Pretty Little Liars - Vogelfrei: Band 8
zu ungeduldig gewesen. Ali war wieder da – alles andere würde sich von selbst ergeben.
Ali griff gerade nach der Seventeen, als Emily Schritte auf dem Flur hörte. Jason stand am Fuß der Treppe und starrte ins Fernsehzimmer. Seine Stirn war gefurcht, sein Mund zu einer schmalen Linie zusammengepresst. Er starrte Emily
an und umklammerte dabei das Treppengeländer so heftig, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Emily klappte der Kiefer herunter. Aber gerade als sie Ali auf ihren Bruder aufmerksam machen wollte, stürmte Jason aus dem Haus und knallte die Tür hinter sich zu.
Kapitel 20
VERGISS DIE VERGANGENHEIT
Am frühen Samstagnachmittag stieg Aria aus dem Subaru, schloss ihn ab und lief über den Parkplatz der Mall. Mike ging neben ihr, er hatte sich die Kapuze seiner Jacke tief ins Gesicht gezogen. Aria hatte sich bereit erklärt, ihren Bruder zum Optiker in die King James zu fahren, weil er schon wieder neue Kontaktlinsen brauchte. Er machte seine ständig kaputt, weigerte sich aber standhaft, seine Brille zu tragen. Außerdem summte Meredith seit Neuestem fortwährend Melodien aus Disneys Cinderella vor sich hin, während sie das Kinderzimmer dekorierte – in neutralen Gelbtönen, weil sie und Byron das Geschlecht des Babys nicht vor der Geburt erfahren wollten –, und Aria hatte die Gelegenheit beim Schopf ergriffen, dem Haus für ein paar Stunden zu entfliehen.
Ihr Telefon klingelte. Sie zog es aus ihrer Tasche und schaute auf das Display. Wilden. Sie bekam Angst. Warum rief er sie an? Ahnte er etwa, dass sie diejenige gewesen war, die der Zeitung das Foto aus dem Wald geschickt hatte? Sie drückte auf »Besetztton senden« und schob das Handy wieder in ihre Tasche zurück. Das Herz schlug ihr bis zum Hals.
Sie wusste, dass es richtig gewesen war, die Fotos anonym
zu senden. Natürlich war es auch reiner Selbstschutz gewesen – Aria wollte nicht mehr im Mittelpunkt dieses Mordfalls stehen. Sie hatte überlegt, ob sie der Polizei berichten sollte, dass Melissa in den Wald gelaufen war, aber vielleicht war das ja nur ein Zufall gewesen? Und sie wollte der Polizei auf keinen Fall davon erzählen, dass sie Courtney – Ali – bei dem Ziehbrunnen getroffen hatte – oder worüber sie gesprochen hatten.
»Gehst du heute Abend auf den Ball?«, fragte Aria Mike, als sie zum Eingang von Saks gingen. Ihr Bruder warf ihr einen Seitenblick zu. »Was glaubst du denn?«
Aria wich einem riesigen SUV aus, dessen Heck aus der Parkbucht ragte. »Äh … ja?« Seit sie wieder in Rosewood lebten, war Mike auf allen Veranstaltungen der Rosewood Day gewesen.
Mike blieb stehen und stemmte die Hände in die Hüften. Er atmete eine Dampfwolke aus. »Willst du etwa echt sagen, dass du nichts mitbekommen hast?«, fragte er sie ungläubig.
Aria blinzelte.
Mike seufzte. »Bremsspuren?« Er klatschte sich mit den Handflächen auf die Hüften. »Bremser?«
Aria fuhr sich mit der Zunge über die Zähne. Wenn sie darüber nachdachte, dann hatte sie tatsächlich gehört, dass Mike einen neuen Spitznamen hatte. Sie hatte aber geglaubt, es handele sich nur um ein merkwürdiges Lacrosse-Ritual.
»Jemand hat Unterhosen mit Bremsspuren in meinen Spind gelegt«, stöhnte Mike, schob die Hände in die Jackentaschen
und schlurfte zu den Glastüren des Einkaufszentrums. »Dann hat er das Ganze fotografiert und an die ganze Schule geschickt. Total lahm. Ich trage nicht mal D&G-Boxershorts.«
»Weißt du, wer es war?«, fragte Aria.
»Vermutlich jemand, der mich hasst.«
Arias Nackenhaare sträubten sich. Das klang verdächtig nach A. Sie schaute sich auf dem Parkplatz um, sah aber nur überforderte Mütter mit Kinderwagen. Niemand beobachtete sie.
»Und jetzt schneiden mich alle. Sie wollten sogar, dass ich mein Lacrosse-Armband zurückgebe«, fuhr Mike fort.
»Und?«, fragte Aria und schaute ihn überrascht an.
»Ich habe es noch«, sagte Mike verlegen. »Noel hat sich für mich eingesetzt.«
Aria freute sich. »Das ist nett.«
»Trotzdem. Ich könnte genauso gut zurück nach Island gehen und mich einer Elfen-Kommune anschließen«, jammerte Mike.
Aria schnaubte und hielt ihm die Tür zur Mall auf. Ein Schwall warme Luft wehte ihr die Haare aus dem Gesicht. »Es ist bloß ein dummer Spitzname. Das geht vorbei.«
Mike schniefte. »Das bezweifle ich.«
Als sie durch die breite Doppeltür ins Saks gingen, fiel Aria ein Tisch zu ihrer Linken auf, der zwei kleine Schreine beherbergte: einen für Ali, einen für Jenna.
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