Prada, Pumps und Babypuder
noch mal das Kinderzimmer, bevor ich gehe?«, fragt sie mit hoher Stimme.
Sie scheucht mich geradezu durch den Flur ins Gästezimmer, das wir Kinderzimmer nennen, auch wenn wir bis zur Geburt längst ausgezogen sind.
»Also.« Suze schließt die Tür und starrt mich an.
»Was?«, frage ich, als ob ich nicht wüsste, was sie meint.
»Ist das normal? Mal eben in der Wohnung des Ex vorbeizuschauen und den ganzen Abend zu bleiben?«
»Natürlich. Warum sollten sie sich nicht unterhalten? Sie haben sich lange nicht gesehen.«
»Aber allein? Und dazu Wein trinken?« Suze spricht das Wort aus, als ob sie gegen ein Teufelszeug predigt.
»Suze, sie sind Freunde! Alte… gute… platonische… Freunde.«
Stille.
»Okay, Bex«, sagt Suze schließlich und hebt abwehrend die Hände. »Wenn du dir da so sicher bist.«
»Ja, bin ich! Total vollkommen 100 Prozent sicher…« Während ich das sage, knibbele ich an einem Christian-Dior-Flaschenwärmer herum. Ich mache immer wieder den Deckel auf und zu, als hätte ich eine Neurose. Suze wandert derweil durchs Zimmer und betrachtet ein Wollschaf, das in einem Bastkorb voller Spielsachen liegt. Wir sagen beide nichts, wir sehen uns nicht einmal an.
»Na ja, jedenfalls…«, sage ich schließlich.
»Jedenfalls was?«
Ich schlucke, denn ich will es nicht zugeben. »Na ja.« Ich versuche, gleichmütig zu klingen. »Was wäre denn… rein hypothetisch… wenn ich nicht vollkommen sicher wäre?«
Suze sieht mich forschend an. »Ist sie hübsch?« Sie klingt ziemlich abgeklärt.
»Nein. Sie ist umwerfend schön. Sie hat glänzende rote Haare und bezaubernde grüne Augen und unglaublich straffe Arme…«
»Die Schnepfe«, sagt Suze automatisch.
»Und sie ist unheimlich klug, und sie trägt tolle Klamotten, und Luke mag sie wirklich gern…« Je mehr ich sage, desto unsicherer werde ich.
»Luke liebt dich!«, unterbricht mich Suze. »Bex, du bist seine Frau. Du bist diejenige, die er auserwählt hat. Sie ist diejenige, die er zurückgewiesen hat.«
Ich fühle mich schon besser. »Zurückgewiesen« klingt richtig gut.
»Das heißt natürlich nicht, dass sie ihn nicht mehr will.« Suze geht auf und ab und drückt das Wollschaf in der Hand herum. »Es gibt mehrere Möglichkeiten. Erstens: Sie ist wirklich nur eine Freundin, und es gibt keinen Grund zur Sorge.«
»Genau«, nicke ich.
»Zweitens: Sie ist heute Abend vorbeigekommen, um die Lage zu sondieren. Drittens: Sie ist immer noch hinter ihm her. Viertens…« Sie bricht ab.
»Was ist viertens?«, frage ich voller Angst.
»Es gibt kein viertens. Es muss zweitens sein«, beeilt sich Suze zu sagen. »Sie war da, um die Lage zu sondieren. Es geht ums Territorium, sie wollte sein Zuhause kennenlernen.«
»Aber… was heißt das für mich?«
»Du lässt sie wissen, dass du ihr auf den Fersen bist.« Suze hebt vielsagend die Augenbrauen. »Von Frau zu Frau.«
Von Frau zu Frau? Seit wann ist Suze denn so welterfahren? Sie hört sich an, als ob sie einem Film Noir entsprungen ist und jeden Moment kennerhaft an einer Zigarette ziehen wird.
»Wann siehst du sie wieder?«, fragt sie.
»Nächsten Freitag. Da habe ich den nächsten Termin.«
»Okay.« Suze klingt entschlossen. »Dann gehst du da rein und steckst die Grenzen ab.«
»Die Grenzen abstecken?«, frage ich unsicher nach. »Wie geht das denn?« Ich glaube nicht, dass ich in meinem Leben schon mal Grenzen abgesteckt habe. Außer vielleicht einmal, in Verteidigung dieser Stiefel im Ausverkauf bei Barneys.
»Du musst subtile Signale aussenden«, sagt Suze. »Ihr deutlich machen, dass Luke zu dir gehört. Leg ihm den Arm um die Schulter… erzähl von eurem schönen Leben… Lösch jeden kleinsten Funken Hoffnung, den sie haben könnte. Und du musst toll aussehen. Aber man darf nicht sehen, dass dich dieses Aussehen Mühe gekostet hat.«
Subtile Signale. Unser schönes Leben. Toll aussehen. Das kann ich.
»Wie steht denn Luke übrigens zu dem Baby?«, fragt Suze beiläufig. »Freut er sich?«
»Ja, ich glaube schon. Warum?«
»Ach, nichts weiter.« Sie zuckt die Schultern. »Ich habe gerade einen Artikel gelesen, dass es Männern manchmal schwerfällt, Vater zu werden. Und dann fangen sie anscheinend oft eine Affäre an, um den Druck abzubauen.«
»Oft?«, frage ich nach. »Wie oft?«
»Äh… in der Hälfte der Fälle?«
»In der Hälfte ?«
»Ich meinte… zehn Prozent«, sagt Suze schnell. »Ich kann mich nicht genau erinnern, was da stand. Und bei Luke ist
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