PR2606-Unter dem Stahlschirm
aber nur schwach gegen den Hintergrund abhebendes Etwas.
Sie sah es fast von vorn, deshalb war es ihr nicht sofort aufgefallen. Ein Flugobjekt, schmal und lang gestreckt, und es kam näher.
Die Irmdomerin schaltete den auf Normalfrequenz justierten Helmfunk ein. »Jonas? Hörst du mich?«
Nur vage Störgeräusche kamen aus dem Empfang. So war es schon gewesen, als sie von Bord gegangen war, und daran hatte sich in den knapp fünfzehn Minuten seitdem nichts geändert.
Pifa kam heran. Ein Dutzend Meter weiter erschien Lanczkowski hinter der Rundung des Hauptrumpfs. Der Major entdeckte das anfliegende Objekt sofort und eilte im Laufschritt weiter auf die Ebene hinaus. Langsam, suchend, schaute er rundum. Nach einer halben Minute hob er die Hand, den Daumen abgespreizt.
»Also nur das eine Objekt«, erkannte Jenke.
Das Fluggerät war höchstens einen Kilometer entfernt. Es kam nicht allzu schnell näher. Im Moment gewann es sogar an Höhe, wobei für wenige Sekunden mehr von seiner Unterseite zu sehen war.
Ein Nurflügler, eine gewölbte, rechteckige Tragfläche. Die Größe war auf die Distanz schwer abzuschätzen, das Verhältnis Länge zu Breite schätzte Jenke jedoch auf zwei zu eins.
»Sieht nicht sehr bedrohlich aus«, bemerkte die Exo-Ingenieurin.
Auf der Bodenrampe der Kommandokugel erschien Marica Widengren. »Habt ihr den Segelflieger entdeckt?«, rief sie. »Jonas hat das Gebilde in der Vergrößerung. Ein fliegender Schlangenstern, sagt er.«
Für wenige Sekunden schien die Tragfläche in der Luft stillzustehen. Das bedeutete, dass sie über einen Antrieb verfügte und zweifellos gut steuerbar war. Dann kippte sie abwärts und kam nun rasch näher.
Finukuls hob die Armbrust. Jenke sah es, ging auf den Shathologen zu und drückte seine Arme sanft nach unten.
»Nichts, was missverstanden werden könnte«, sagte sie mahnend.
Der Nurflügler war in diesem Moment heran. Ein scharfes Rauschen hing in der Luft, das Geräusch der Strömung, das Flattern der Tragfläche. Nicht mehr als zwanzig Meter hoch glitt die Konstruktion über den SKARABÄUS nach Süden, stieg aber höchstens einen halben Kilometer entfernt erneut steil in die Höhe und drehte in einer Rolle auf Gegenkurs.
Jenke war sicher, in den wenigen Sekunden der größten Annäherung tatsächlich etwas wie einen Schlangenstern gesehen zu haben. Fünf schlanke Arme, die aus einer zentralen Scheibe wuchsen, und dem ganzen Gebilde an die acht Meter Durchmesser verliehen. Der Vergleich zur VAHANA war zumindest ein flüchtiger Maßstab gewesen. Die Tragfläche schätzte Jenke auf ungefähr sechs mal zwölf Meter.
Schon war das Ding wieder heran. Jenke winkelte die Arme an und hob die Handfläche in die Höhe. Was immer dieses Fluggefährt darstellte – womöglich handelte es sich um einen ferngelenkten Aufklärer –, ihre Geste der Friedfertigkeit, des Nichts-zu-verbergen-Habens, war nahezu allgemeingültig.
Da war der Schlangenstern. Jenke Schousboe versuchte Einzelheiten zu erkennen, die ihr verrieten, womit sie es zu tun hatte.
Eine grelle, blendende Lichtfülle löschte alles aus. Gurgelnd schlug sie sich die Hände vors Gesicht, aber es war zu spät. Ein grässlicher Schmerz raste ihr durch die Augen und explodierte im Gehirn.
Sie taumelte und brach in die Knie ...
... dann war nichts mehr.
*
Brutus »Lanz« Lanczkowski sah die Kommandantin stürzen, ohne dass für ihn erkennbar geworden wäre, weshalb. Er sah zugleich die rechteckige Tragfläche auf Bousset herabstoßen und dicht über ihn hinwegziehen. Der schlanke, eher leichtgewichtige Ganymedaner verlor den Boden unter den Füßen und wurde hochgerissen.
Apatous heftige Gegenwehr schien allerdings schuld daran zu sein, dass das Fluggefährt kaum an Höhe gewann und sogar in Schräglage zurücksank.
Das war der Moment, in dem Kulslin Finukuls die Armbrust in Anschlag brachte. Drei Bolzen jagten nacheinander über die Führungsschiene. Zwei Projektile verfehlten das doch recht große Ziel – Lanczkowski nahm an, dass der Favadarei einfach nur zu aufgeregt abgedrückt hatte –, der dritte Bolzen fetzte schräg von unten durch die gewölbte Tragfläche und brannte Funken sprühend und vor allem unter dichter Rauchentwicklung ab. Wahrscheinlich hätte das Geschoss explodieren sollen, aber das Pulver war wohl unsauber zusammengemischt worden.
Bousset kam dennoch frei. Aus zwei oder drei Metern Höhe fiel er zu Boden und überschlug sich mehrmals.
Schwankend, eine dünner
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