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PR2617-Der dunkelste aller Tage

PR2617-Der dunkelste aller Tage

Titel: PR2617-Der dunkelste aller Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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die Welt untergeht?, ging es Bull durch den Sinn.
    Tat sie das wirklich?
    Seit ein paar Tagen, seit er mit Shanda Sarmotte an Bord der Forschungsstation gekommen war, wartete Reginald Bull darauf, dass er aus diesem Albtraum aufwachte. Aber er tat es nicht.
    Trotzdem blieb das alles unwirklich. In Gedanken sah Bull sich auf die Bühne steigen und den Vorhang herunterreißen, der ihm den Blick auf die Akteure verwehrte.
    »Ich empfehle den Tamarindensirup«, sagte Ataur Singh. »Auch der Masala Chai ist ein Genuss. Der Tee wird mit Milch und Gewürzen zubereitet, Ingwer und Kardamom gehören dazu.«
    Bull griff zu. Es schmeckte wirklich vorzüglich. »Muss ich fragen, wer das angerichtet hat?«
    »Korbinian Boko«, sagte Shaveena Deb völlig überflüssig. Sie hatte sich einen Pfannkuchen genommen. »Er ist der beste Sternenkoch, den ich kenne. Ein absoluter Glücksgriff, dass wir ihn an Bord haben.«
    »Man lebt offenbar nicht schlecht in der Sonne«, sagte Bull, als der Erste Pilot ihm eine Teeschale reichen wollte. »Trotzdem: Ich trinke keinen Tee zum Sonnenuntergang!«
    Er wusste, wie makaber sich das anhörte, doch die Wirkung war durchschlagend. Die eigenartige Atmosphäre platzte wie eine Seifenblase. Singh raffte seine Utensilien auf dem Tablett zusammen.
    Sie war wieder spürbar, die unheimliche Gefahr, die das Solsystem und seine Bewohner bedrohte, die den Terranern vielleicht nicht die Heimat nahm, aber auf jeden Fall die Sonne.
    Die Schwärze in der Hologalerie erschien undurchdringlich.
     
    *
     
    Die Sonnenforschungsstation AMATERASU basierte auf der Grundzelle einer INTRALUX-Plattform. Eigentlich handelte es sich um eines der großen Einschubmodule, die für Raumschiffe der SATURN-Klasse zur Verfügung standen, wenngleich in einer komplett umgestalteten Version.
    Die AMATERASU hatte das Aussehen eines einhundertzehn Meter dicken Trapezes mit leicht gekrümmter Vorderseite. Bei einer Tiefe von vierhundert Metern verjüngte sich die Breite der Station von neunhundertundvierzig Metern im Frontbereich auf fünfhundertundzwanzig Meter am geradlinigen Heck.
    Es gab kein Überlichttriebwerk. Wozu auch? Ebenso wenig verfügte die Forschungsstation über Offensivwaffensysteme. Beansprucht wurde das weitaus größte Volumen von den Aggregaten für die extrem starken Schutzschirme, von Kraftwerksblöcken und vielfältigen Orterbatterien.
    Gemeinsam mit Shaveena Deb hatte Reginald Bull die Maschinenräume inspiziert. Zwei Stunden lang, eigentlich war das viel zu wenig, um sich auch nur einen halbwegs brauchbaren Überblick zu verschaffen. Doch was der Resident nicht unmittelbar in Augenschein genommen hatte, war ihm über die vielfältigen Kontroll- und Überwachungsnetze deutlich geworden.
    Was immer mit ihr geschehen sein mochte, die AMATERASU hatte keinen erkennbaren Schaden davongetragen.
    Sicher, einige Redundanzprotokolle lagen vor. Aber sie beleuchteten Routinevorgänge des Energiemanagements: Abfrage und Freischaltung der Zyklotraf-Ringspeicher für die Notversorgung; das Hochfahren der Daellian-Meiler mit der Reserveleistung bis an die Maximalgrenze; Bereitstellung und Anlaufen der Gravotron-Feldtriebwerke.
    Nichts davon war letztlich benötigt worden, und mit dem Ende des Alarms waren die Redundanzen sukzessive zurückgenommen worden.
    Kein Angriff war auf die Forschungsstation erfolgt, der eine erhöhte Leistung der Paratronkonverter für die Schutzschirme erfordert hätte. Die Positronik-Protokolle waren in dieser Hinsicht eindeutig. Zumindest hatte kein einziger Schuss die AMATERASU getroffen.
    »Kein Angriff«, murmelte Reginald Bull kopfschüttelnd.
    Er hatte die Holos der Außenbeobachtung um sich aufgebaut. Hatte die Suchläufe von der Zentralpositronik angefordert. Ließ zudem die Ortungsdaten einblenden.
    Es lagen keine neuen Erkenntnisse vor.
    Die Station schwebte im Nichts – wobei der Begriff des »Schwebens« subjektiv war. Es gab keine Anhaltspunkte, die eine Bewegung in Bezug auf ein anderes Objekt oder wenigstens eine Position vermittelt hätten.
    Schwärze umgab die AMATERASU.
    Die Forschungsstation war nicht in schweren Partikelschauern versunken. Wo immer sie sich befand, an diesem Ort gab es keine gewaltigen Konvektionsströme und deren tödliche Energie. Keine Granulae brodelten an der Forschungsstation vorbei und rissen sie mit sich.
    »Wir haben die Sonne verlassen«, stellte Shaveena fest.
    »Das ist aber auch nicht der normale Weltraum«, wandte Bull ein.
    ARINNA meldete sich:

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