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PR2616-Countdown für Sol

PR2616-Countdown für Sol

Titel: PR2616-Countdown für Sol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arndt Ellmer
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um das Wort zu verstehen. Aber es war da.
    »Weiter!«, flüsterte Korbinian. »Du kannst das.«
    »... Hörst ... du!«
    Die Lippen erschlafften, der Mund hing wieder einseitig nach unten.
    »Es hat sie angestrengt, sie schläft wieder«, meldete die Positronik.
    Korbinian bekam feuchte Augen. War das der Durchbruch? Seine Gefühle schwankten zwischen Hoffen und Bangen. Stradprais schubste ihn ein wenig unwirsch zur Seite und setzte die Behandlung mit der Phenube fort.
    Am nächsten Tag wirkte Lia erneut wie tot, doch zwei Tage später öffnete sie die Augen und hauchte »Lia!«.
    Stradprais hüpfte wie ein Clown um die Überlebenseinheit herum.
    Korbinian schien es, als seien die Töne des Instruments eindringlicher und klangvoller geworden.
    »Es hat mit den Schwingungen zu tun, nicht wahr?«, sagte er, als Stradprais gehen wollte. »Sie reproduziert lediglich die Schwingungen des Instruments.«
    »Dein Misstrauen betrübt mich. Wenn du den Heilerfolg als Trick ansiehst, vergeude ich hier nur meine Zeit.«
    »Nein, nein, so war das nicht gemeint.«
    »Ruf einen Arzt. Er soll Lia untersuchen. Eine Bedingung habe ich jedoch. Erwähne mich nicht. Geh diskret mit mir und meinen Fähigkeiten um. Niemand könnte das besser verstehen als du, nicht wahr?«
    »Ja, schon.«
    Korbinian schloss hastig die Wohnungstür. Was meinte der Heiler mit seinen Worten? Was wusste Stradprais über ihn und woher?
    »Servo, ruf den für diesen Wohnbezirk zuständigen Arzt an. Er soll so schnell wie möglich herkommen.«
    Es war ein echter Mediker, der zwei Stunden später vor ihm stand, mit spitz nach oben gewölbtem Kopf und über zwei Meter groß. Baulam Decc hieß er und er war ein Ara.
    »Ich habe mir die Daten deiner Schwester bereits angesehen«, sagte er. »Sie ist seit fast 53 Jahren Pflegefall.«
    »Schwerstpflegefall!« Korbinian führte den Galaktischen Mediziner in das Zimmer. Decc untersuchte Lia nach allen Regeln der Kunst, verglich die Werte mit den Speicherdaten der Positronik und schüttelte immer wieder den Kopf.
    »Das ist erstaunlich«, lautete sein Kommentar. »Absolut unerklärlich. Jahrzehntelang keine Veränderung und dann plötzlich das. Was für einen Grund hat es?«
    Korbinian zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht.«
    »Achte auf weitere Veränderungen. Sollten sie eintreten, informiere mich bitte.«
    Er bezahlte den Arzt und komplimentierte ihn hinaus.
    Korbinian raufte sich das braune Haar. Irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, das Wichtigste in seinem Leben falsch zu machen. Vielleicht lag es daran, dass er Jahrzehntelang für seine Schwester allein verantwortlich gewesen war.
    Er verbrachte die Stunden daheim und auf der Arbeit mit Nachdenken. Am nächsten Morgen erwachte er ziemlich gerädert. Er erwartete Stradprais unter der Wohnungstür. Der Heiler ließ sich nichts anmerken, er stellte keine Fragen und nahm wie immer seine Arbeit auf.
    Lias Gesicht zeigte zum ersten Mal einen Hauch von Zufriedenheit – ihre erste Mimikreaktion seit dem Brand. Ihre Lippen formten mehrere Silben. »Kor-bi-ni-an!«
    Er freute sich unbeschreiblich. »Nicht mehr lange, und du wirst wieder normal sprechen können. Überhaupt wird wieder alles so sein wie früher.«
    Nein, nicht alles, korrigierte er sich. Es würde nie mehr so sein. Der Brand hatte ihnen die Kindheit und die Jugend geraubt. Zwillinge standen sich emotional immer näher als gewöhnliche Geschwister, deshalb hatte die Bindung zwischen ihnen gehalten. Sie hatte sich sogar verstärkt, als er schließlich die Wahrheit erfahren hatte.
    Stradprais blies noch mehr Luft in den Dudelsack und entlockte der Phenube orgelnde Tonfolgen in allen möglichen Tonarten. Die Melodien hatten etwas Zwingendes, Unwiderstehliches, das sogar Korbinian trotz seines fehlenden Musikgehörs erkannte. Irgendwann setzte Stradprais mitten im Takt ab, und Lia sagte: »Danke!«
    Später, als Korbinian den Heiler hinausbegleitete, brachte er das Gespräch zum ersten Mal auf die Kosten der Behandlung.
    »Ich bin ein Heiler, ich verlange nichts«, erhielt er zur Antwort. »Kein Geld, keine materiellen Werte, nur einen Gefallen, sobald ich dich darum bitte.«
    »Einen Gefallen? Das ist nichts im Vergleich zu dem, was du leistest.«
    »Unterschätze das nicht, Korbinian Boko. Es wird etwas Anspruchsvolles sein, was ich von dir verlange. Sehr anspruchsvoll sogar ...«

6.
    13. September 1469 NGZ
     
    »Ich kann jetzt nicht aufhören«, sagte Shanda Sarmotte hastig. »Das wäre glatter

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