Price, Richard
schnitt ihm das Wort ab, und seine Augen blitzten, als ihm die
Wahrheit aufging. »Dieses verdammte Miststück, diese ... Oh, Gott. Dieses
beschissene Weib.« Er beugte sich wieder vor und streckte eine Hand aus, um
Rocco zu berühren. »Sehen Sie mich an ... sehen Sie mich an.«
Rocco
lehnte sich etwas zurück.
»Ich hab
den Virus, Mann. Ich bin ein Gespenst. Mit wem sollte ich mich denn anlegen?
Diese Frau, das ist wie ... sie sagt, ich hätte sie getötet, wissen Sie? Aber
ich liebe sie, Mann, ich liebe sie. Ich würde ihr kein Haar krümmen. Ich wusste
nicht, ich ... >Du hast mich getötet<, sagt sie, >du hast mich
getötet<.« Almighty schüttelte den Kopf und fing an zu weinen. »Verdammt,
woher sollte ich das denn wissen?«
Rocco zog
den Kopf in gespieltem Erstaunen ein. »Woher du das wissen solltest? Bist du
nicht von diesem Planeten? Zeig mir einen verdammten Junkie da draußen, der
nicht weiß, wie man sich den Virus einfängt, und ich kauf dir ein ganzes
Briefchen Heroin.«
»Ja, aber
sehen Sie, sie hatte ein paar Probleme, als das Baby geboren wurde. Sie haben
ihre Eileiter verknotet, damit sie keine Babys mehr kriegen kann. Und sie sagt
zu mir: >Ich kann jetzt nichts mehr kriegen, verstehst du, keine
Geschlechtskrankheiten, weil meine Eileiter verknotet sind.< Sie erzählt
mir, irgendein Doktor hat ihr gesagt, sie sei jetzt immun.«
»Welcher
verdammte Doktor?«
»Na ja,
vielleicht hat sie sich verhört. Das Einzige, was ich weiß, sie erzählt mir,
sie ist immun, weil ihre Eileiter verknotet sind.« Sein Blick kehrte sich nach
innen. »Sie sagt mir: >Du hast das Baby zur Waise gemacht, du hast mir mein
Baby genommen<. Aber es ist auch mein Baby, verstehen Sie? Sie hat mein
Haar. Und sie hat diese Haut, die ist wie, das ist nicht die Haut eines
Schwarzen, wie ich einer bin, und es ist nicht die Haut einer Weißen, wie ihre
Mutter ... Sie ist wie Kupfer, sie ist wie dieses leicht rote Gold, wenn man
Kabel abzieht. Und sie wird groß werden, wie ich. Sie hat lange Beine für ein
Kind, wie eine Läuferin. Sie wird eine 800-Meter-Läuferin, wenn sie groß ist.
Sie wird die Strecke laufen, die ich gelaufen bin. Ja ... sie wird was
Besonderes.«
Rocco
blickte wieder auf die Tätowierung, dachte daran, wie sinnlos das Ganze war,
und grübelte, ob er Suky Phelan nicht wegen Behinderung der Strafverfolgung
belangen sollte.
»Du bist
also stolzer Vater, hmm?«, fragte Rocco mit frustrierter Stimme.
»Ja«,
sagte Almighty langsam und nickte. »Das könnte man sagen. Aber wissen Sie, ich
will nicht mehr in ihrer Nähe sein. Denn wenn ich sie draußen im Park seh,
verstehen Sie, dann denk ich bloß, dass das nicht mehr lange so ist. Wissen
Sie, vielleicht fällt sie nächstes Jahr irgendwann beim Spielen hin und tut
sich weh, weint, braucht Hilfe oder was? Wo werd ich dann sein? Ich werd unter
der Erde liegen, also will ich sie nicht sehen, weil ich dann über so was nachdenke,
und das ertrag ich nicht, Mann, das ertrag ich einfach nicht...«
Rocco, der
Almighty aus seinem Büro haben wollte, stellte die Standardschlussfrage. »Wärst
du gewillt, dich an einen Lügendetektor anschließen zu lassen?«
»Einen
was?« Almighty kniff die Augen zusammen. »Wozu? Wegen der >Ahab<-Sache?
Scheiße, ja, mach ich, und ich sag Ihnen, was Sie noch tun können. Sie können
sie auch anschließen, Mann, fragen Sie sie, was los ist, weil, sie versucht,
mir 'nen Mord anzuhängen, auf die eine oder andere Weise. Aber ich schwör's,
ich werde jeden Tag umgebracht, den ich hier noch habe. Alles, was ich noch tun
kann, ist, mich hinlegen, die Augen schließen, an Scheißdreck denken. Das ist
wie eine Hinrichtung. Eine gottverdammte Hinrichtung. >Du hast mich
getötet<, sagt sie, na und, ich bin auch getötet worden, verstehen Sie? Ich
bin auch getötet worden.«
Almighty
sah Rocco verständnisheischend an, aber Rocco stierte auf seinen Notizblock und
mied Almightys feuchten Blick.
»Ja«,
murmelte Almighty zu seinen geschwollenen Händen. »Ich hab mein ganzes
verdammtes Leben lang niemandem weh tun wollen, und jetzt schauen Sie sich
diesen Scheiß mal an!«
Rocco
starrte fest auf das gelbe Blatt Papier und rief sich erneut seine leicht
anmaßenden Bemerkungen über den Virus als eine Art Verbrechensbekämpfung in
Erinnerung, dachte an das gespenstische Kinderkrankenhaus, an Erin.
»Hör zu,
ich hab genug Gründe, dich auf der Stelle einzulochen, aber ich werd dich
laufenlassen ...«
»Tun Sie
das.«
Rocco
überhörte
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