Price, Richard
auf.«
»Verdammter
Duck. Du kennst deine Leute, was?«
»Ich hatte
von den zweieinhalbtausend keine Ahnung.«
»Also, wer
hat den Jungen umgelegt?« Rocco stieß in der Hemdenschublade auf einen Stapel
Taschenbücher mit Kreuzworträtseln. Das war zwar nicht eigentlich Literatur,
aber immerhin hatte der Junge ein paar Bücher. »Wer war's, Duck?«
»Nun, wenn
er das Geld noch bei sich hatte, muss es wohl 'ne Hinrichtung gewesen sein,
richtig? Für wen hat er verkauft, Champ? Oder, weißt du, vielleicht hat er
nicht für Champ verkauft. Vielleicht war das das Problem. Vielleicht war es
auch nur ein versauter Überfall. Woher soll ich das wissen - ich bin
Motelstreife.«
Rocco
durchsuchte den Medizinschrank und stieß auf die Spritzen, etwas Insulin, ein
paar Blutdruckpillen und Asthmaspray. »Der Junge war ja in toller Verfassung.«
Rocco hob eine Tube Ghostbusters-Zahnpasta auf und spürte einen momentanen
Anflug von Trauer.
Im
Wandschrank fand Rocco ein Stofftier in einer Pappschachtel, die an jemanden
namens Tariq Adams in Valdosta, Georgia, adressiert war: wahrscheinlich der
Sohn des Opfers. Er steckte die Schachtel in den Müllbeutel, sah dann unter
einem Stapel leerer Turnschuhkartons in der hinteren Ecke nach und fand einen
kleinen Safe, dessen Tür offen stand, darin drei Rollen Klebeband - rot, blau
und schwarz -, einen Packen unbenutzter Umschläge, einen Bogen Fünfundzwanzig-Cent-Briefmarken
und ein Gewirr aus Gummibändern.
Als Rocco
fertig war, schnarchte Duck bereits. Er rüttelte ihn wach, und gemeinsam traten
sie hinaus auf die Galerie.
»Sonst
noch was, Roc?«
Rocco
dachte einen Moment lang nach. »Kein Telefon, hmm?«
Duck verneinte
kopfschüttelnd.
»Hast du
je Rodney Little hier gesehen?«
»Den
Dealer?« Duck zuckte mit den Schultern und spuckte auf den Parkplatz hinunter.
»Ich weiß, wer er ist, aber ich hab ihn noch nie hier gesehen.«
»Hast du
jemals was von jemandem namens One Love gehört?«
»One Love?
Ich hab von Unlove gehört. Du weißt schon, UNLV, das
College? Eine Menge von den Kids geht auf die Schule, wegen dem Basketballteam.
Warum?«
Rocco
dachte, so viel zu One Love, wahrscheinlich irgendein Idiot, der nicht richtig
schreiben konnte.
»Duck,
mach's gut...«
Rocco
drückte sich vom Geländer ab, versetzte Duck einen leichten Klaps auf den
Rücken und trottete die Metallstufen zum Parkplatz hinunter. Während er
hinüber zu seinem Wagen ging, hörte er von oben ein leises Klopfen und dann
Ducks Stimme: »Tina, ich bin's, Duck ... Mach auf, ich will mit dir reden.«
Rocco saß
in seinem Wagen und kämpfte mit einem weiteren Anfall von Müdigkeit, der
Himmel war jetzt senf- und malvenfarben und ließ keinerlei Anzeichen für das
Wetter des kommenden Tages erkennen. Rocco schauderte es, er warf den Rückwärtsgang ein, dachte
an den Schauspieler, der immer noch im Büro des Staatsanwaltes schlief, und
beschloss, ihn zuerst nach Hause zu fahren.
Eine halbe Stunde später stand Rocco in der leeren Zelle
und kam sich vor, als hätte ein ausgewachsener Gefängnisausbruch stattgefunden.
Sean Touhey war verschwunden. Rocco sah sich in der Zelle nach einer Notiz um:
nichts. Er sah auf seinem Schreibtisch nach, kontrollierte den Empfangsbereich
und Vys Schreibtisch. Der Typ musste einfach hinausgewankt sein. Rocco redete
sich ein, er würde sich Sorgen machen, ob der Schauspieler nicht vielleicht bei
der Heimfahrt einen Unfall baute, aber es steckte mehr dahinter: Unaufhaltsam
stieg das Gefühl in ihm hoch, dass der Kerl ihn einfach wieder fallengelassen
hatte. Rocco versuchte sich zu erinnern, ob er irgendwas davon gesagt hatte,
zur folgenden Schicht von vier bis zwölf wieder da zu sein, zog dann die
Visitenkarte des Kerls aus der Tasche und las das hingekritzelte Versprechen
auf der Rückseite: »Darauf können Sie wetten.«
Darauf können Sie wetten. Was für ein selbstgefälliger
Wichser. Und dennoch ...
Rocco war schließlich so weit, nach Hause zu fahren,
und durchquerte Dempsy auf dem Weg zum Tunnel. Der Himmel war immer noch
unentschieden, ein flaches, ausgewaschenes Weiß, und die JFK-Kampfzone sah
geschrumpft und gezähmt aus, eine Straße verlorener und verwohnter
Puppenhäuser unter künstlichem Licht. Auch die wenigen übriggebliebenen
Personen, hauptsächlich die merkwürdig skelettgesichtige Hure, die nach Hause
trottete, oder der gelegentliche Clocker, der immer noch an seiner Ecke stand
und aus Langeweile oder Müdigkeit mit den Füßen stampfte,
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