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Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clockers
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schienen miniaturisiert
zu sein - Dealerpuppen. Rocco fuhr vorbei, steckte bis über beide Ohren in der
Nichtigkeit des Lebens der Leute, der Gegenstände und Gerüche, der stinkigen
kleinen Machenschaften und Täuschungen, der Unterwäsche und Silberfolie, des
Stoffs und des Alkohols, all der beschissenen kleinen Geheimnisse,
der beschissenen kleinen Verstecke, und all das summierte sich zu einem Fleck
auf dem Gehsteig, dem einzigen Beweis, dass sie je existiert hatten.
    Aufstieg
und Niedergang: Rocco dachte an Duck, der die Galerie des Royal
entlangstreifte, nur ein weiterer verhärmter und ruheloser Wanderer in den
frühen Morgenstunden, so vollständig von seinem Job aufgesogen, dass er sich
kaum noch von all den anderen unterschied.
    Rocco
schoss unter dem Fluss hindurch, fuhr nach New York hinein und dachte:
>Aber ich bin mehr als das, ich muss es einfach sein.<
     
    ***
     
    Samstag
war ein schöner, sonniger Tag, einer von der Art, der die Leute auf den
Gedanken brachte, endlich einmal alles - Gesundheit, Kinder, Jobs, ihr
Aussehen - in Ordnung zu bringen. Mütter standen rauchend und lachend herum,
während ihre Kinder schrien und tobten, als stünden ihre Haare in Flammen. Die
Splitter der Glasflaschen, mit denen die eingezäunte Grasinsel hinter den
Bänken übersät war, fingen die Sonne ein und verwandelten den Müllplatz in ein
Feld voller Diamanten.
    Strike saß
in kauernder Haltung rotäugig und steif auf seiner Hühnerstange, hatte das
Gefühl, als ob das milde Wetter und die lebhaften Stimmen, die ihn umgaben,
nur eine Art Sinnestäuschung waren. Seit zehn Uhr des vorigen Abends hatte er
darauf gewartet, dass der Blitz einschlug, hatte er darauf gewartet, dass die
Nachricht von Darryls Tod sich zu einer generellen Epidemie der Verzweiflung
ausbreiten würde, aber jetzt saß er hier herum, an einem Samstag, der so hell
und fröhlich war, dass er den ganzen Morgen über nicht eine Ampulle verkauft
hatte.
    Futon, The
Word, Peanut und die anderen hopsten herum und teilten mit schwingenden
Armbewegungen Karateschläge aus, brüllten »III -YAAH!«
und feierten den ersten Tag der Sommerferien. Strike blendete sie aus,
zwinkerte über die Siedlung hinweg und versuchte, in sein altes
Schlafzimmerfenster zu schauen, Victors Zimmer, doch das Fenster war ein
gleißender Schild aus Licht, und Strike zwang sich, es zu vergessen und sich
mit dem Ampullenjob zu beschäftigen: Was du nicht weißt, macht dich nicht
heiß.
    Strike
kümmerte der Absatzeinbruch allerdings nicht im Geringsten; er saß nur seine
Zeit ab, wahrte den Schein. Die Nacht zuvor hatte Rodney gesagt: »Keine
übereilten Schritte, wir können es uns nicht leisten, dass die Leute fragen, wo
du denn auf einmal geblieben bist.« Rodney wollte eine Weile die Unzen aus
seinem Laden heraus verkaufen, für ein paar Tage, eine Woche den Umsatz
riskieren und Strike eine Weile rumhängen lassen, damit er die Gesichter der
Kunden sah. In einer Woche oder so, wenn der Mord von frischeren Ereignissen
überlagert worden war, würde Rodney die ganze Sache wieder ins >Ahab's<
verlagern.
    Doch Champ
- er war immer noch da draußen, selbst wenn sie wegen der Sache mit Darryl
Adams davongekommen waren. Rodney hatte vage davon gesprochen, dass Champ bald
seine eigenen Probleme haben würde, sich aber nicht konkret ausgedrückt. Und
dann war da noch Victor, um den er sich kümmern musste, und My Man ... Strike
umarmte sich selbst, wusste, dass das niemals ein glückliches Ende nehmen
würde, wusste es in diesem Augenblick, denn bei all dem Gerede, wie wichtig es
sei, an die Zukunft zu denken, handelte er immer noch wie ein Sneakerdealer,
wie ein Idiot, der nach der Zwei-Minuten-Uhr lebte.
    Ein
watschelndes Kleinkind ließ eine Flasche mit rotem Saft fallen, die
Flüssigkeit breitete sich direkt unter Strikes Sitz aus, und das Kind brach in
ein derart durchdringendes Geheul aus, dass Strike von der Bank sprang und auf
die Dumont Nummer 41 zuging, sein altes Wohnhaus, ohne zu wissen, was er dort
wollte.
    Auf halbem
Weg sah er Victors Frau ShaRon auf dem Spielplatz, die gegen eine mit Graffiti
übersäte Wand eine Art Schlagball mit sich selbst spielte; ihr kleiner Sohn war
in seinem Kinderwagen an der Seitenlinie abgestellt. Strike beobachtete sie:
Übergewichtig und mit apathischem Gesicht schleuderte sie den Ball mit einem
Wurf aus mädchenhaft angewinkeltem Ellbogen und verpasste ihn dann beim
Zurückspringen, wenn sie versuchte, ihn mit der offenen Handfläche zu

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