Prag
Rokokogitter mit den
Monogrammen der Kaiserin Maria Theresia und ihres Sohnes Josephs II. Die
furchteinflößenden, todbringenden Giganten rechts und links davon schuf Ignaz
Platzer. So verrußt wie sie sind, könnte man glauben, es seien noch die
Originale, dabei handelt es sich um Kopien.
Zwei hohe Flaggenmasten flankieren das barocke Matthiastor. Es war einst ein
frei stehender Triumphbogen. An den Gebäudekomplex darüber schließen mehrere
prunkvolle Räumlichkeiten an. Die beeindruckendsten wären der Spanische Saal
und die Rudolfsgalerie, doch sind sie – außer zu kulturellen Veranstaltungen
– der Öffentlichkeit nur 2-mal im Jahr zugänglich: am ersten Samstag nach
dem 8. Mai und am ersten Samstag nach dem 28. Oktober.
Den etwas nüchtern wirkenden zweiten Burghof lockert ein barocker
Sandsteinbrunnen auf. Links davon, also nördlich, blickt man auf das sog.
Pacassitor, nichts anderes als eine Durchfahrt. Zu beiden Seiten befanden sich
früher Pferdestallungen. Heute wird dort Kunst gezeigt: Links liegt der
Eingang zur → Obrazárna Pražského hradu , der Gemäldegalerie der
Prager Burg, rechter Hand der zu den Císařská konírna, den „Königlichen
Stallungen“, wo wechselnde Ausstellungen gezeigt werden.
Schräg gegenüber, ins hinterste Eck des Hofes gedrängt, steht die Kapelle des Heiligen
Kreuzes aus der zweiten Hälfte des 18. Jh. Sie ersetzte eine dort für
die Krönungsfeier Karls VI. im Jahr 1723 erbaute Großküche. 2010 wurde die
Kapelle aufwändig restauriert. Nach Abschluss der Restaurierungsarbeiten
sollen darin sakrale Kostbarkeiten des Sankt-Veits-Dom ausgestellt werden. Noch
vor der Kapelle fällt ein Portal mit einem kupfernen Baldachin über einem
goldenen, geflügelten Leoparden ins Auge – dieser ziert den Eingang zur
Kanzlei des Präsidenten.
Der links davon gelegene Durchgang führt in den Dritten Burghof zum
kollektiven Kopf-in-den-Nacken, direkt auf die mächtige Stirnwand des → Sankt-Veits-Doms (Chrám sv. Vita) zu. Die ein wenig zu groß geratene,
dreischiffige Kathedrale (124 m lang und bis zu 60 m breit) kommt vom
südwestlichen Eck des Burghofes am besten zur Geltung. Eine kleine vergoldete
Mädchenkopfplastik grüßt Sie dort.
Der auffällige, 16 m hohe Monolith aus Mrakotiner Granit vor der Propstei der Kathedrale wurde 1928 zum 10. Jahrestag der Republik
aufgestellt. Wenige Meter weiter kämpft der heilige Georg zu Pferd mit dem
Drachen. Das Original (im Lapidarium in Holešovice; eine weitere Kopie in der
Ausstellung „Geschichte der Prager Burg“) stammt aus dem 14. Jh. und
gehört zu den ältesten freistehenden Reiterstandbildern der Welt.
Gegenüber der Propstei und dem Dom belebt ein Säulenportikus die Fassade
des Südflügels, auf dessen Balkon sich zu besonderen Anlässen der Präsident
zeigt. Die Ostseite des dritten Hofs beherrschte einst der → Königspalast
(Královský palác) . Dass sich das Gebäude heute äußerlich nicht vom
Südflügel abhebt, ist dem Burgumbau durch Niccolo Pacassi zuzuschreiben. In
den unteren Räumlichkeiten des Königspalastes gibt es die Ausstellung → Geschichte der Prager Burg (Příběh Pražského Hradu) zu sehen.
Gegenüber dem Chor des Sankt-Veits-Doms blickt man auf die barocke Fassade
der → Sankt-Georgs-Basilika (Bazilika sv. Jiří) , hinter der sich
zwei romanische Türme erheben. An sie schließt linker Hand das → Georgskloster (Klášter sv. Jiří) an, das heute eine Sammlung alter
böhmischer Kunst beherbergt. Zu ihrer Rechten ist die Basilika mit einer
kleinen barocken Kapelle verbunden, die dem heiligen Johann von Nepomuk geweiht
ist.
Über die enge Gasse Vikářská gelangt man von hier zum versteckt
liegenden Pulverturm (Prašná
věž) , einem Wehrturm, der im Jahr 1485 errichtet wurde und 1649 in die
Luft flog – nicht etwa durch feindlichen Beschuss, sondern durch das darin
eingerichtete Munitionslager, daher auch der Name. Böse Zungen behaupten aber,
die Turmbezeichnung rühre aus jener Zeit, als Alchemisten darin für
Rudolf II. Blei zu Gold verwandeln sollten, jedoch nichts anderes als
irgendwelche Pülverchen hervorbrachten. Zum Zeitpunkt der letzten Recherche
wurde im Turm eine Ausstellung zur Historie der Burgwache gezeigt.
In die andere Richtung führt von der Sankt-Georgs-Basilika die Jiřská oder Georgsgasse zum östlichen Burgtor. Der Straßenname wird
an der Nepomukkapelle in Deutsch und Tschechisch angegeben – wie es in Prag
bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges
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