Prada Party und Prosecco - Roman
wollte sie mich nicht mehr ansehen müssen.
»Sophie«, erklärte sie, »es gibt eine Klausel im Testament. Du musst dir deinen Lebensunterhalt selbst verdienen. Sechs Monate lang. Danach können wir die Sache neu überdenken. Er hat dich geliebt wie verrückt. Aber das war nicht immer gut für dich, und das wusste er.«
Ich wich taumelnd zurück, als hätte mir jemand einen Schlag in die Magengrube versetzt. »Was?«, stammelte ich. Das ergab doch alles keinen Sinn.
»Dein Vater … er hat versucht, alles zum Besseren zu wenden. Du musst ausziehen. Finde dich irgendwie allein zurecht. Es ist doch nur für sechs Monate!«, fügte sie flehentlich hinzu.
»Aber du kannst mich nicht wegschicken«, stammelte ich. »Du kannst mich doch nicht aus meinem eigenen Zuhause rauswerfen. Das kann Daddy unmöglich gemeint haben!«
Die Anwälte traten unruhig und verlegen auf der Stelle. Gail reichte mir das Testament, und da konnte ich es schwarz auf weiß lesen. »Für einen Zeitraum von nicht weniger als sechs Monaten wird die Begünstigte für jeden Bereich ihres Lebens selbst aufkommen …«
Gail sah noch immer sehr kleinlaut aus. »Du weißt doch, wie er war, mit seinen Ideen und seinen Plänen. Er hatte eben den Eindruck, dass du dein Leben vergeudest.«
»Aber ich hab mich doch nur amüsiert«, beteuerte ich, wirklich betroffen. Okay, ich war zu Partys gegangen und zum Lunch, und ich war oft einkaufen gewesen, aber ich dachte, dass er es gut fand, wenn ich mir damit die Zeit vertrieb. Jedes Mal, wenn er angedeutet hatte, ich solle härter an meiner Karriere arbeiten, dachte ich, das sei indirekt nur Gail, die fies zu mir war.
»Kann ich denn nicht hierbleiben?«, fragte ich, während mir die Tränen in die Augen schossen.
Gail schüttelte den Kopf. »Natürlich könnte ich Miete von dir verlangen. Aber dein Zimmer allein würde in dieser Gegend schon etwa zweitausend Pfund im Monat einbringen. Plus Nebenkosten und Verpflegung.«
Ich sah sie an. »Aber das musst du doch nicht, oder, Gail? Du wirst mich doch nicht aus meinem eigenen Haus werfen, jetzt, wo ich keine Eltern mehr habe?«
Es gab eine lange Pause, und ich versuchte, nicht daran zu denken, wie oft ich mich ihr gegenüber schlecht benommen hatte. Sie warf ihrem Anwalt wieder einen Blick zu. »Sophie, es tut mir leid. Wirklich. Aber … ich war mit deinem Dad einer Meinung. Du bist fünfundzwanzig Jahre alt und immer noch auf andere angewiesen. So wirst du nicht erwachsen. Du kannst ja noch nicht mal die Waschmaschine einschalten oder dir einen Kaffee kochen. Ich denke … ich denke, dieses halbe Jahr ist genau das, was du brauchst.«
Ich sah hilfesuchend zu Leonard hinüber, der aber lächelte mich nur traurig an und schüttelte den Kopf.
»Natürlich hast du genügend Zeit, um dich nach einer Bleibe umzusehen und wieder in deinen alten Job einzusteigen …«
Ich war mir nicht sicher, ob ich meinen alten Job überhaupt noch hatte, denn ich war seit Wochen nicht mehr im Studio aufgekreuzt. Und was hätte es mir auch genützt, da es doch kaum Geld dafür gab?
Noch immer fassungslos taumelte ich die Treppe hoch, dann rief ich Esperanza unten in der Küche an.
»Esperanza, könntest du mir bitte einen Latte mit fettarmer Sojamilch hochbringen?«
In der Leitung herrschte lange Schweigen.
»Bitte?«, wiederholte ich.
Erneut eine Pause. Und dann: »Es tut mir leid, Miss Sophie. Ich habe Anweisungen, nichts mehr für Sie zu tun.«
»Was soll das denn heißen?«
»Ihre Mutter … sie hat gesagt, keinen Kaffee mehr, nichts zu essen, und ich soll auch nicht in Ihrem Zimmer putzen.«
»Du machst Witze .«
Plötzlich wurde mir klar, dass ich mich diesmal nicht herausreden konnte. Auf einmal ging’s ums Ganze. Das alles passierte wirklich und wahrhaftig. Und ich hatte es niemand anderem zu verdanken als mir selbst.
Kapitel sechs
S chließlich trieb mich der Hunger hinunter in die Küche. In dem riesigen, tadellos aufgeräumten Raum fand ich nichts weiter vor als eine Zeitung auf dem Tisch.
Ich warf einen Blick darauf. Es war eine Ausgabe von Loot . Mit voller Absicht auf der Seite mit den Wohnungsanzeigen aufgeschlagen. Gut. Zaghaft griff ich danach und dachte reumütig an das Haus von Carenas Eltern. Die hatten nämlich eine ganze Etage für Gäste. Natürlich wohnte sie selbst jetzt nicht mehr dort – sie hatte ein schickes Apartment in South Ken –, und das Haus stand die Hälfte der Zeit leer. Es hätte sie also nicht gestört … aber das war
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