Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR2604-Die Stunde der Auguren

PR2604-Die Stunde der Auguren

Titel: PR2604-Die Stunde der Auguren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
Vom Netzwerk:
Residenz stellte das Hirn und Nervenzentrum der Liga Freier Terraner dar.
    Die Räumlichkeiten des Traktes waren durchnummeriert; diese hier trug die Nummer elf. Vor einigen Jahren hatte sich eine andere Lesart für die Elf durchgesetzt: Die Mitarbeiter nannten den Raum Eins-Eins.
    Für einen Moment schwanden Ybarri wieder die Sinne. Sie schwebte durch eine tonlose Sphäre, in der alles nach heißem Eisen stank. Sie sah alles grau in grau, skizzenhaft.
    Dann war sie wieder ganz bei sich. Sie nickte Bull dankbar zu und ließ sich in einen Sessel fallen. Bull setzte sich neben sie.
    »An die Arbeit«, sagte er.
     
    *
     
    Keine halbe Stunde später konnten sie die erste Konferenz eröffnen.
    Ybarri musterte die Mimik der Anwesenden. Für einen Augenblick verzerrte sich ihre Wahrnehmung wieder. Die Gesichter kamen ihr unbekannt vor, eine Versammlung von Flüchtlingen, alle gehetzt, ausgemergelt wie nach einem langen Abschied. Gestrandete Personen.
    Allmählich aber erkannte Ybarri in den Gesichtern Personen. Rechts neben ihr saß immer noch Bull, links neben ihr Edorta Asteasu, ihr Adjutant. Einige Plätze weiter Urs von Strattkowitz, dann die Positronikerin Camille Bernou.
    Dann zwei Plätze frei.
    Vashari Ollaron war da, Bulls Nachfolgerin als Residenz-Minister für Verteidigung, seitdem er 1463 NGZ sein Amt als Terranischer Resident angetreten hatte. Die knabenhaft anmutende Frau wirkte noch unnahbarer als sonst, wie eingesponnen in einen unsichtbaren Kokon. Neben ihr saß Attilar Leccore, der Chef des Terranischen Liga-Dienstes: klein, untersetzt, ein älterer Herr, dem die Harmlosigkeit in Person auf den Leib geschrieben schien. Und der alles andere ist als das.
    Auch Homer G. Adams war anwesend. Er erfüllte zwar als Galaktischer Rat und Direktor der Handelsorganisation Ammandul-Mehan keine offizielle Funktion mehr in der LFT, aber derzeit konnten sie sich den Luxus nicht erlauben, auf die Erfahrungen eines über 3000-Jährigen zu verzichten.
    Der nächste Platz war von jemandem besetzt, dessen Kopf auf die Arme gesunken war, die er auf dem Tisch gekreuzt hatte. Ybarri erkannte Bulls Ordonnanzleutnant Lech Hallon. Er war als Erster erschienen, wie von einer langen Reise erschöpft, und schlief laut vernehmlich tief und fest.
    Der ovale Tisch aus massivem, hellem Kirschbaumholz bot Platz für zwölf Personen. In seiner Mitte war ein handspannenweites Rund ausgespart, durch das eine Säule etwa einen halben Meter aus dem Tisch ragte. Die Säule verbreiterte sich nach oben hin und nahm die Züge eines menschlichen Gesichtes an – eines Gesichtes, das jedem Anwesenden in die Augen zu blicken schien.
    Das Gesicht mit dem leicht asiatischen Schnitt war eine der Repräsentationen von LAOTSE, der Biopositronik der Residenz. Das holografische Gesicht flackerte unstet; seine Augen blieben geschlossen.
    So hatte Ybarri das Gesicht noch nie gesehen.
    »Es bleibt leider festzustellen: Das Bombardement setzt sich fort. Aber wir haben es weitgehend im Griff«, sagte Vashari Ollaron eben. Das Sprechen schien ihr Mühe zu bereiten.
    Bull nickte und wandte sich Urs von Strattkowitz zu. »Was ist Stand der Dinge? Was wissen wir?«
    Der eher knochige als drahtige Mann rieb sich den Nacken. Der Stoff seines Hemdärmels kratzte dabei leise über die kurz geschorenen grauen Haare. Ein für ihn ganz ungewohntes Verhalten. Er verhielt sich sonst so korrekt und diskret wie nur möglich.
    Ein faustgroßer Medobot schwebte eine Armlänge hinter seinem Rücken. Die Maschine hatte dem Staatssekretär für Forschung, Wissenschaft und Innovation offenbar ein Stärkungsmittel verabreicht – eine Dosis, die hoch genug war, um eine medizinische Überwachung der Nebenwirkungen notwendig erscheinen zu lassen.
    Ein Aufputschmittel, das ihn auch motorisch antrieb.
    »Erstens«, sagte von Strattkowitz. »Unsere astrophysikalische Abteilung ist sicher, dass wir ... das gesamte Solsystem sich nicht mehr an seinem Platz in der Milchstraße befindet. Das ganze System wurde versetzt.«
    »Gründe für diese Schlussfolgerung?«, wollte Bull wissen.
    »Kein Sichtkontakt zu den Konstellationen der Galaxis. Kein direkter visueller Kontakt zu irgendwelchen Sternen. Keine Ortung. Kein Hyperfunkkontakt zu den Welten der Liga, zu den Schiffen außerhalb des Systems, zum Galaktikum und so weiter.«
    »Es könnte ein Trick sein«, vermutete Bull. »Die Laren haben etwas in der Art versucht, als sie die Milchstraße für das Hetos der Sieben annektierten. Ein

Weitere Kostenlose Bücher