Prada, Pumps und Babypuder
besonders mit den Kindern…«
Suze hat ein Problem: Sie will nie gemein sein. Darum redet sie immer erst mal davon, wie lieb die Leute im Grunde eigentlich sind.
»Aber…«, helfe ich nach.
»Sie ist so schrecklich perfekt!« Endlich sieht Suze hoch. Ihre Wangen sind gerötet. »Wenn ich mit ihr zusammen bin, komme ich mir immer wie eine komplette Versagerin vor, besonders wenn wir mit den Kids unterwegs sind. Sie hat immer irgendein selbst gemachtes Risotto dabei oder so was, und ihre Kinder essen es. Sie sind nie ungezogen, und sie sind so klug…«
»Deine Kinder sind auch klug!«, sage ich.
»Lulus Kinder lesen Harry Potter!« Suze klingt verzweifelt. »Und Ernie kann noch nicht einmal richtig sprechen, geschweige denn lesen. Jetzt mal abgesehen von den deutschen Sätzen aus Wagneropern. Und Lulu fragt mich immer, ob ich ihm während der Schwangerschaft Mozart vorgespielt habe, und ich habe schon an Nachhilfe gedacht, und ich fühle mich einfach so unzulänglich…«
Ich werde richtig wütend. Wie kann es jemand wagen, Suze so zu behandeln?
»Suze, du bist eine supertolle Mutter!«, sage ich. »Und Lulu ist eine dumme Ziege. Fand ich von Anfang an. Hör nicht auf sie. Und lies ihr blödes Kochbuch nicht!« Ich lege Suze einen Arm um die Schulter und drücke sie fest. »Wenn du dich schon unzulänglich fühlst, wie soll ich mich dann erst fühlen? Ich kann noch nicht mal Kinderreime!«
»Guten Tag!« Plötzlich hören wir durch einen Verstärker laut Lulus Stimme. Sie sitzt auf einem Podest, ihr gegenüber eine Frau in pinkfarbenem Kostüm, umringt von einem kleinen Publikum. Zwei ihrer Kinder sitzen auf Lulus Schoß, und hinter ihr hängen große Poster des Kochbuchs mit dem Schriftzug: Signierte Exemplare hier erhältlich.
»Viele Eltern sind einfach nur faul, wenn es ums Kochen und um die Ernährung ihrer Kinder geht«, sagt Lulu mit einem mitleidigen Lächeln um den Mund. »Meiner Erfahrung nach mögen alle Kinder Avocados, Fisch und selbst gemachte Polenta.«
Suze und ich sehen uns an.
»Ich muss die Zwillinge füttern. Ich gehe mal in die Stillecke.«
»Mach das doch hier!« Ich protestiere. »Es gibt doch Hochstühle…«
»Nein.« Sie schüttelt den Kopf. »Nicht mit Lulu in der Nähe. Ich habe gekaufte Gläschen mitgebracht. Die soll sie auf keinen Fall sehen.«
»Soll ich dir helfen?«, biete ich an.
»Nein, schon gut.« Sie sieht auf meinen gefüllten Kinderwagen, aus dem die Schaukelpferde, das Planschbecken und der Riesenteddy hervorlugen. »Bex, geh doch einfach noch mal rum und guck nach der Grundausstattung. Weißt du, die Sachen, die du wirklich brauchst.«
»Ja, klar.« Ich nicke. »Gute Idee.«
Ich beeile mich, möglichst schnell der Reichweite von Lulus Stimme zu entkommen.
»Das Fernsehen ist der schädlichste Einfluss überhaupt«, sagt sie gerade. »Und auch das ist die pure Faulheit der Eltern. Ich habe für meine Kinder ein Programm von pädagogisch wertvollen Aktivitäten entwickelt…«
Dämliche Tussi. Ich nehme mir den Ausstellerplan der Messe vor und will gerade nach den grundlegenden Dingen suchen, als ich ein Schild sehe: Erste-Hilfe-Set, 40 Pfund. Das brauche ich nun wirklich.
Ich stelle den Wagen ab und sehe mir die verschiedenen Sets an. Die Verpackungen sind teils sehr cool. Und darin sind Mullbinden… Pflaster… und kleine Scheren. Ich kann gar nicht glauben, dass ich in meinem Leben bisher noch nie ein Erste-Hilfe-Set gekauft habe. Die sind klasse!
Ich nehme ein Set mit zur Kasse, an der ein schleimiger Mann in einem weißen Kittel sitzt. Er tippt die Summe ein, und ich sehe mir einen Profikatalog mit medizinischem Zubehör an. Ziemlich langweiliges Zeug: Elastische Binden, Großpackungen Paracetamol und…
Oh. Ein Stethoskop. Ich wollte immer schon ein Stethoskop haben.
»Wie viel kostet ein Stethoskop?«, frage ich beiläufig.
»Ein Stethoskop?« Der Mann sieht mich misstrauisch an. »Sind Sie Ärztin?«
Also ehrlich. Dürfen nur Ärzte Stethoskope kaufen oder was?
»Nicht direkt«, gebe ich zu. »Kann ich trotzdem eins kaufen?«
»Die Waren aus dem Katalog können Sie nur online bestellen.« Er zuckt die Schultern. »Wenn Sie 150 Pfund dafür ausgeben wollen. Das ist nämlich kein Spielzeug.«
»Das weiß ich!«, sage ich würdevoll. »Ich finde, Eltern sollten für den Notfall auf jeden Fall ein Stethoskop zu Hause haben. Und einen Defibrillator. Und…«
Stopp. Was sehe ich da? Das Bild einer glücklich lächelnden schwangeren Frau, die
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