Prada Party und Prosecco - Roman
wäre früher darauf gekommen. Nicht, dass ich meine Juwelen verkauft hätte. Meinen Schmuck hatte mir mein Vater persönlich geschenkt. Wir hatten alles zusammen ausgesucht. Das waren ganz besondere Schätze, und sie standen für spezielle Momente, für ihn und mich. Dieser Schmuck war alles, was mir von ihm geblieben war.
»Was ist mit den Sachen, die mir gehören?«, wollte ich wissen.
»Im Moment darfst du nichts mitnehmen, was von der Hausratversicherung abgedeckt wird«, erklärte sie. Ich nahm mal an, das schloss all meinen Schmuck und die Handtaschen ein. Dann sah sie auf. »Es kommt aber garantiert nichts weg, alles wartet hier auf dich, Sophie.«
Ich seufzte schwer. »Kann ich denn wenigstens, na, du weißt schon, ein bisschen Wäsche zum Wechseln mitnehmen?«
»Natürlich, natürlich, es geht nur um die Versicherung …«
»Das ist schon okay«, verkündete ich heiter und hielt die Zeitung hoch. »Von den infrage kommenden Wohnungen haben ja auch nicht alle Ankleidezimmer und einen begehbaren Schrank.«
Also durchforstete ich Webseiten und rief bei Immobilienmaklern an, und ganz am Ende, als ich bereits in Erwägung zog, diesem Orden mit dem wirklich schönen Kloster in Chelsea beizutreten – schlimmer konnte mein Liebesleben ohnehin nicht mehr werden –, da hatte ich schließlich eine männliche Stimme an der Strippe. Und sie klang zerstreut.
»Ich rufe wegen des Zimmers an«, erklärte ich und versuchte, fröhlich zu klingen, wenn auch nicht nervig fröhlich, freundlich, aber nicht neugierig, und sehr, sehr ordentlich, mit einer vernünftigen, aber nicht übertriebenen Toleranz Katzen gegenüber (nur für den Fall), und das alles in nur sechs Worten.
»Ach ja?«
Er sagte nicht augenblicklich: »Ist schon weg«, das war also bereits ein Fortschritt.
»Ich rauche nicht oder so … hm, und ich bin eine ziemlich angenehme Mitbewohnerin.« Allerdings dachte ich bei mir, dass man lieber nicht Gail und Esperanza fragen sollte, die einzigen anderen Personen in meinem aktuellen Haushalt.
»Also, könnte ich mal vorbeikommen und es mir ansehen?«
Einen Moment herrschte Schweigen, und ich spannte jeden einzelnen Nerv an, während ich abwartete, ob ich den Telefontest bestanden hatte.
»Ja, okay.«
Er gab mir eine Adresse in Southwark. In der Gegend war ich noch nie gewesen.
»Kann ich sofort vorbeischauen?« Ich versuchte, mir meine Verzweiflung nicht allzu sehr anmerken zu lassen, obwohl der Satz »Kann ich sofort vorbeischauen?« nicht gerade so klang, als hätte ich tausend coole Wohnungsangebote und würde jetzt abwägen, welches ich annehmen sollte.
»Ja, okay.«
Gut, ich war nicht so eine eingebildete, verwöhnte kleine Zicke, dass ich noch nie ein öffentliches Verkehrsmittel benutzt hatte, aber ich fühlte mich trotzdem wie ein Idiot, als ich etwa neun Stunden für mein U -Bahn-Ticket anstand, bis mir schließlich jemand erklärte, dass es in der Old Kent Road, wo ich hinmusste, gar keine U -Bahn-Station gab und ich bis Elephant fahren und dann sehen musste, wie ich von dort aus weiterkam. Juchu! Und wie viel wollten die noch mal für ein Ticket? Ein Mietwagen konnte sicher auch nicht viel teurer sein.
Ich war ziemlich stolz auf mich, als ich an der Station Elephant auf die Straße trat, fand dort aber einen riesigen und völlig unübersichtlichen Kreisverkehr vor. War ich etwa auf der Autobahn gelandet? Mir wurde sofort klar, dass es hier nicht weiterhelfen würde, so zu tun, als ob ich mich auskannte. Ich war auf fremde Hilfe angewiesen. Die Leute rauschten mit Einkaufstüten, ihren Sprösslingen und Fahrrädern an mir vorbei, verschwanden blitzartig in Unterführungen oder stiegen Treppen hinauf, die wer weiß wohin führten. An einer Ecke stand ein großes rotes Gebäude, das irgendwie Furcht einflößend aussah, wie eine Art Kinderknast, und der Verkehr brauste mit tausend Stundenkilometern vorbei.
»Entschuldigung?«
Eine junge Frau eilte, beladen mit den Tüten eines Großeinkaufs, an mir vorbei und blieb nicht stehen. Na toll. Ich versuchte es mit jemand anderem, einer etwas älteren Dame. Die starrte mich nur an und ließ dann – vermutlich auf Polnisch – einen Wortschwall auf mich niedergehen, der nach: »Geh weg, du dummes Mädchen, und lass mich mit deinen albernen Fragen nach irgendwelchen Straßen in Ruhe, über die ich nichts weiß« klang. Oder so was in der Art.
Eine Gang kleiner Jungen näherte sich auf ihren Fahrrädern und beäugte mich neugierig.
»Hey,
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