mich hier raus«, befahl er leise.
Der Gui Col mit der Tasse lachte verdutzt.
Der Manntorpedo fuhr unter sie wie eine Furie. Das Dach platzte, die Beobachter stürzten schreiend von der Galerie zu Boden und blieben mit verrenkten Gliedern, eingerissener Gesichtsfolie, stöhnend oder stumm, im weiteren Umkreis der Pritsche liegen.
Irgendjemand, ein Gui Col auf der anderen Seite der Pritsche, den Panggu bislang nicht bemerkt hatte, feuerte mit einer schlichten Strahlenpistole auf den Manntorpedo. Gleich darauf schleuderte es den Schützen quer durch den Raum an die Wand. Seiner Gebildegrube entströmte der schwache Duft alten Metalls. Der Gui Col rührte sich nicht mehr.
Der Manntorpedo wühlte sich wie ein Meißel durch die Reste des Daches und die Wände. Bauplastik krachte und flockte. Der Torpedo drückte den Gui Col, der Panggu verhört hatte, an die Wand. Er schleuste eine kleine, kugelförmige Drohne mit mehreren Instrumentenarmen aus. Die Drohne hatte Cha Panggu Augenblicke später befreit.
Der Tributier stand auf und klopfte den Staub und die Plastikflocken von seiner Kleidung. Er schaute den Gui Col an, der an die Wand gepresst nach Luft schnappte.
»Wie heißt du?«
»Ich bin Drom Aggoch«, sagte der Gui Col.
Panggu sagte: »Erzähl mir von dir. Woher du kommst. Wie lange du schon hier bist. Erzähl mir einfach.«
Wenige Minuten später hatte Cha Panggu einen Eindruck davon gewonnen, was die Mentale Katharsis wirklich war und wie fundamental sie wirkte.
Drom Aggoch war bis in die letzte Faser seines Wesens davon überzeugt, Drom Aggoch zu ein, Militärischer Schutzbeauftragter des Sektors Stanwal gelbgelb. Nichts anderes, niemals etwas anderes gewesen. Immer schon.
Von einem Leben außerhalb Airmids wusste er nichts. Überhaupt wusste er von nichts außerhalb Airmids. Der Begriff Weltraum sagte ihm etwas. Ein großes, unbekanntes Land, gewiss. Dort befand sich die Sonne Cairpre. Dort zogen die Monde Flidhais und Donn ihre Bahn. Sonst war dort nichts. Die Behauptung, er, Cha Panggu, würde dort arbeiten, hatte Drom Aggoch für Hohn genommen. Niemand arbeitete im Weltraum.
Natürlich hatte es bereits Versuche von Wissenschaftlern der Stadt gegeben, sogar von Koryphäen der Gui Col, Raketen in den Weltraum zu schießen, auf dass die technischen Sinne ihrer Sonden Bericht erstatteten über die Lebensbedingungen dort oben. Einige Male sollte es Experimente gegeben haben, mittels Antigravgeneratoren Flugzeuge, die mit Messgeräten bestückt waren, tiefer in den Orbit vorstoßen zu lassen. Leider versagten bekanntlieh derartige Triebwerke in den höheren Schichten der Stratosphäre, spätestens aber in der Mesosphäre den Dienst und stürzten zur Oberfläche zurück.
Was all diese Sonden an Ergebnissen geliefert hatten, desillusionierte restlos: Es war kein Leben möglich dort oben. Nicht einmal die Monde, die, wie die Weltraumforscher sagten, Airmid durchaus ähnlich waren, sphärische Riesenkörper im Nichts, boten Luft zum Atmen.
Wie minimal ihre Welt ist, dachte Cha Panggu. Wie klein sie denken. Airmid ist ihr ein und alles. Schoß und Grab.
Nicht ausgeschlossen übrigens, dass es so war. Dass Aggoch auf Airmid geboren war, Nachfahr von Gui Col, die hierhin verschleppt und dabei der mentalen Reinigung unterzogen worden waren.
Aggoch lebte in einer geradezu schmerzhaft engen und selbstbezogenen Welt. Einer sternenblinden Welt. Das Leben, das die wahren Gui Col führten, die Piraten in ihren machtvollen Raumtauchern, war ihren Artgenossen
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