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Prada Party und Prosecco - Roman

Prada Party und Prosecco - Roman

Titel: Prada Party und Prosecco - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Colgan
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so forsch, wie ich nur konnte, also nicht sonderlich forsch.
    »Morgen!«, erwiderte James mit einem kecken Zwinker-zwinker-wie-war-die-Briefmarkensammlung-denn-so-Tonfall. Wie er je aus den Fünfzigern in unsere Zeit gelangen konnte, war mir wirklich ein Rätsel.
    »Hey«, sagte Cal.
    Ich versuchte, dieses Hey zu analysieren. War das ein sexy »Hey, was geht ab?«-Hey? Oder ein »Hey, wer warst du noch mal, keine Sorge, ich bin gar nicht so nervös«-Hey? Oder war das ein »Ich bin noch völlig ausgelaugt, weil ich letzte Nacht mit dir Sachen gemacht habe, für die man in mehreren südamerikanischen Staaten in den Knast geht, deshalb lass uns die Unterhaltung auf ein Minimum beschränken, bis wir wenigstens eine Tasse Kaffee getrunken haben«-Hey?
    »Hey«, gab ich zurück. Ich sah ein wenig hilflos zum Kessel hinüber. Plötzlich herrschte Stille.
    »Hm. Tee?«, fragte ich. Die anderen nickten.
    Wir brüteten schweigend vor uns hin, bis das Wasser kochte. Das dauerte etwa neun drei viertel Stunden.
    »So«, meinte James schließlich, »und was habt ihr zwei heute noch so vor? Hm, aber vielleicht wollt ihr darauf lieber keine Antwort geben!«
    Cal sah verlegen aus. »Äh, na ja, ich hab da … hm, ein paar Sachen zu erledigen.«
    Ach du meine Güte! Keine Sorge, Cal, die Message war klar und deutlich, als du aus dem Zimmer geschlichen bist, ohne mich zu wecken. Aber, na ja, danke .
    »Ich auch«, verkündete ich. Und das hatte ich wirklich. Meinen Anwalt anrufen, zum Beispiel. Ich fühlte mich zwar wie ein frisch ausgegrabener Zombie, aber das konnte nicht eine Sekunde länger warten. Anwälte haben sowieso kein Problem damit, am Sonntag zu arbeiten – sie sind allergisch gegen Weihwasser.
    Plötzlich sah Cal unglaublich verzagt aus, beinahe verlegen. Die Teetasse in meiner zittrigen Hand stand ich auf.
    »Hm, Sophie …«, begann er. O Gott, jetzt kam’s. Die Unterhaltung. Als Nächstes würde er sagen: »Kann ich mal kurz mit dir reden?« Und dann würde er mir höflich erklären, dass er meinte, es wäre wohl keine so gute Idee gewesen, blablabla, und ich würde zustimmen, natürlich, aber es wäre immer noch ärgerlich, weil er zuerst damit angekommen war.
    »Ich würde ja gerne ein wenig mit dir plaudern, Cal, aber ich bin wirklich ziemlich beschäftigt … Schick mir doch eine Mail oder so!«
    Damit wollte ich mich natürlich ganz offensichtlich rausreden; da wir im selben Haus wohnten, hatte er selbstverständlich meine E -Mail-Adresse nicht, und außerdem hatte ich auch gar keinen Computer mehr. Einen Moment lang sah er erstaunt und verwirrt aus.
    »Na ja, dann will ich mal«, verkündete ich mit einer albernen Stimme, die mich wie eine etwas überdrehte Pastorin klingen ließ.
    Cal öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Dann bemerkte er ein wenig kleinlaut: »Hm, okay … wir reden später.«
    »Sicher«, bekräftigte ich fröhlich.
    Ich weiß, dass ich selbstsüchtig bin. Meine Stiefmutter hat das immer wieder gern erwähnt, Carena behauptete es jedes Mal, wenn ich mir ihr Lipgloss ausborgen wollte, und mein Vater verewigte es sogar für die Nachwelt in seinem Testament.
    Also beschloss ich, das einmal zu meinem Vorteil zu nutzen, und verbrauchte das ganze heiße Wasser, bis zum letzten Tropfen. Ich blieb unter der Dusche, bis sämtliche Lagen Schweiß und Sex und Tanzen und Schmutz endlich von mir abgewaschen waren. So sehr ich mich auch bemühte, ich fühlte mich in dieser Wohnung nie richtig sauber. Dafür gab es in den Wasserrohren einfach zu viele Kalkablagerungen, und es gab zu viele Ritzen in den Wänden, die jemand notdürftig mit Zeitungspapier zugestopft hatte. Und außerdem war ich als Putze auch nicht besonders gut.
    Sobald ich auf der Straße stand, rief ich Gail auf dem Handy an und zu Hause. Nichts. Wo steckte die bloß? Was war los? Und wo war Esperanza? Wenn Gail sich was Größeres zugelegt hatte – vielleicht mit dem Erlös aus ein paar Aktien meines Vaters –, warum hatte sie mir dann nicht Bescheid gesagt? Und wenn sie Sachen stahl – aber das ergab doch überhaupt keinen Sinn. Ich meine, ich war gemein zu Gail gewesen, aber ich weiß, dass mein Vater sie geliebt hatte. Warum ging sie nicht ans Telefon? Warum?
    Ich beschloss, bei Onkel Leonard vorbeizuschauen, Dads altem Anwalt. Er hatte sicher einen Rat für mich. Er war der beste Freund meines Vaters gewesen und konnte mir bestimmt sagen, was zu tun war. Aber wieso hatte er mich nicht schon längst angerufen? Nein, so durfte

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