Prada Party und Prosecco - Roman
Carena anstarren, sich gegen die Stirn schlagen und verkünden sollte: »Sophie, was ist da bloß in mich gefahren? Diese üble Schlampe hat mir was in den Drink geschüttet und mich dann umgarnt, aber wie konnte ich nur, wenn ich doch dich liebe? Ich will dich, will für dich da sein, will eine gemeinsame Zukunft mit dir, und zwar für immer! Lass die Finger von mir, du Weibsstück!«
Ich wartete. Vergeblich. Carena sah mich an und griff nach dem Saum seines Jacketts. Rufus senkte den Blick wie ein Hund, den man gerade bei einer Missetat unterm Tisch ertappt hatte.
Mir blieb nichts anderes übrig. Ich zog meine Sechshundert-Pfund-Schuhe aus und schleuderte sie ihnen entgegen, so fest, wie ich nur konnte. Dann drehte ich mich um und ergriff die Flucht.
Auf dem Rücksitz des Taxis kochte ich vor Wut. Ich spürte, dass ich zitterte. Wie konnte sie nur? Wie konnte er nur? Mein hübsches Kleid kam mir vor wie ein alberner Witz. Es brodelte in mir, als ich daran zurückdachte, was ich den Mädchen beim Mittagessen erzählt hatte … dass wir, eines Tages, vielleicht … Ich schüttelte den Kopf und versuchte, das Bild aus meinen Gedanken zu vertreiben. Dann fiel mir wieder ein, dass ich Rufus’ großes Haus erwähnt hatte. War das denn möglich? War Carena vielleicht plötzlich klar geworden, dass er reicher war, als sie angenommen hatte? Nein, bestimmt nicht.
Ich musste immer wieder an Carena denken – meine beste Freundin, die mich zu meinem ersten Take-That-Konzert und zum ersten Mal in einen Nachtclub mitgenommen hatte, die mir mein erstes Glas Champagner spendiert hatte. Was sie jetzt wohl gerade tat? War sie immer noch auf der Party und nörgelte herum, weil ich völlig überreagiert hatte? Oder war es ihr peinlich? War auch sie davongelaufen und fühlte sich schrecklich, weil sie den Freund ihrer Freundin geküsst hatte? Wohl eher nicht, sinnierte ich finster. O Gott. Plötzlich hatte ich das Gefühl, mir würde gleich schlecht.
»Alles klar, Schätzchen?«, fragte der Taxifahrer mit besorgter Miene.
Tränen stiegen mir in die Augen. Mein Rufus – so witzig und sexy, mein Ein und Alles! Dieser wunderbare Mann hatte sich in nur drei Sekunden durch einen kurzen Rock und einen erstaunten Gesichtsausdruck ablenken lassen. Ich hatte eine Freundin und meinen Freund zugleich verloren. Wie konnte das Leben nur so grausam sein?
Ich hatte den Krankenwagen gar nicht bemerkt. Weil ich fast blind vor Tränen war und auch wegen der unmäßig großen Menge Alkohol, die ich in mich hineingekippt hatte, achtete ich nicht darauf, bis mir plötzlich klar wurde, dass er direkt vor unserem Haus parkte.
Blinzelnd stieg ich aus dem Taxi. Ich sah nach oben. Hinter einem der bodenlangen Fenster entdeckte ich meine Stiefmutter, in der Abenddämmerung war nur ihre reglose Silhouette zu erkennen.
Die Haustür stand offen, und ich konnte unbemerkt ins Haus eilen und die Treppe hochlaufen.
Zuerst hörte ich jemanden weinen. Das Geräusch kam von unten, also war es vermutlich Esperanza. Ich konnte einfach nicht klar denken: Was hatte das alles zu bedeuten?
Von oben waren weitaus heftigere Geräusche zu vernehmen – Rufe, raue Stimmen, Gegenstände, die hin und her geschoben wurden und gegeneinanderstießen. All das kam mir vor wie ein Traum, und ich hielt mich kurz am Geländer fest.
Zunächst konnte ich mit dem Anblick im Salon nichts anfangen. Alles wirkte wie ein Film oder eine Szene aus Emergency Room . Männer und Frauen mit grünen und gelben Neonwesten brüllten herum und warfen sich Gegenstände zu. Meine Stiefmutter stand ganz hinten beim Fenster. Und auf dem Fußboden lag mein Vater, reglos, grässlich bleich und grau im Gesicht.
»Daddy!«, rief ich. Ein oder zwei Sanitäter schauten zu mir auf. Derjenige direkt bei meinem Vater, der sich über ihn beugte und irgendetwas mit ihm anstellte, sah nicht hoch. Eine Frau mit Pferdeschwanz kam auf mich zu.
»Sind Sie Sophia?«, fragte sie.
»Sophie, um genau zu sein«, erklärte ich. Sophia nannten mich nur meine Eltern. Die Frau sah mich etwas befremdet an.
»Also gut, Sophie. Ich fürchte, Ihr Vater hatte einen schweren Herzinfarkt.«
O Gott, o Gott. Würde er etwa sterben?
Ich kniete mich auf den Fußboden, aber die Frau mit dem Pferdeschwanz zog mich sanft wieder hoch. »Es ist wohl das Beste, wenn Sie unser Team seine Arbeit machen lassen«, meinte sie. »Wir tun, was wir können.«
Ich sah meinen Vater an. Sein Gesicht hatte so eine seltsame Farbe.
»Dann tun
Weitere Kostenlose Bücher