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Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clockers
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krampfhaft, die
Augen offen zu halten, knetete mit beiden Händen langsam sein Knie, und er sah
aus, als mache er ein Heroinnickerchen.
    »Ich
allein?« Strike tat sein Bestes, um die Frage nicht zu jammernd klingen zu
lassen.
    Rodney
begann zu schnarchen. Strike griff nach dem Lautstärkeregler, Rodney schreckte
wieder hoch und sah sich im Zimmer um.
    »Was, wenn
sie mich umlegen?«
    »Sie
werden dich nicht umlegen«, sagte Rodney und schloss die Augen.
    »Ja, aber
ich bin kein Erroll Barnes.«
    Plötzlich
erwachte Rodney wieder zum Leben, als habe er gerade ein Schachspiel gewonnen.
»Siehst du? Hast du gehört, was du da gesagt hast? Du bist kein Erroll Barnes.
Und du bist auch nicht ich. Aber du
bist von mir, kapiert?« Rodney beugte sich vor
und grinste blöde. »Glaubst du immer noch, du machst die ganze Arbeit?«
    Strike
winselte, massierte sich den Nacken, hasste es, wenn Rodney so triumphierte.
    »Ja, Kopf
gewinnst du, Zahl verlier ich«, murmelte Strike bei sich. Rodney reckte den
Kopf vor und fragte ihn mit einer gefährlichen Leichtigkeit in der Stimme: »Was
hast du gesagt?«
     
    Während
Strike die regennasse 1-9 entlangrollte, fuhr er fort, Rodney Widerworte zu
geben. »Ich sagte >Kopf gewinnst du, Zahl verlier ich<, bist du taub oder
was? Soll ich's in Zeichensprache wiederholen? Lies es mir von den Lippen ab,
du Arschloch ...«
    Aber es
führte kein Weg daran vorbei: Nach all dem Scheiß mit den >Mein Sohn
Strike<-Erklärungen war er nichts weiter als Rodneys 1-a-Caddie, würde nie
mehr sein, und ganz gleich, ob Rodney von ihm verlangte, ein Sandwich zu holen
oder ein Kilo, er würde kein Nein akzeptieren.
    Strike
verließ die 1-9 an der Ausfahrt Cooper Street und hielt an einer Ampel. Versunken
in düstere Gedanken, blieb er dort mehrere Phasen lang stehen und sah zu, wie
die Farben auf den nassen Asphalt bluteten, der sich vor ihm erstreckte.
    Als er
weiterfuhr, kam er an drei leblosen Blocks vorbei, bog dann in eine schmale
verlassene Straße, die von ramponierten Lagerhäusern und unkrautübersäten
Grundstücken gesäumt war, und hielt schließlich an einem Stoppschild neben dem
Zaun, der Kelsos Schrottplatz umgab.
    Auf der
anderen Straßenseite stand der Wohnwagen, der die Methadonklinik beherbergte,
und dahinter lag auf einem steinigen, mit Schutt übersäten Acker das
Junkielager. Bei abgestelltem Motor und dem Regen, der ihm die Sicht
versperrte, konnte Strike allerdings kaum die leuchtend orangefarbene
Seitenverkleidung des Wohnwagens ausmachen, und das Junkielager verschwand in
einem geisterhaften Nebel. Seine Phantasie lieferte ihm plötzlich die Vision
von einem Dutzend halbtoter Heroinpenner, die auf seinen Wagen zutrotteten.
Strike stellte die Scheibenwischer an und sah, dass die Straße tatsächlich
völlig verlassen war. Der Regen hatte den üblichen Einkaufswagenverkehr
zwischen dem Acker und dem Schrottplatz weggespült, und jetzt war da nur noch
ein stolpernder Säufer in etwa fünfzehn Meter Entfernung, und der Kerl wankte
und torkelte in ziellosen Kreisen an einem Wagen mit New Yorker Nummernschildern
vorbei.
    Nervös und
gelangweilt zugleich beschloss Strike, unter einem Vordach auf Papi zu warten.
Er zog die Kapuze seines Sweatshirts über, trat das Geld weit unter den Sitz
und öffnete die Tür, aber kaum hatte er den Wagen verlassen, hörte er blecherne
Latinomusik, die gleiche Art Musik, die Papis Crew beim letzten Mal an der
Friedhofsmauer gespielt hatte. Strike machte einen Schritt auf den New Yorker
Wagen zu und sah eine Boombox neben dessen Vorderrad stehen. Er kniff die Augen
zusammen und besah sich den torkelnden Penner durch den Regen: Es war Papi.
    Vielleicht
war er gar nicht betrunken. Vielleicht tanzte er, tanzte allein im Regen.
Strike spürte, wie sich sein Magen hob, während er ein paar zögernde Schritte
nach vorn machte.
    »Papi...«,
krächzte Strike. Er räusperte sich. »Papi!«
    Der Typ
antwortete nicht, sondern stolperte weiter vor sich hin, und Strike dachte:
>Das Arschloch ist blau.< Und wo war seine Truppe, der schwarzäugige
dürre Bursche und die andere Fledermaus?
    »Papi!«
    Papi hörte
ihn endlich und blieb breitbeinig stehen, schwankte, während er versuchte, das
Gleichgewicht zu halten, und sein Bauch schaute unter demselben orangefarbenem
Milwaukee-Brewers-T-Shirt hervor, das er auch vor zwei Tagen getragen hatte.
    »Wie
geht's?« Strike trat näher, spürte den Regen im Gesicht, bereit, in
Sekundenbruchteilen abzuhauen.
    Papis Haar
stand in

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