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PR2603-Die instabile Welt

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Titel: PR2603-Die instabile Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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nicht euch! Weil ihr davongekommen seid und weiterleben dürft! – Scher dich fort, Heatha! Ich möchte dich hier nicht mehr sehen. Ich möchte niemanden mehr sehen!«
    Tres stapfte davon, vorbei an den Krankenzimmern, hin zum Rehab-Zentrum, an das ein exotischer Blumengarten anschloss. Der Duft süßer Blüten war zu erahnen, als sie die Tür öffnete.
    »Das ist ein sehr ungewöhnliches Verhalten«, sagte Awkurow in die Stille.
    »Wir Menschenabkömmlinge haben eine sehr emotionelle Bindung an nahe Familienangehörige«, erklärte Neroverde. Auch wenn ihr ganz und gar nicht danach war: Es gehörte zu ihren Pflichten als Betreuer des Todringers, ihn über die an Bord herrschenden Sitten und das Sozialverhalten aufzuklären. »Unser ... Schlupf ist wesentlich kleiner als eurer.«
    »Ich weiß über Säuger Bescheid. Die Diabrangs, die ihre Welpen in Körperbeuteln aufziehen, sind die gefährlichsten Jäger im Inneren Orontes'. Wir haben sie ziemlich unter Kontrolle, weil ihre Vermehrungsrate gering ist und die Jungen lange Zeit benötigen, um Erfahrungen zu sammeln. Um erwachsen zu werden.«
    »Und das ist die Crux an der Sache. Wir benötigen die Familie und ein passendes soziales Umfeld, um uns aufs Leben vorzubereiten. Entsprechend sensibel reagieren wir, sobald eine uns nahestehende Person stirbt ... ich meine: in Lebensgefahr gerät.«
    »Ich halte die Reaktion dieser Frau dennoch für überzogen.«
    »Tres Alucc befindet sich in der emotionalen Phase der Vorbereitung auf den Tod ihrer Schwester«, meldete sich eine tiefe Stimme zu Wort.
    Neroverde drehte sich um. Pic Lershimon war nahe an sie herangetreten.
    Viel zu nah, ärgerte sie sich. Ich bin geschult. Ich hätte ihn bemerken müssen.
    »Darf ich vorstellen?«, fragte sie. »Arzt. Todringer Awkurow. Todringer Awkurow. Arzt.«
    »Du gehörst einer interessanten Lebensform an«, sagte Pic Lershimon ohne ein Grußwort. »Wärst du bereit, einige Untersuchungen über dich ergehen zu lassen?«
    »Wozu?«
    »Deine grünhaarige Begleiterin soll dafür sorgen, dass du dich möglichst rasch auf der CHISHOLM einlebst und sich ein gegenseitiges Verständnis zwischen unseren Kulturen entwickelt. Ich halte von derlei Mumpitz nicht allzu viel.« Der Mantar-Heiler verzog das Gesicht zu einer Art Lächeln. »Man kann zwar mithilfe xenobiologischer Wissenschaften ergründen, warum der Angehörige einer fremdartigen Zivilisation so oder so reagiert. Aber es wird niemals zu einem Begreifen der Sicht- und Handlungsweise des anderen kommen.«
    »Worauf möchtest du hinaus?«, fragte Neroverde verärgert. Der Arzt sabotierte ihre Arbeit!
    »Lass ihn reden«, meinte Awkurow. »Ich kann seinen Worten durchaus etwas abgewinnen.«
    »Für mich als Mediziner sind Emotionen weitgehend irrelevant, es sind Störfaktoren. Sie behindern die Diagnostik und sorgen für ein unberechenbares Verhalten des Patienten. Dies ist das Credo der araischen Ärzteschaft. Würden unsere Patienten Fakten als unabwendbar hinnehmen, hätten wir in unserer Arbeit wesentlich weniger Scherereien.«
    »Sprichst du mit Tres in einem ähnlichen Ton?«, fragte Neroverde mit wachsendem Zorn.
    »Keinesfalls!« Der Mantar-Heiler hob abwehrend die Hände. »Ich kenne meine Patienten gut genug, um zu wissen, wie ich mich jeweils verhalten muss. – Doch zurück zu dir, Awkurow: Ich würde dich gern studieren. Deine Reaktionen und Verhaltensweisen in bestimmten Situationen testen. Denkst du, dass du während der nächsten Tage ein wenig Zeit für mich findest?«
    »Nein, das denkt er nicht!«, mischte sich Neroverde ein. »Du kannst mir nicht weismachen, dass du unterbeschäftigt bist! Nach wie vor gibt es viele Crewmitglieder und Passagiere an Bord der CHISHOLM, die deiner Hilfe bedürfen.«
    »Ich verzichte gern auf einige Stunden Schlaf, wenn ich mich mit Awkurow auseinandersetzen darf. Wissenschaftliche Neugierde; du verstehst?«
    »Ich sagte: Nein! Er befindet sich in meiner Obhut. Du säuselst ihm die Ohren voll und erzählst von unverfänglichen Tests. Doch ich kenne eure Arbeitsmethoden viel zu gut. Reicht man einem Ara die Hand, mag es sein, dieselbe amputiert zu bekommen.«
    »Aaah; das Misstrauen der Agentin.« Pic Lershimon deutete eine Verbeugung an. »Du wurdest gut geschult, wie ich sehe. – Wie viel praktische Einsatzerfahrung kannst du aufweisen? Einen Monat? Eine Woche? Maßt du dir an, einen Mantar-Heiler wie mich zu durchschauen?« Er beugte sich weit zu Neroverde hinab. »Möchtest du mir

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