Prada, Pumps und Babypuder
gestresst ist, weil er gleichzeitig in Amsterdam und München neue Büros eröffnet. Luke war die ganze Woche weg und ist erst gestern Abend völlig erledigt nach Hause gekommen.
Außerdem ist der Arztwechsel nicht das einzige heikle Thema, das ich mit ihm besprechen muss. Der Mercedes hat eine winzig kleine Schramme abbekommen (was nicht meine Schuld war, sondern die von so einem blöden Poller), und ich möchte gerne, dass Luke mir aus Mailand zwei Paar Miu-Miu-Schuhe mitbringt.
Es ist Samstagmorgen, ich sitze im Arbeitszimmer und sehe mir auf dem Laptop meinen Kontostand an. Das Onlinebanking habe ich erst vor ein paar Monaten entdeckt – das hat ja so viele Vorteile! Man kann es zum Beispiel zu jeder Tages- und Nachtzeit machen. Und es werden einem keine Kontoauszüge mehr nach Hause geschickt, also sieht niemand (zum Beispiel auch kein Ehemann) die Auszüge in der Wohnung herumliegen.
»Becky, meine Mutter hat geschrieben.« Luke kommt mit einem Brief und einer Tasse Kaffee in der Hand herein. »Viele Grüße.«
»Deine Mutter?« Ich versuche, mir den Schreck nicht anmerken zu lassen. »Elinor? Was will sie denn?«
Luke hat zwei Mütter. Seine liebe und herzliche Stiefmutter Annabel lebt mit seinem Vater in Devon. Wir haben sie erst letzten Monat besucht. Und dann seine biologische Mutter Elinor, die Eiskönigin persönlich. Sie lebt in Amerika und hat ihn bei seinem Vater in England zurückgelassen, als Luke noch ein kleines Baby war. Ich finde, sie gehört exkommuniziert.
»Sie reist mit ihrer Kunstsammlung durch Europa.«
»Wieso das denn?«, frage ich rundheraus. Vor meinem inneren Auge sehe ich Elinor in einem Zugabteil sitzen, ein paar Gemälde unter den Arm geklemmt – und das passt irgendwie so gar nicht zu ihr.
»Die Sammlung ist im Moment in den Uffizien zu sehen und wird danach in eine Galerie in Paris –« Luke bricht ab. »Becky, du hast doch nicht gedacht, dass sie ihre Kunstsammlung mit in den Urlaub nimmt, oder?«
»Natürlich nicht«, sage ich würdevoll. »Ich wusste genau, was du meinst.«
»Wie dem auch sei, sie kommt dann auch nach London und möchte uns treffen.«
»Luke, ich dachte, du kannst deine Mutter nicht leiden? Ich dachte, du wolltest sie nie Wiedersehen?«
»Ach, Becky.« Luke runzelt die Stirn. »Sie ist immerhin die Großmutter unseres Kindes. Wir können sie nicht komplett ausschließen.«
Doch, das können wir – würde ich jetzt am liebsten antworten. Aber ich nehme an, dass Luke Recht hat. Das Kind wird ihr erstes Enkelkind sein, und es ist blutsverwandt.
Oje, was machen wir nur, wenn das Kind so wird wie Elinor? Ich kann mir direkt vorstellen, wie mein Baby in einem cremefarbenen Chanel-Kostüm im Buggy sitzt und sagt: »Mutter, dein Outfit sieht schäbig aus.«
Luke unterbricht meine Gedanken. »Was machst du denn da?«, fragt er. Erst jetzt merke ich, dass er direkt auf mich – und meinen Laptop – zukommt.
»Nichts!«, sage ich schnell. »Das ist nur mein Konto…« Ich klicke auf ›Fenster schließen‹, aber es tut sich nichts. Abgestürzt. Mist.
»Ist irgendwas?«, fragt Luke.
»Nein, nein!« Jetzt werde ich doch ein bisschen panisch. »Ich schalte einfach das ganze Ding ab!« Ich reiße das Stromkabel aus dem Laptop – aber der Bildschirm ist immer noch erleuchtet. Der blöde Akku ist voll, und da steht mein Kontostand. Schwarz auf weiß.
Und Luke kommt immer näher. Ich weiß wirklich nicht, ob er das hier sehen sollte.
»Lass mich doch mal«, sagt Luke. »Bist du auf der Website der Bank?«
»Äh… irgendwie schon. Ehrlich, du brauchst mir nicht zu helfen…« Ich stehe auf und stelle mich vor den Laptop, aber Luke sieht um mich herum. Er starrt einen Augenblick ungläubig auf den Bildschirm.
»Becky, steht da First Cooperative Bank of Namibia ?«
»Äh… ja.« Ich versuche, ganz sachlich zu klingen. »Da habe ich ein kleines Girokonto.«
»In Namibia?«
»Die haben mir gemailt und sehr gute Konditionen geboten«, verteidige ich mich. »Das konnte ich mir nicht entgehen lassen.«
»Beantwortest du eigentlich jeden Spam, Becky?« Luke sieht mich fassungslos an. »Hast du etwa auch ein paar nette Viagra-Ersatzmittel bestellt?«
War ja klar, dass er meine clevere Entscheidung nicht verstehen würde.
»Reg dich doch nicht so auf«, sage ich. »Das ist halb so wild. Die Welt ist globalisiert, das weißt du doch. Die alten Grenzen sind verschwunden. Wenn es in Bangladesh gute Konditionen gibt…«
» Bangladesh?«
»Oh… also…
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