PR2632-Die Nacht des Regenriesen
Ausgang. Er berührte die Sensortaste, das Schott glitt zur Seite. Das Licht auf dem Gang war gedämpfter als im Lagerraum.
Luna trat auf den Gang und winkte den beiden, ihm zu folgen. Alle drei hielten den Helm geschlossen. Chorvis Miravete besah sich im Gehen die Angaben auf dem Display seines Multikoms.
Margaud blickte kurz zurück. Die Hühner hatten zu picken aufgehört. Einige von ihnen waren nahe zusammengerückt. Ihr war, als ob die Tiere sie aufmerksam beobachteten. Margaud verließ den Transmitterraum als Letzte. Die Tür schloss sich hinter ihr. Sie bemerkte es mit einer gewissen Erleichterung.
»Alles in Ordnung?«, erkundigte sich Luna.
»Ja«, sagte sie. »Hattest du auch den Eindruck, die Hühner starren uns an?«
»Du meinst diese oxtornischen Kampf- und Wachhühner beim Transmitter? Raue Gesellen, was?«
»Im Ernst«, beharrte sie.
Luna zögerte kurz. »Sollen wir zurück und die Tiere untersuchen?« Er tippte vielsagend auf die Armbandmanschette des SERUNS, wo sich der Mikrotentakel mit einer Analysesonde ausfahren ließ.
»Nein«, entschied sie.
Miravete sagte: »Die Temperatur in diesem Gang liegt bei nur zwölf Grad Celsius. Das ist deutlich zu kalt. Die Luftzusammensetzung ist allerdings normal und atembar. Sauerstoffgehalt normal. Keine unbekannten Beimischungen; keine krankheitserregenden Keime. Die Lebenserhaltungssysteme funktionieren offenbar, wenn auch nicht ganz in den gewohnten Parametern. Lassen wir die Helme dennoch geschlossen?«
»Ja«, sagte Margaud.
»Aktivieren wir die Schirme?«, fragte Luna.
»Nein.«
Niemand griff sie an. Jetzt den Schirm hochzufahren hieße, wie mit einer Fackel durch die Korridore zu laufen, um auf sich aufmerksam zu machen.
Der Gang war leer. Margaud blieb kurz stehen, blickte auf ihren Multikom und betätigte eine Sensortaste. »Uhrzeit mit der Geschwindigkeit der BOMBAY in Beziehung setzen. Ich will sehen, wie nah wir der Erde sind.«
Der Erde und damit dem Moment, in dem die CASABLANCA, die LEIF ERIKSSON IV und die anderen Schiffe im Verband den Flug des EXPLORERS stoppen würden – mit allen Mitteln.
Der Gang, durch den sie sich bewegten, war leer und die Gänge, die sie bald darauf kreuzten, auch. Zweimal öffneten sie Türen, einmal auf der einen Seite des Korridors, dann auf der anderen. Beide Räume waren, obwohl sie offensichtlich als Kabine für menschliche Besatzungsmitglieder eingerichtet waren, unbewohnt.
Auch der Antigravschacht war menschenleer.
Menschenleer, aber nicht völlig leer. Margaud stellte das Visier des SERUNS scharf. In der Röhre, die von ihrem Standort nur noch dreißig oder vierzig Meter nach unten, aber eineinhalbtausend Meter hinaufführte, herrschte trübes, herabgedimmtes Licht. Vereinzelt trieben kleine Gegenstände durch den Raum: schwarze, ovale Gebilde, nicht größer als ein Taubenei. Einige schwebten nach oben; andere sanken; manche standen still. Hin und wieder waren drei oder vier von ihnen gemeinsam unterwegs, eng aneinander wie in einem Nest.
Das Gelege des Totenvogels, kam es Margaud in den Sinn.
»Was ist das?«, murmelte Luna, dessen Blick von den schwarzen Eiern zu seinem Multikom und zurück wanderte.
»Energetisch weitgehend inaktiv«, sagte Miravete. »Oder doch auf energetisch sehr niedrigem Niveau. Am Rande der Anmessbarkeit.«
»Eine unlesbare Signatur«, ergänzte Luna.
Miravete wies mit dem ausgestreckten Arm in den Schacht. »Steigen wir ein?«
»Nein«, sagte Luna und, an Margaud gewandt: »Oder hast du andere Pläne?«
Margaud schüttelte den Kopf. »Versuchen wir es mit einem der Turbolifte. Oder wir nehmen eine Nottreppe.«
Miravete nickte. »Schauen wir, was sich machen lässt.«
14 Stockwerke über ihnen befand sich der Zugang zum Zyklotraf-Ring. Der Speicher des Schiffes gab zwar nur normaldimensionierte Energie ab und diente zur kurzfristigen Abdeckung des Spitzenbedarfs, aber seine Sabotage könnte den Schiffsbetrieb wenigstens für einige Stunden erheblich stören.
Die vier Hawk-III-Linearkonverter waren für ihren kleinen Trupp vorerst außer Reichweite. Wäre das komplette Einsatzteam wie geplant an Bord gekommen, hätten sie einige TARAS zu den Konvertern geschickt mit dem Auftrag, den Antrieb lahmzulegen. So wäre wenigstens die Gefahr gebannt, dass die BOMBAY noch eine Linearraumetappe einlegte und damit sämtliche Kalkulationen entwertete.
Der Linearantrieb befand sich wie der Paratronkonverter und die Gravotron-Feldtriebwerke in Höhe des Schiffsäquators,
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