PR2609-Im Reich der Masken
Strangeness berichtet. Aber das ist nur die Spitze der Probleme. Die eigentliche Schwierigkeit liegt tiefer – und das wird dir gar nicht gefallen, Alraska.«
»Rede!«
»Du selbst bist das Problem. Genauer gesagt, dein Cappinfragment. Einerseits ermöglichte es uns, den Palast zu finden, andererseits hast du damit den Tod hierher gebracht. Es wird für die Bewohner von nun an stets schwieriger werden.«
Saedelaere lehnte sich gegen die Wand. Er stand am Rand der Suite, in der Nähe der Ausgangstür. »Wie soll ich das verstehen?«
»Die Strangeness in dieser Anomalie ist weder positiv noch negativ – also ist dieser Raum im Grunde genommen weder Teil unseres Universums noch irgendeines anderen. Der Wert kann nicht angegeben werden. Es ist ›entartet‹, würde ich sagen. Was das konkret bedeutet, weiß ich nicht. Eins aber weiß ich sehr wohl.« Der Commo'Dyr ging näher zu Saedelaere. »Genau hier setzt das Problem an. Der Palast und alles und jeder, der sich darin befindet, gleichen sich langsam dieser entarteten Strangeness an. Wie es sein muss, weil es sonst eine permanente Abstoßungsreaktion gäbe. Aber daher rühren die Schmerzen nicht. Hier kommst du ins Spiel.«
»Mein ... das Fragment«, sagte der Maskenträger leise.
Eroin Blitzer deutete auf die Maske, mit einem fast anklagend ausgestreckten Zeigefinger. »Dein Tabu bricht die entartete Strangeness und wirkt sich deshalb direkt auf deine Umgebung aus. Es kämpft gegen die Entartung an, schafft die Zone der Ordnung, die uns Sicherheit verlieh. Das Tabu setzt sich aktiv gegen die Entartung zur Wehr.«
»Also reagieren die Escalianer darauf? Auf die Strahlung meines Fragments?«
»So sieht es aus.«
Also ist dieser Berater an Bord von Pridons Schiff genau genommen wegen mir gestorben. Er sprach diesen Gedanken nicht aus. »Das Unwohlsein, die Schwächeanfälle, die Kopfschmerzen ... nur wegen mir?«
»Deswegen, weil sich dein Tabu schützt und nicht verändert werden will. Die Zone der Ordnung schafft zugleich die Probleme, weil die Körper der Escalianer den hyperphysikalischen Kampf nicht ertragen, der sich in ihrer unmittelbaren Nähe abspielt.«
»Kann ich es verhindern? Diese Wesen schützen?«
»Ich weiß es nicht. Sag du es mir ... kannst du?«
Er schwieg eine Weile. Die Vorstellung, dass jeder Einzelne im Palast früher oder später wegen ihm in große Schwierigkeiten oder gar Todesnot geraten würde, entsetzte ihn. »Komm mit!«, befahl er.
»Wohin?«
Ohne ein weiteres Wort verließ Saedelaere die Suite, eilte den Korridor entlang. Ein Blick über die Schulter zurück zeigte ihm, dass der Commo'Dyr alle Kästchen wieder in seinem Anzug verschwinden ließ. Sie waren zu wertvoll, um sie unbewacht zurückzulassen.
Nach wenigen Metern entdeckte er eine grauhäutige Escalianerin, die gerade um die Ecke kam. Ihre Maske leuchtete rot wie Blut, was die Haut an Hals und Schultern, die das Kleid freiließ, noch blasser erscheinen ließ.
Er eilte zu ihr und beobachtete ihr Verhalten genau.
War sie soeben mit weit ausholenden, selbstbewussten Schritten um die Ecke gekommen, sackte sie plötzlich förmlich in sich zusammen, ging unsicher und schwankend weiter.
»Entschuldige!?«, rief er.
Sie wandte ihm ihre Maske zu.
»Wo kann ich Gardeleutnant Pridon finden?«
»Ich ... kann es dir nicht sagen.«
»Ich muss ihn dringend sprechen. Du weißt, wer ich bin?«
Die Hände der Frau verkrampften sich. »Geh noch einige Schritte, dann entdeckst du ein Terminal an der Wand. Hast du Zugang zu einem Rechner gewährt bekommen?«
»In meiner Suite.«
»Das genügt. Sprich deinen Wohnungs-Servo an.« Ihre Stimme klang matt. »Ich muss nun ...«
»Bitte, geh«, sagte Saedelaere, als sie nicht weitersprach. Wenn er noch einen Beweis gebraucht hatte, so gab es nun keinen Zweifel mehr. Die Reaktion der grauhäutigen Escalianerin sprach Bände.
Mit dem Zwergandroiden eilte er weiter. Vor dem Terminal nannte er den Namen von GRAU.
Augenblicklich aktivierte es sich. »Womit kann ich dienen?«, fragte eine geschlechts- und wesenlose Stimme.
»Ich muss mit Pridon sprechen, sofort!«
*
Sie saßen am Rand der Mulde, die sich automatisch gurgelnd mit Wasser füllte, seit Saedelaere mit seinem Gast daran vorbeigegangen war. Der Blick durch die Fensterfront zeigte nach wie vor die Hügellandschaft.
»Ich danke dir, dass du meiner Bitte sofort gefolgt bist«, sagte Saedelaere zu Gardeleutnant Pridon.
Dessen Hände krampften sich um die Lehne
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