Pretty Little Liars - Vogelfrei: Band 8
Solche Gedenkstätten waren auf einmal überall in Rosewood aufgetaucht: im Supermarkt, in einem Käsefachgeschäft auf der Lancaster Avenue und in dem winzigen Buchladen direkt
am Hollis College, in dem Ali und Aria früher heimlich Sexbücher durchgeblättert hatten. Aria blieb stehen, als sie ein Foto von Jenna wiedererkannte. Es war das Foto von Jenna, Ali und einem halb verdeckten blonden Mädchen – Courtney, wie sie inzwischen wussten –, das A. auch Emily geschickt hatte. Aria griff nach dem Silberrahmen und drehte ihn um. Wie lange stand das schon hier? Hatte Billy – oder wer A. auch sonst sein mochte – es hier abfotografiert?
»Scheiße«, zischte Mike leise und zog Aria am Arm. »Lass uns hier langgehen.« Er bog scharf rechts ab und führte sie in die Haushaltswarenabteilung.
»W-was ist?«, fragte Aria.
Mike warf ihr einen bösen Blick zu. »Frag doch nicht so blöd. Ich will Hanna aus dem Weg gehen. Sie hat mit mir Schluss gemacht.«
»Hanna ist hier?«, quiekte Aria und schaute sich suchend um. Als sie über ihre Schulter zurückblickte, sah sie Hanna, Spencer, Emily und Ali beim Dior-Make-up-Regal stehen. Emily machte vor dem Spiegel einen Kussmund, ihre Wangen wirkten strahlend und frisch. Spencer beugte sich über den Tresen und zeigte einer Verkäuferin die Grundierung, die sie haben wollte. Hanna und Ali schienen sich angeregt über Lidschattenvarianten zu unterhalten. Sie standen so ungezwungen beieinander, wie es nur beste Freundinnen tun. Auf den ersten Blick hätten Spencer, Hanna, Emily und Ali wieder in der siebten Klasse sein können. Es fehlte nur eine: Aria selbst.
»Emily, die Farbe steht dir super«, sagte Ali.
»Genau. Wir sollten uns richtig eindecken und dann alles nach dem Ball in die Poconos mitnehmen«, fügte Spencer hinzu, die sich in einem kleinen Schminkspiegel betrachtete. »Dort könnten wir uns gegenseitig schminken und neue Looks ausprobieren.«
Aria tat das Herz weh. Es schmerzte zu sehen, dass ihre ehemaligen Freundinnen auch ohne sie Spaß hatten. Und hatte sie richtig gehört? Fuhren sie nach dem Ball wirklich in Alis Haus in den Poconos?
Denk einfach darüber nach, hatte Ali im Wald zu Aria gesagt. Versuch, die Sache von meinem Standpunkt aus zu betrachten. Offenbar hatten die anderen Mädchen genau das getan.
Aria duckte sich hinter einem Stapel Ralph-Lauren-Strickpullis und folgte Mike dann raus aus der Kosmetikabteilung. Aber als sie sich an einem Tisch mit Kristallvasen vorbeischlängelte, musste sie daran denken, wie sie mit ihren alten Freundinnen zum ersten Mal die Make-up-Abteilung von Saks heimgesucht hatte. Es war ein paar Tage nach dem Wohltätigkeitsflohmarkt gewesen, an dem Ali Aria in ihre neue Clique aufgenommen hatte. Ali war auf direktem Weg zu ihr marschiert und hatte ihr ein Kompliment für die Pfauenfedern-Ohrringe gemacht, die ihr Vater ihr aus Marokko mitgebracht hatte. Es war das erste Mal, dass eine Mitschülerin Aria ein Kompliment machte und dann auch noch jemand wie Ali. Von diesem Tag an hatte sich Aria angenommen und geschätzt gefühlt. Es war toll, einen engen Freundeskreis zu haben – Mädchen, die sie berieten, die zwischen den Unterrichtsstunden auf dem Flur mit ihr
sprachen, die sie auf Partys und Einkaufstouren und Wochenendtrips in die Poconos einluden. Sie würde nie den Tag in den Poconos vergessen, an dem sie sich in dem Geheimgang, der hinter einem Gästezimmer nach unten führte, versteckt hatten, um Jason DiLaurentis zu erschrecken. Er war noch mit Freunden unterwegs gewesen. Sie dachten, sie hätten sein Auto in der Einfahrt gehört, und als ein Teller in der Küche klapperte, stürzte Ali aus der Tür des Geheimgangs und schrie: »Buuuuuuh!« Aber es war nicht Jason, sondern eine verwilderte Katze, die sich durch die halb offene Tür geschlichen hatte. Ali hatte vor Schreck laut geschrien und sie waren alle blitzschnell die Treppe hinaufgestürzt, dort aufs Bett gefallen und hatten gelacht, bis ihnen die Tränen kamen. Aria hatte seit diesem Tag nie wieder so gelacht.
Mike blieb stehen und beugte sich über einen Tresen, hinter dem er ein paar schicke Armbanduhren entdeckt hatte. Aria starrte durch das Geschäft und beobachtete Alis hellrosa Katzenlächeln. Sie trug dieselben hohen schwarzen Stiefel wie an dem Tag, an dem sie im Unterricht mit Noel geflirtet hatte – damals noch als Courtney. Plötzlich musste Aria daran denken, wie Ali damals mit Noel ausgegangen war, obwohl sie genau wusste, dass Aria
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