PR2609-Im Reich der Masken
des Stuhls. »Ich wollte dich sowieso aufsuchen.«
»Ich bin der Auslöser für die Effekte, die euch so sehr quälen.« Wie sehr wünschte er sich, nach dieser Offenbarung in das Gesicht seines Gegenübers schauen zu können.
Die Maske blieb starr – natürlich. Abgesehen von dem Flammenmuster, das sich leicht bewegte. »Ich habe es mir bereits gedacht.«
»Genauer gesagt werden die Effekte durch etwas ausgelöst, das ich in meinem Gesicht trage. Etwas, das sich nicht entfernen lässt. Deshalb verdecke ich es mit einer Maske. Der ungeschützte Anblick treibt Menschen in den Wahnsinn. Mein Begleiter Eroin Blitzer nennt es ein Tabu.«
Pridon tippte mit den Fingerspitzen auf den Lehnen herum. Die Hände zitterten. Ein stetes rhythmisches Tackern. »Was genau willst du von mir?«
»Ich benötige deine Hilfe. Vielleicht wird es nötig, dass ich den Palast bald verlasse, um euch zu schützen. Vorher muss ich so schnell wie möglich mit dem Konstrukteur Sholoubwa sprechen.«
»Sholoubwa«, wiederholte der Gardeleutnant langsam.
»Du sagtest, er wäre an Bord, und die Reaktion der Herzogin lässt ebenfalls darauf schließen, auch wenn sie meine Bitte um Kontakt rigoros ablehnte.«
»Sie war ...« Pridon brach ab. »Du verdienst Offenheit. Ich bin mir nicht sicher, ob du für oder gegen das Reich der Harmonie arbeitest. Der Palast wurde in diese Anomalie versetzt! Nun sind wir hier, und ich habe dir Einlass verschafft. Was, wenn du ein Agent bist? Wenn du die Not meiner Schutzflotte eiskalt ausgenutzt hast, um zum Verwaltungspalast vorzustoßen?«
»Ich versichere dir ...«
»Lass das!« Der Gardeleutnant deutete auf die Maske seines Gegenübers. »In deinem Gesicht irrlichtert es, und das setzt uns allen hart zu! Einer meiner Männer ist gestorben! Das spricht nicht gerade für dich, Alaska Saedelaere!«
»Hätte ich es dir offenbart, wenn ich euch schaden wollte?«
»Ausgerechnet in dem Moment, als sich unser Verdacht ohnehin erhärtete.« Er hustete, und etwas tropfte am unteren Rand der Maske vom Gesicht. Pridons Hand huschte hoch, um es wegzuwischen. »Mir geht es dreckig, und je länger ich bei dir sitze, umso näher komme ich dem Tod. Ich wünschte, ich könnte dir vertrauen!«
Saedelaere musste etwas tun! Wenn er den Gardeleutnant nicht davon überzeugen konnte, dass er die Wahrheit sagte, verlor er seinen wichtigsten Verbündeten an Bord des Palastes.
»Erzähl mir mehr über dieses Fragment in deinem Gesicht«, forderte Pridon.
»Ich trage es seit einem Transmitterunfall vor langer Zeit.« Das entsprach nicht ganz den Tatsachen, genügte in dieser Situation aber völlig. »Es gehört zu einem Lebewesen, das dem Volk der Cappins angehörte. Wir sind gewissermaßen miteinander verschmolzen, es ist Teil meines Gesichts geworden. Ich kann die Wirkungen des Fragments aber nicht bewusst steuern. Nur deswegen konnten wir aber in der Librationszone manövrieren und in die Anomalie eindringen.«
Plötzlich wankte Pridon auf dem Stuhl. Sein Oberkörper fiel nach vorne. Schweißperlen rannen über den Hals. Die Adern auf dem Handrücken traten stärker hervor.
»Ich muss mich von dir entfernen!«, rief Saedelaere.
»Dein Gesicht ist also der Schlüssel, um diese Anomalie wieder zu verlassen!« Pridon ächzte. »Nicht dein Schiff. Wenn wir ...« Die Worte gingen in ein Gurgeln über, das nichts Gutes verhieß.
Ebenso wenig wie die Worte: Dein Gesicht ist also der Schlüssel. Es klang, als habe der Gardeleutnant endlich gefunden, was er suchte.
Als würde Pridon ein falsches Spiel treiben und Saedelaere lediglich auf raffinierte Weise aushorchen.
Eroin Blitzer bestätigte diese bittere Vermutung. Er hielt eines seiner Kästchen in einer Hand und deutete auf Pridons Multifunktionsarmband. »Pridon steht per Funk mit einer Gegenstelle in direkter Verbindung. Wir werden abgehört.«
Saedelaere packte das Handgelenk seines Gegenübers. »Ich beschwöre dich – ich bin nicht dein Feind! Ich stehe auf der Seite der Harmonie und werde tun, was in meiner Macht steht, um dem Verwaltungspalast und deinen Schiffen das Entkommen aus der Anomalie zu ermöglichen! Ich muss nur mit dem Konstrukteur Sholoubwa sprechen, das ist alles!«
Mit zittrigen Fingern versuchte Pridon, sich aus der Umklammerung zu lösen. Wieder schüttelte ihn ein Hustenanfall. »Schickt ...«, presste er heraus. »Schickt die Roboter!«
Es war klar, dass diese Worte nicht an Saedelaere gerichtet waren, sondern an diejenigen, mit denen er über
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